Der Knabe und sein Vater

[116] An den jungen Grafen von Cüstine.


Ein Schüler aß, wie viele Knaben,

Die Datteln für sein Leben gern;

Und um des Guten viel zu haben,

So pflanzt er einen Dattelkern

In seines Vaters Blumengarten.

Der Vater sah ihm lächelnd zu

Und sagte: Datteln pflanzest du?

O Kind, da must du lange warten!

Denn wisse, dieser edle Baum

Trägt oft nach zwanzig Jahren kaum

Die ersten seiner süßen Früchte.

Karl, der sich dessen nicht versah,

Hielt ein und rümpfte das Gesichte.

Ey, sprach er endlich zum Papa,

Das Warten soll mich nicht verdrießen;

Belohnt die Zeit nur meinen Fleiß,

So kann ich ja dereinst als Greis,

Was itzt der Knabe pflanzt, genießen.


So, holder Liebling, denkst auch du

Und sammelst an Minervens Busen

Dir Schätze für die Heldenruh[117]

Und – triumphieret deutsche Musen! –

Euch hat ein Celte sich gewählt,

Der kaum zwey volle Lustern zählt.

Freund, pflanzest du auf deutsche Wälle

Einst dein Panier mit tapfrer Hand,

So denke stets, auch diese Stelle

Gehört zu Gellerts Vaterland.

Quelle:
Gottlieb Konrad Pfeffel: Poetische Versuche, Erster bis Dritter Theil, Band 2, Tübingen 1802, S. 116-118.
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