[58] Das starcke Liebes-Gifft, das unsre hohe Sinnen,

Die von dem Himmel sind, mit seiner Krafft gewinnen

Und wann Vernunfft erliegt, zu Boden reissen kan,

Sieh', o du Edles Par, auff diesem Schau-Platz an.

Sieh an, du freyer Heldt, du Bildnuß aller Tugendt,

Du Preyß der Zeit, und du, Sophie, Liecht der Jugendt,

Deß Vatters grosse Lust, der werthen Mutter Zier,

Sieh' an der Liebe Macht, von der du für und für

Befreyt und sicher bist. Wer so wie du sich liebet

Mit ungefärbter Pflicht, wer seine Huld ergiebet[58]

In Urtheil unnd Verstandt, ist klüger als der Gott,

Der täglich zu uns bringt das schöne Morgenroth.

Ihm machet Dafne selbst von ihren frischen Zweygen

Den Krantz, der nicht verwelckt, sein Nachklang wird nicht schweigen,

So lange Liebe wehrt. Nim dann in Gnaden an,

Du duppeltes Gestirn, was Dafne geben kan:

Den immer-grünen Krantz, und dencke, daß die Gaben

So Fürsten als wie ihr vollauff zugeben haben,

Zwar groß, doch irrdisch sind. Die Flucht der Zeit vertreibt

Das Unsrig' und uns auch; was Dafne gibt das bleibt.


Personen deß Gedichtes.


Ovidius, Vorreder.Der erste Hirt.

Dafne.Der ander Hirt.

Apollo.Der dritte Hirt.

Venus.Chor der Hirten.

Cupido.Der Nymfen und Hirten.

Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 58-59.
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