Ein hertzliches Danklied, wen uns Gott nach abgelegter Buhßfertiger Beicht durch seinen Diener von Sünden hat entbunden und wiederüm zu Gnaden auf und angenommen

[227] Dises kan gesungen werden auf die Melodei des alten Weihnacht Lides: Ein Kindelein so lobelich ist uns etc.


1.

Mein Gott, nun bin Ich abermahl

Der SündenLast befreiet,

Nun bin Ich in der ChristenZahl

Alß Gottes Kind geweihet.

Wie kan Ich gnugsahm preisen dich,

Daß du mich hast so gnädiglich

Nun wieder angenommen?

Auf, meine Seel', und lobe Gott,

Wir wollen bald auf Sein Geboht

Zu seinem Altar kommen.


2.

Mein Schöpffer, Ich bekenn' es dir,

In meinem Fleische wohnet

Das Gift der Sünden für und für,

Das mit der Höllen lohnet.

Ich habe die Gerechtigkeit,

So dir gefellt, für langer Zeit

In Adam gantz verlohren.

Zum Guhten bin Ich taub und blind,

Dieweil Ich armes Sündenkind

In Sünden bin gebohren.


3.

Nun aber hat dein lieber Sohn

Mich wiederbracht zu Gnaden,

Alß Er vom hohen HimmelsThron

Besucht uns arme Maden.

Um seinet willen hast du dich,

Mein Gott, erbarmet über Mich

Und Mir die Schuld erlassen,

So daß Ich deine Gnad' hinfohrt

Im Sakramente, Geist und Wohrt

Kan fest und gläubig fassen.
[227]

4.

Gepreiset sei dein theürer Nam',

O Jesu, meine Freüde!

Waß Ich für Trost von dir bekam

Nach außgestandnem Leide,

Das weiß mein viel besuchtes Hertz,

Daß schier ein rechter TodesSchmertz

Zur Höllen wolte rükken.

Sehr schreklich war die SündenPlag',

Ich muste Mich den gantzen Tag

Erbärmlich lassen drükken.


5.

Nun ist die schwehre Sündenlast,

Gott Lob, hinweg genommen,

Nun darf Ich alß ein lieber Gast

Zu meinem Schöpfer kommen,

Nun hat Er Mir durch Seinen Knecht

Im Himmel schon das Bürgerrecht

Auß Gnaden zugesaget.

Herr Jesu Christ, itz dank Ich dir

Von gantzer Seelen, daß du Mir

Hast solche Gunst erjaget.


6.

Gib mir nun deinen guhten Geist,

Der freüdig in Mir walte

Und Mich im Glauben allermeist

Biß an mein End' erhalte,

Daß Ich in Angst und Traurigkeit

Nur hoff' auf dich und jederzeit

Mich from und kindlich ahrte

Und, wen Ich bin in Unglüksstand',

Alßden von deiner starken Hand

Der Gnadenhülff erwahrte.


7.

Verleih' auch, daß Ich alle Tag'

Ein Christlichs Leben führe,

Daß Ich das Ubel hassen mag,

Daß Ich Mich prüf' und spühre,

Wie mein verderbtes Fleisch und Bluht

Gahr nicht, waß recht und Christlich, thut.

Herr, hilff Mir tapfer streben:

Mein Geist, der wünschet nichts so sehr,

Alß daß Er möge mehr und mehr

Nach deinem Willen leben.


8.

Dieweil Ich aber gahr zu schwach

Im Fleische Mich befinde,

Das oftmahls folgt den Lüsten nach,

Wen Ich Mich unterwinde,

Nur meinem Gott zu hangen an,

Und Mich doch schwehrlich schikken kan,

Zu thun nach Seinem Willen:

So wollest Du, getreüer Hort,

Die Sündenlust nach deinem Wohrt'

In meinem Fleische stillen.


9.

Laß mein Gebeht, Herr, feürig sein

Und durch dasselb' ersterben

Den alten Adam, der allein

Begehret mein Verderben,

Damit Ich alß ein tapfrer Held

Hier kämpf' und Mich der argen Welt

Im Glauben mög' entreissen:

So kan Ich nach der bösen Zeit

In der gewünschten Ewigkeit

Dich Raht und Helffer heissen.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 227-228.
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