Von Schimpff das 325.

[200] Von Hans Werner.


Ich Frater Johannes Pauli, Schreiber dis Bůchs, ein Barfůsser, hab ein Bauren kent, und was ein grober Kegel zů Villingen, da ich Leßmeister da was, der hieß Hans Werner. Der kunt lesen und kunt schier die gantz Bibel ußwendig, und wa er hinkam, so disputiert er mit den Priestern: ›Wa stot dis in der Bibel und jens?‹ Uff einmal kam er an des von Wirtenbergs Hoff gen Stůckgarten. Die Doctores kanten in wol; er was dick bei inen gewesen; wan er zohe dem Disputieren nach gegen dem Winter, wan er seine Acker geseyet het und nichtz me zů gewinnen was. Der Fürst wolt in auch hören und lůd in zů Gast. Und was in die Gelerten fragten uß der Bibel, so kunt er gůten Bericht geben, das der Fürst ein Wolgefallen an im het. Hanß Werner der Bauer sprach zů dem Herren: ›Her, wissen ir, wie groß Got ist?‹ Der Her sprach: ›Wer wolt es mir sagen?‹ Der Buer sprach: ›Er ist so groß, als ein Prophet spricht: Der Himmel ist mein Sessel, und das Erdtreich ist ein Schemel meiner Füß; und reicht mit seinen Armen von einem Ort zů dem andern. Nun raten ir, Her, wie vil müst er Důchs haben zů einem Rock, so er so groß ist?‹ Der Fürst sprach: ›Das weiß ich nit.‹ Der Buer sprach: ›Er bedarff nit me dan ich; wan er spricht: Was ir einem armen Menschen thůn in meinem Namen, das haben ir mir gethon. Darumb wan ir mir ein Rock geben, so haben ir in Got geben.‹ Der Her sprach: ›Bistu uff Mitfast hie, so ich mein Hoffgesind bekleid, so wil ich dir auch ein Rock geben.‹ Hanß Werner verschlieff es nit und macht sich uff und kam widerumb in des Fürsten Hoff; da ward im auch ein Rock.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 200.
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