|
[284] Melodie: Der Tag, der ist so freüdenreich, u.s.w.
1.
Glük zu der frommen Heiden Schaar,
Glük zu, glük zu den Weisen,
Die weit vom Morgen mit Gefahr
Sind kommen, hoch zu preisen
Das Neügebohrne Jesulein.
Diß laß Mir Einen Glauben seyn:
Den ob Sie zwahr nichts wissen,
Als was geschrieben Daniel
Und Bileam, sind Sie doch schnell
Zu suchen Gott geflissen.
2.
Folg' Ihrem Fleiss', O Sündenkind,
Mit Freüden nachzugehen
Dem höchsten Guht'; Ach sei nicht blind,
Ermuntre dich, zu sehen
Das Jesulein in Seinem Wohrt';
Es ligt ja nicht am fremden Ohrt':
Hie findest du die Krippen,
Da ruhet es gahr säuberlich,
Ja lehret in der Kirchen Dich
Mit honigsüssen Lippen.
[284]
3.
Kahm doch aus Reich Arabia
Die Königin gezogen
Gen Salem, daß Sie fünde da
Den Mann, der Sie bewogen
Durch Seiner Weißheit Glantz und Sonn'.
Ach! Hier ist mehr den Salomon:
Wer wolte den nicht eilen,
Dem Kindelein zu ziehen nach?
Der Weg belohnt es tausendfach',
Hett' Er gleich tausend Meilen.
4.
Betrachtet die Beständigkeit
Der Weisen, die zwahr kahmen
In Gottes und der Engel Gleit
Und gleichwol nichts vernamen
Vom neüen König' in der Statt,
Die den berühmten Tempel hatt':
Ey wol! Sie liessen stehen
Jerusalem und giengen fohrt,
Das Jesulein am Andern Ohrt'
In Behtlehem zu sehen.
5.
O frommes Hertz, folg' abermahl,
Diß süsse Kind zu finden,
Und laß dich keine Noht noch Quahl
Im Suchen überwinden.
Wol angefangen ist zwar guht,
Viel besser, wen mans standhaft thut.
So kan man freüdig sagen:
Gekämpfet hab' Ich als Ein Held
Und wol gerennet in der Welt,
Bald werd' Ich Krohnen tragen.
6.
Komt, last uns unser Jesulein
Besuchen jtz mit Freüden
Und samt den Weisen thätig sein,
Den diß wird unser Leiden
Verkehren bald in Lib' und Lust:
Es ist uns ja kein Schatz bewust,
Der frölicher kan machen
Ein Hertz, das hoch bekümmert ist,
Als unser Heiland Jesus Christ;
Der stärket auch die Schwachen.
7.
Was acht' Ich Reichthum, Ehr' und Pracht,
Was Schwelgen, Tantzen, Springen?
Ey das vergeht in Einer Nacht,
Kan auch wol Hertzleid bringen.
Die rechte Lust bestehet nur
In Gott, nicht in der Kreatur:
Nur Gott kan Freüd' erregen
Den Schwachen, welche Sünd' und Tod
Oft führen in die höchste Noht,
Ja schier zur Höllen legen.
8.
Komt, last uns mit der Weisen Schaar
Für dieses Kindlein treten,
Dasselbe Mitten in Gefahr
Voll Glaubens anzubehten.
Wer kommen wil, der komm' jtz früe,
Der fall' in Demuht auf die Knie:
So muß man Ehr' erweisen
Dem Herren aller Herrligkeit
Und Ihn in diser Gnadenzeit
Von gantzer Seele preisen!
9.
Wo bleiben aber die Geschenk',
Als Weirauch, Gold und Myrren?
Ach Gott! Wen Ich daran gedenk',
Empfind' Ich Ein verwirren
In Meinem Sinn', Als der Ich nicht
Erwogen dißfals Meine Pflicht,
Daß Kindlein zu begaben.
Verzeih' es Mir, Ich wil hinfohrt,
O Jesulein, nach deinem Wohrt'
Auch deine Glieder laben.
10.
Ich wil hinfohrt mit freiem Muht'
An denen Lib' erweisen,
Die dürftig sind, auch sol Mein Guht
Die Diener Jesu speisen;
Den weil du, libster Gottes Sohn,
Uns gibst so grossen Gnadenlohn,
Wie solten wir nicht geben
Auch das, was dein, nicht Unser ist?
Lass' aber uns, Herr Jesu Christ,
Mit Dir nur Ewig leben.
Buchempfehlung
Autobiografisches aus dem besonderen Verhältnis der Autorin zu Franz Grillparzer, der sie vor ihrem großen Erfolg immerwieder zum weiteren Schreiben ermutigt hatte.
40 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro