1. Mailied

[334] Den 28. Mai 1782.


Ringsum ist alles neu belebt!

Es glänzt das bunte Thal;

Am Hügel, durch die Fichten bebt

Der goldnen Sonne Strahl;

Und lauter Jubel der Natur

Steigt hoch empor von grüner Flur!


Belaubt ist schon der Blütenbaum,

Und dämmernd die Allee;

Und silbern blinkt der Quelle Schaum;

Und golden ruht der See;

Der Lerche Lied, der Wachtel Schlag,

Begrüßt den schönsten Frühlingstag.


Aus vollgeschwollnen Knospen dringt

Manch Blümchen gelb und blau;

Auf roten Pfirsichblüten blinkt,

Wie Perlen, heller Tau,

Und süßer Hyazinthen Duft

Durchwürzt die reine Frühlingsluft.
[334]

Auf grünem Weizenfelde bebt

Des Äthers Silberglanz;

Um jedes zarte Gräschen schwebt

Ein Mückenheer im Tanz;

Laut plätschern, unterm Erlendach,

Forellen in dem Kieselbach.


Kein leichtes, graues Wölkchen wallt

Im dunklen Himmelblau;

Und Nachtigallenlied durchschallt,

Laut wirbelnd, Busch und Au'!

Ich will hinaus; auf grüner Flur

Mich freu'n der prächtigen Natur!

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 41, Stuttgart [o.J.], S. 334-335.
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