Geburt Mariae

O was muß es die Engel gekostet haben,

nicht aufzusingen plötzlich, wie man aufweint,

da sie doch wußten: in dieser Nacht wird dem Knaben

die Mutter geboren, dem Einen, der bald erscheint.


Schwingend verschwiegen sie sich und zeigten die Richtung,

wo, allein, das Gehöft lag des Joachim,

ach, sie fühlten in sich und im Raum die reine Verdichtung,

aber es durfte keiner nieder zu ihm.


Denn die beiden waren schon so außer sich vor Getue.

Eine Nachbarin kam und klugte und wußte nicht wie,

und der Alte, vorsichtig, ging und verhielt das Gemuhe

einer dunkelen Kuh. Denn so war es noch nie.


Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 664-667.
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Das Marien-Leben: Vorgestellt von Richard Exner