|
[246] Dises kan man auch singen auf die Melodei des Lides: Wie es Gott gefält, so gefält mirs auch.
1.
O Blidheit! Bin Ich den der Welt
Zu dienen nur erschaffen?
Und hat mein Schöpffer Mich bestelt,
Daß Ich sol emsig gaffen
Nach eitlem Guht'
Und meinen Muht
Auf solche Thorheit setzen,
Die leichtlich kan
Den klügsten Man
An Seel' und Leib verletzen?
[246]
2.
Mein Gott, erschaffen hast Du Mich
Zu deinem FreüdenLeben:
Das weiß und gläub Ich festiglich,
Kan doch nicht recht erheben
Mein Hertz zu Dir
Und für und für
Nach solchem Leben trachten;
Es ist Mir leid,
Daß in der Zeit
Ich dises nicht kan achten.
3.
Laß Fleisches, Welt und Augenlust
In Mir nicht länger walten:
Ein bessers ist Mir ja bewust
Daran Ich Mich sol halten.
Laß meinen Sinn
Sich schwingen hin
Zu Dir mit Freüd und Wonne:
Du bist mein Licht
Und Zuversicht,
Ja meiner Seelen Sonne.
4.
O Vatter, laß dein schwaches Kind
Stets deine Liebe suchen.
Welt ist nur Dampf, Welt ist nur Wind
Die Welt wil Ich verfluchen.
Dein Unterthan
Lauff' in der Bahn,
Zu dienen seinem Fürsten.
Es sol fürwahr
Mich immerdar
Nach deiner Gnade dürsten.
5.
Wen Kreütz und Trübsahl komt heran,
So laß Mich nicht verzagen.
Dein Wohrt ist, das Mir helffen kan
Mein Elend leicht ertragen.
Ich weis ja wol,
Wie daß Ich sol
Mit dir, HERR, ewig leben:
Solt' Ich den nicht,
O Du mein Licht,
Nach solcher Wolfahrt streben?
6.
Waß ist doch alles Kreütz und Noht
Waß ist doch alles Leiden,
Waß Hertzenangst, waß gahr der Tod,
Waß schnell und traurig scheiden,
Wen Ich nur mag
Den grossen Tag
Der Herligkeit bedenken
Und auß der Welt
Ins HimmelsZelt
Zu Zions Statt Mich lenken?
7.
O schönste Statt, O Gottes Hauß,
O Hauß vol Freüd und Wonne,
Ich wünsch auß diser Welt hinauß,
Daß Ich die FreüdensSonne,
Das klahre Licht
Und Angesicht
Des Allerhöchsten schaue,
Ja daß Ich Mich
Hertz inniglich
Mit meinem Gott vertraue.
8.
Ach! Ach! wen wird mein Bräutigam
Mich einmahl kommen heissen,
Wen wird Er Mich auß disem Schlamm'
Und eitlem Leben reissen?
Wen werd' Ich doch
Diß schwehre Joch
Von meinen Schultern legen?
Wen wird sich Mir
Doch thun herfür
Des Himmels Fried und Segen?
9.
Wen sol Ich doch dein Angesicht,
O liebster Jesu, sehen?
Wen werd' Ich einst in deinem Licht,
O Licht der Seelen, stehen?
Du lieblichs Bild,
Treü, From und Mild,
Wen werd' Ich aufgenommen,
Daß auß der Zeit
Zur Ewigkeit
Ich schleünig müge kommen?
10.
Waß irr' Ich hier im Jammerthal',
In disem fremden Lande,
Ja leid' hieselbst so manche Quahl,
So manchen Spott und Schande?
Ich wil heraus:
Des Vatters Haus
Kan Ich zur Wohnung haben;
Ja diser Ohrt
Wird Mich hinfohrt
Mit höchster Wollust laben.
[247]
11.
O mögt Ich Armer doch, befreit
Von aller Angst und Schrekken,
Dein unaußsprechlich' Herligkeit
In jennem Leben schmekken!
O süsse Kraft,
O Lebenssaft,
Wen werd' Ich dich empfinden?
Laß Mich die Welt
Doch als ein Held
Gantz siegreich überwinden!
12.
O schönste Statt, O klahres Licht,
O Süssigkeit ohn Ende,
O Freüd, O Fried, O Zuversicht,
Ergreif Mich doch behende.
Laß Mich von hier,
Du schönste Zier,
Zur Herligkeit bald scheiden,
Den Ich bin dein,
Und Du bist Mein:
Drauf fahr Ich hin mit Freüden.
Buchempfehlung
Zwei weise Athener sind die Streitsucht in ihrer Stadt leid und wollen sich von einem Wiedehopf den Weg in die Emigration zu einem friedlichen Ort weisen lassen, doch keiner der Vorschläge findet ihr Gefallen. So entsteht die Idee eines Vogelstaates zwischen der Menschenwelt und dem Reich der Götter. Uraufgeführt während der Dionysien des Jahres 414 v. Chr. gelten »Die Vögel« aufgrund ihrer Geschlossenheit und der konsequenten Konzentration auf das Motiv der Suche nach einer besseren als dieser Welt als das kompositorisch herausragende Werk des attischen Komikers. »Eulen nach Athen tragen« und »Wolkenkuckucksheim« sind heute noch geläufige Redewendungen aus Aristophanes' Vögeln.
78 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.
434 Seiten, 19.80 Euro