Das Ein und Zwantzigste Katechismuslied, Uber den Neünten Artikul unseres Christlichen Glaubens:

Ich gläube eine heilige Christliche Kirche, die Gemeinschafft der Heiligen

[304] Dises kan auch gesungen werden nach der Melodie unsers bekanten Liedes: Ein feste Burg ist unser Gott, u.s.w.


1.

Gelobet seist du, grosser Gott,

Das du die Schaar der Christen,

Die fleissig halten dein Gebott,

Hast gnädig wollen fristen.

O Herr, es wird dein Wohrt

Gelehrt an manchem Ohrt,

Dein Wohrt, das alle Welt

In wahrer Furcht erhält

Und Dir ein Häuflein samlet.


2.

Nun diser Hauffe wird genant

Die wahre Kirch' auf Erden,

Die, weil Sie Dir nur ist bekant,

Nicht kan gesehen werden.

In solcher sind allein

Dein' edle Schäffelein,

Die rechter Tugend vol,

Mein Gott, dich kennen wol

Und deiner Stimme folgen.


3.

In diser Kirch' ist Heiligkeit,

Doch nicht aus unsern Werken:

Diselbe mus das saubre Kleid

Des Herren Jesu stärken,

Das Er der liben Braut,

Welch' Er sich hat vertraut

In diser Sündenbahn,

Hat gnädigst angethan

Und herlich Sie geschmükket.


4.

Zwahr scheüßlich war Sie von Natur,

Vol Mängel und Gebrechen,

Auch Satan lief bemühet nur,

Sie mehr und mehr zu schwächen;

Doch hat Ihr Bräutigam,

Das libe Gottes Lamm,

Sie treflich schön gemacht,

Ja das Ihr wiederbracht,

Was gäntzlich war verlohren.


5.

Er hat Sie durch das Wasserbad

Im Wohrte rein gewaschen,

Und ob Sie gleich hieß' in der That

Nur Unflaht, Staub und Aschen,

Hat Christus Sie der Welt

Doch lieblich fürgestelt,

Ja das an Ihr bedekt,

Was vormahls Ihm' erwekt

Nur Ekkel, Schand' und Grausen.


6.

Wollan, es bleibt doch stets dabei,

Was Gottes Wohrt uns lehret,

Das Christus Kirchlein heilig sei,

Das Ihn von Hertzen ehret:

Dis ist des Geistes Kraft,

So neüe Menschen schaft,

Ja wirket oft geschwind'

In Ihr, das Leüte sind,

Die Gott von Hertzen dienen.


7.

Solt' aber auch wol die Gemein'

Ohn' Haupt gefunden werden?

Ach Nein! Ihr Haupt mus Christus sein

Der Sie regirt auf Erden,

Ja machet, das der Leib

An disem Haupte bleib'

Und wir in voller Zahl

Sind Glieder alzumahl

Des Leibes, der Ihn preiset.
[304]

8.

Wie nun des Menschen Seel' und Geist

Nur einen Leib regiret

Samt allem, was man Glieder heist,

Also wird auch geführet

Die Kirche schön und rein

Von einem Geist' allein,

Der durch der Libe Pfand

In heiligem Verstand'

Und guhter Zucht Sie leitet.


9.

Der Heiligen Gemeinschaft hat

Nur Einen Gott und Glauben,

Den aller Feinde Macht und Raht

Uns niemahls werden rauben.

Der Weg zum Himmel ist

Der Glaub an Jesum Christ.

O wahres SeelenHeil,

Wodurch uns wird zu Theil

Selbst Christus, der Gesalbte!


10.

Nur Eine Tauff', Ein Abendmahl

Ist uns von Gott gegeben;

Drümb last uns friedlich in der Zahl

Der Kinder Gottes leben,

Demnach ein jeder Christ

Des andern Bruder ist:

Dis zeiget weit und breit

Der Kirchen Einigkeit,

Welch' uns so fest verbindet.


11.

Wol dem, der sich ergeben hat,

Dem Negsten Guhts zu gönnen:

Derselb' erweiset in der That,

Das Christus Glieder können

So hier in diser Welt,

Als dort im Freüdenzelt'

Hübsch bei einander stehn

Und Gottes Antlitz sehn

In höchster Ehr' und Wonne.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 304-305.
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