3. Die Pyramide des Cestius

[457] Öder Denkstein, riesig und ernst beschaust du

Trümmer bloß, Grabhügel, den Scherbenberg dort,

Hier die weltschuttführende, weg von Rom sich

Wendende Tiber!
[457]

Stolze Prunksucht türmte dich einst, o Grabmal,

Als vor zwein Jahrtausenden hier Augustus

Sich der Welt aufdrang, der erschreckten durch die

Leiche des Cäsar.


Rom jedoch, kaum neigte dem Untergang sich's,

Als das Saatkorn neuer Gewalt gesät ward;

Denn es schuf hier jener Apostelfürst zum

Throne den Altar.


Aber Deutschlands rauhes Geschlecht, das ehmals

Deinen Kriegsruhm, herrschendes Rom, zerstörte,

Stürmt noch einmal, stürmt, o geweihtes Rom, dein

Heiliges Bollwerk!


Allzuschwer fast schwebte der Rachedämon

Über Roms Haupt, Rache, daß einst des frechen

Priesters Goldsteigbügel an Hohenstaufens

Eiserne Hand klang.


Aber Rom trotzt, doppelt besiegt und doppelt

Unbesiegbar scheint es, gewöhnt an Hoheit,

Seines Dreireichs blitzende Krone wankt zwar,

Aber sie bebt nicht.


Wehe, wer nicht spielend, ein Kind der Kirche,

Ihr im Schoß ruht! Wehe, denn jeden Tag droht

Priestermund ihm, Priestergemüt in Rom ihm

Stäte Verdammnis!


Aber huldreich gönnten sie doch des Irrtums

Söhnen gern hier eine geheime Ruhstatt,

Ja, es kühlt dein Schatten, o Bau des Cestius,

Nordische Gräber!


Möchten hier einst meine Gebeine friedlich

Ausgestreut ruhn, ferne der kalten Heimat,

Wo zu Reif einfriert an der Lippe jeder

Glühende Seufzer.


Gern vermißt sei, neben dem Heidengrabstein,

Was so streng Rom jedem Verirrten weigert:

Jenes Jenseits, das des Apostels goldner

Schlüssel nur auftut.
[458]

Führt mich dorthin lieber, und sei's die Hölle,

Wo der Vorwelt würdigen Seelen Raum ward,

Wo Homer singt oder der lorbeermüde

Sophokles ausruht.


Aber schweigt jetzt, Sterbegedanken! Blüht nicht

Lebenslust rings unter dem Römervolk noch,

Einem Volk, dem zehrendes Feur die Lieb ist,

Liebe die Freundschaft?


Daure, Herz, ausdulde die Zeit des Schicksals,

Wenn auch einsam! Stimme geheim, o stimme

Deinen bergstromähnlichen, echoreichen,

Starken Gesang an!


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 457-459.
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