Ein anderes Lob- und Danklied uber eben dasselbe Evangelium am Festtage Michaelis

[297] Melodie: Lasset uns den Herren preisen, u.s.w.


1.

Ehr und Dank sei dir gesungen,

Grosser Gott, mit süssem Toon:

Alle Völker, alle Zungen

Müssen stehn für deinem Trohn

Und dich unaufhörlich loben,

Daß du deiner Engel Schaar,

Welch' uns schützet für Gefahr,

Deinem Völklein gibst von oben.

Ach! wer kan doch würdiglich,

Herr der Engel, preisen dich?
[297]

2.

Dise Geister sind geschaffen,

Daß Sie sollen Nacht und Tag

Schützen uns mit solchen Waffen,

Die kein Mensch recht kennen mag.

Dise Helden müssen kämpfen

Wider das, was in der Welt

Uns an Leib und Seel nachstelt,

Sonderlich den Satan dämpfen.

Ach wie kan man würdiglich,

Gott, für solches preisen dich?


3.

Zwahr es müssen auch die Frommen,

Wen der Herr Sie prüfen wil,

In Gefahr und Trübsahl kommen,

Den so stehn Ihr' Engel still';

Aber wen Sie Sich gehalten

Ritterlich, so treten dan

Auch Ihr Engel wider an,

Die so wol Ihr Amt verwalten,

Daß man kaum kan würdiglich,

Herr, für solches preisen Dich.


4.

Gott, der sorget für die Seinen;

Ob Er erst zwahr in Gefahr

Seine Kinder lässet weinen,

Zeüget Er doch offenbahr,

Daß Er bald Sie wolle retten.

Er Allein weiß unser Best',

Er, der Seine Fürsten läst

Uns zum Dienst' und Schutz' auftretten.

Ach wie kan man würdiglich,

Herr, für solches preisen Dich?


5.

Nicht allein durch tapfre Thaten

Helffen vielmahls Sie geschwind',

Engel wissen auch zu rahten,

Wen wir gantz verjrret sind.

Als Elias gahr nicht wuste,

Was zu thun, da rieht Ihm bald

Gottes Engel, was gestalt

Seinen Weg Er nehmen müste.

Herr, wie kan man würdiglich

Auch für solches preisen dich?


6.

Engel können uns erfreüen,

Wen wir für des Satans List

Und der argen Welt uns scheüen,

Wie das klahr zu sehen ist

Dort am Joseph, dem Sie sagten,

Feind Herodes were tod

Und samt Ihm des Kindleins Noht,

Daß Sie nichts nach dreüen fragten.

Herr, wie kan man würdiglich

Auch für solches preisen dich?


7.

Engel können Trost ertheilen;

Wen es scheinet, das man schier

Müsse zur Verzweiflung eilen,

Den so treten Sie herfür,

Giessen Kraft in unsre Hertzen,

Wie Sie Christo Selbst gethan,

Als Er auf dem Leidens Plaan

Fühlte mehr den tausend Schmertzen.

Herr, wie kan man würdiglich

Auch für solches preisen dich?


8.

Nun so wil Sichs ja geziemen,

Daß wir unser' Herligkeit,

Welch' uns Gott ertheilet, rühmen,

Wen Er uns in diser Zeit

Solche grosse Fürsten giebet,

Helden, die zu Tag' und Nacht

Schützen uns durch Seine Macht.

Schauet, wie der Herr uns liebet!

Ach wie kan man würdiglich

Auch für solches preisen dich?


9.

Ehr' und Dank sei dir gesungen,

Grosser Gott, mit süssem Toon:

Alle Völker, alle Zungen

Müssen stehn für deinem Trohn'

Und dich unaufhörlich loben,

Daß du deiner Engel Schaar,

Welch' uns schützet für Gefahr,

Sendest täglich noch von oben.

Lass' hinfohrt uns würdiglich,

Herr der Engel, preisen dich!


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 297-298.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich

Deutsche Lieder aus der Schweiz

Deutsche Lieder aus der Schweiz

»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon