Actus 1.

DER ERNHOLDT tridt ein, neigt sich unnd spricht.

Heil unnd glück sey den ehrenfesten,

Edlen und außerwelten gesten,

Den erbern herrn und züchting frawen

Und all den, so wöln hörn und schawen

Ein wunder-wirdige histori,

Wol zu behalten in memori,

Von einem könig im Niderlandt,

Der könig Sigmundt war genandt.

Der het ein son, der hieß Sewfriedt,

Welcher all höfflikeit vermiedt,

An sitten, tugendt und verstandt,

Groß, starck und ernstlich mit der handt;

Erschlug ein trachen mit der hendt

In wildem waldt und in verbrendt.

Des trachens horn zerschmaltz darnach,

Floß auß dem fewer wie ein bach;

Darmit schmiert Sewfriedt seine glider,

Und als das horn erkaltet wider,

Von dem sein haudt gar hörnen wardt.[334]

König Gibich het ein tochter zart

Zu Wurmbs am Rein, die hieß Crimhildt,

Die füret hin ein trach gar wildt

Auff ein gebirg unmenschlich hoch.

Der hörnen Sewfriedt dem nach-zoch,

Da im ein zwerglein weisset das,

Wiewol ein rieß darwider was,

Den er bestriet zum vierten mal,

Entlich in rab stürtzt in das thal.

Nach dem erst mit dem trachen kempffet,

Den er mit noht fellet und dempffet;

Die jungfraw er heim-füren thet,

Mit ir ein könglich hochzeyt het.

Nach dem wart von Crimhilt, der zarten,

Geladen in den rosengarten

Gehn Wurmbs an Rein Dietrich von Bern,

Der kam dahin willig und gern

Und kempfft mit dem hörnen Sewfriedt.

Erstlich er forcht und schrecken lied,

Doch durch list seins maisters Hilbrant

Mit kampff den Sewfriedt uberwant,

Den doch Crimhildt vom todt erret,

Dietrich von Bern begütting thet;

Doch ir brüder auß neidt unpsunnen

Erstachendt schlaffendt bey dem brunnen

Iren schwager Sewfriedt darnach,

Den Crimhilt schwur ein schwere rach.

Wie diß als gschach mit werck und wort,

Wert ir ornlich an diesem ort

Hören und sehen in dem spiel.

Darumb seit fein züchtig und stiel,

Ist bietlich unser aller wiel.


Der ernholdt geht ab. König Sigmund auß Niderlant gehet ein mit zweyen rätten, setzt sich trawrig nider und spricht.


Ir liebn getrewen, gebet raht,

Gott mir ein son bescheret hat,[335]

Welcher nach mir regieren sol,

Der sich darzu nit schicket wol,

Ist gar unadelicher art,

Helt zucht und tugendt widerbart,

Ist frech, verwegen und mutwillig,

Starck, rüdisch und handelt unbillig;

Gar keyn höffligkeyt wil er lern;

Es steht all sein gmüt und begern

Allein zu grobn, bewrischen dingen,

Zu schlahen, lauffen und zu ringen

Und von eim lande zu dem andern

Eben gleich eim landtfarer wandern;

Auff solch grob sach legt er sein sin.

DIETLIEB, DER ERST RAHT spricht.

So last ein zeyt in ziehen hin,

Die landt hin und wider beschawen,

Das ellendt versuchen und bawen,

Dieweil er noch ist jung an jaren,

Ungenietet und unerfaren.

Last in in der frembd etwas nieten,

Die frembt lert gut tugendt und siten

Und helt die jugendt in dem zaum,

Lest in nit all zu weiten raum

Und thut auch offt die jugendt ziehen,

Das sie unart und laster fliehen

Baß, denn wenn sie daheimen wern.

HORTLIEB, DER ANDER RAHT spricht.

Ja, weil Sewfriedt das thut begern,

Ewr könglich mayestadt sun,

Solt ir in dem im volge thun,

In etwan schicken in Franckreich

Oder in Hispania der gleich,

Da er auch sicht anders hoffhalten,

Wie man ist der höffligkeit walten

Mit rennen, stechen und thurnieren,

Mit jagen, hetzen und hoffieren[336]

Von den rittern und edlen allen;

Das wirt im denn auch wolgefallen.

Dardurch von grobheyt er erwacht,

Wirt denn auch artig und geschlacht,

Als denn gebüert eins königs sun.

KÖNIG SIGMUNDT spricht.

Nun, ewrem raht wil ich volg thun,

Wil in nauff schickn gehn Wurmbs an Rein,

An könig Gibichs hoff gemein,

Daselb hab wir in an der handt

Bey unserm hoff im Niderlandt!

Da wöllen wir in schicken zu.

Ernholdt, Sewfriedt, mein son, bring du!


Der heroldt neigt sich, geht ab, bringt Sewfriedt, des königs son.


DER KÖNIG spricht.

Sewfriedt, mein aller-liebster sun,

Wir wöllen dich ietz schicken thun

Hienauff gehn Wurmbs an den Rein,

Zu könig Gibich, da dich allein

Belaiten soln auff hundert man,

Alle vom adel wol gethan.

Darzu gib ich dir kleynat und gelt,

Das du zu hoff dort obgemelt

Magst adelich und höfflich leben,

Andern könig-sön gleich und eben.

Zu der reiß schick dich, lieber sun.

SEWFRIEDT, DES KÖNIGS SON spricht.

Herr vatter, das wil ich baldt thun;

Darzu darff ich kein gut noch gelt,

Wie du ietzunder hast gemelt.

Ich bin starck und darzu jung,

Wil mit der handt mir gwinnen gnung.

So darff ich auch nach deim beschaid

Kein hoffgesind, das mich beleidt.[337]

Möcht wol sehen drey freydig man,

Die mich nur dörfften greiffen an.

Alde, ich zeuch allein dahin,

Wo mich hin tregt mein thummer sin.

DER KÖNIG SIGMUNDT spricht.

Das glaidt wöl wir dir geben nauß

Für das königliche hoffhauß.


Sie gehen alle ab. Der schmiedt unnd sein knecht gehen ein.


DER SCHMIDT spricht.

Wir sindt heudt zu spot auffgestanden.

Was wöl wir nemen unterbanden?

Wöllen wir heudt von erst den wagen

Die reder mit schineysen bschlagen,

Oder wöl wir huffeissen schmiden

Dem mülner für sein esel niden,

Oder was wöl wir erstlich machen?

DER SCHMIDTKNECHT spricht.

Maister, so raht ich zu den sachen,

Wir wöllen erstlich eyssen schroten;

Unser pfleger hat rauß entbotten,

Wir müsen seine roß beschlagen

Auff heudt, so baldt es nur sey tagen.

DER SCHMIDT spricht.

Nun so blaß auf, und haldt baldt ein!

Schaw, wer klopfft, wil zu uns herein?


Sewfriedt klopfft an.


DER SCHMIDTKNECHT spricht.

Ich wil lauffen und im auff-than.

Mayster, es ist ein junger man.

SEWFRIEDT geht ein und spricht.

Glück zu, meyster! versteh mich recht,

Darfst du nicht hie noch ein schmidknecht?

Sag an, wilt du mir arbeit geben?[338]

DER SCHMIDT spricht.

Ja, du kumbst mir recht und eben,

Wenn du wolst waidtlich schlagen drein

Und nicht fürlessig, noch faul sein,

Ich wil ein tag versuchen dich.

SEWFRIEDT spricht.

Gib her ein hamer, versuch mich;

Bin ich faul, so thu mich außjagen.

DER SCHMIDT gibt im ein hamer und spricht.

Nimb den hamer, thu mir auffschlagen,

So wöllen wir die eissen zainen.

SEWFRIEDT, DES KÖNIGS SON spricht.

Ey, was gibst mir so einen kleinen

Hamer? ein grösern wil ich füren.


Der schmidt gibt im ein grösern hamer.


SEWFRIEDT spricht.

Ja, der thut meiner sterck gebüren.


Sewfriedt thut einen grawsamen schlag auff den anpoß.


DER SCHMIEDT spricht.

Ey, das auffschlagen taug gar nicht.

SEWFRIEDT spricht.

Ey, hab ir mich vor unterricht,

Sol nit faul sein, waidtlich drauff schlagen!

Das hab ich thon, was thust denn klagen?

DER KNECHT spricht.

Mich dünckt, du seist nit wol bey sinnen.

SEWFRIEDT spricht.

Halt, halt, das solt du werden innen.


Er schlecht mit dem hamerstiel maister und knecht hienauß. Die zwen kummen wider.


DER MAYSTER spricht.[339]

Wie wöll wir dieses knechts abkummen?

Er hat uns schier das leben gnummen,

Er ist warlich des teuffels knecht.

DER SCHMIEDTKNECHT spricht.

Mayster, ich wil euch raten recht,

Schickt den knecht in den waldt hienauß,

Sprecht, darinn halt ein koler hauß;

Gebt im ein korb und last in holn

Ein korbvol guter aichen koln.

Baldt er denn hienein kumbt in walt,

So wird in denn erschmecken baldt

Der trach, der in der hölen leidt,

Wirt in angreiffen zu der zeit

Und in mit seinem schwantz verstricken,

Würgen und in sein rachen schlicken;

So kumb wir sein mit ehren ab.

DER SCHMIEDT spricht.

Gleich das ich auch besunnen hab.

DER SCHMIEDT schreidt.

Sewfriedt, kumb rein, mein lieber knecht.

SEWFRIEDT tridt ein unnd spricht.

Was wilt du mein? das sag mir schlecht.

DER SCHMIEDT gibt im den korb unnd spricht.

Nimb diesen korb und thu uns holen

Dort im waldt bey dem köler kolen,

Der wonet dort in dem gestrauß,

Unter dem birg in seim gehauß.

Kumb auff das baldest wider schier,

Auff das denn suppen essen wir.

DER SEWFRIEDT spricht.

Jha, wenn ich het adlers gefieder,

So wolt ich gar schnel kummen wider.


[340] Sewfriedt nimbt den korb, geht ab.


DER SCHMIEDT spricht.

Ob gott wil, wirst nicht wider kummen!

Es wirt dein leben dir genummen

In dem waldt von dem giffting trachen.

DER SCHMIDTKNECHT spricht.

Maister, wir wöln uns außhin machen

Und gar von ferren sehen zu,

Wie in der trach verschlicken thu,

Das wir denn vor im haben rhu.


Sie gehen baide ab.


Quelle:
Hans Sachs. Band 13, Tübingen 1870–1908, S. 334-341,378-379.
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