Der gekrönt jüngling

[155] Im hofton Danheusers.


25. septemb. 1544.


1.

Als Cajus Marius zu Rom

oberster wart erwelet,[155]

machet er seiner schwester son

zu eim unterhaubtmanne;

Derselb hieß Cajus Lucius,

der wurt heimlich gequelet

in unzimlich unreiner lieb,

gegen eim jüngling branne,

Der war Trebonius gnannt;

dem schickt er manche gabe,

zu seim mutwillen in vermant,

das er allmal schlug abe

und floch sein haubtman, wo er mocht.

der haubtman auf ein nachte

ein knecht nach dem jüngling schickt, als er wachte;

der frum jüngling nit geren kam,

sein gwißen tet in nagen;

dieweil er nun sein haubtman war,

dorft er es nit abschlagen.


2.

Balt der jüngling kam ins gemach,

der haubtman on schamröten

den jüngeling notzwingen wolt,

in mit gwalt zu im riße;

Der jüngling wert sich, weil er mocht;

in solchen seinen nöten

zog er heraus sein scharfes schwert,

durch den haubtman es stiße.

Der jüngling balt gefangen wart,

man setzt im ein rechtstage;

ir vil stunden wider in hart

mit ser schwerer anklage

und niemant war auf seinem teil,

der im sein wort wolt sprechen;

iedoch sein herz mit manheit tet durchbrechen,

erzelt von anfang alle ding

vor gericht; zu bevesten

solchs, stelt er etlich zeugen dar,

die allen handel westen.
[156]

3.

Als Marius die zeugen hort,

den schentlichen unflate

von seinem vetteren erfur,

tet er ein urteil sprechen:

Zelt den jüngling quit ledig los,

lobt sein manliche tate,

das er gerettet het sein er,

den haubtman tet erstechen;

Mit dem römischen burgerkranz

den jüngling er selb krönet;

des wurt erfreuet das her ganz,

in freut und jubel tönet;

weil so gerecht ir oberster

gefelt het ein urteile

dem verlaßnen frumen jüngling zu heile,

darum im iederman wolsprach –

tut Plutarchus beweisen.

wo herschaft gerecht urteil spricht,

die ist höchlich zu preisen.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 155-157.
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