Von Schimpff das 439.

[259] Am Galgen macht er die Feig.


Es was zu Meiland ein Můter, ist kurtzlich geschehen, die het ein Sun, der was ir gantz ungehorsam, und sie strafet in uff einmal mit Worten. Der Sun gab seiner Můter freveliche Wort und flůcht ir und zögt ir die Feigen, nach Gewonheit der Walhen, da sie den Daumen durch zwen Finger stosen, das heißt ein Feig. – Die Můter sprach: ›Nun wöl Got von Himel, das du die Feig auch müsest an dem Galgen machen!‹ Nit lang darnach ward der Sun umb ein Diebstal gefangen und ward ußgefürt an den Galgen. Und lieff jederman hinuß und wolten sehen, wie er an dem Galgen die Feig wolt machen, ob auch der Flůch der Můter für sich wolt gon. Da er nun gehenckt ward, da macht er die Feigen an dem Galgen und stieß den Daumen durch die zwen Finger. Das hat Brůder Bernhardinus de Bustis gesehen, ee er ein Barfůser ward. Folg Vatter und Můter, nit uneer sie!

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 259.
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