Eilfter Auftritt


[544] Vorige ohne die Gräfin. Octavio Piccolomini tritt herein mit Gefolge. Deveroux und Macdonald kommen zugleich aus dem Hintergrunde mit Hellebardierern. Wallensteins Leichnam wird in einem roten Teppich hinten über die Szene getragen.


OCTAVIO rasch eintretend.

Es darf nicht sein! Es ist nicht möglich! Buttler!

Gordon! Ich wills nicht glauben. Saget nein.

GORDON ohne zu antworten, weist mit der Hand nach hinten. Octavio sieht hin und steht von Entsetzen ergriffen.

DEVEROUX zu Buttler.

Hier ist das goldne Vlies, des Fürsten Degen!

MACDONALD.

Befehlt Ihr, daß man die Kanzlei –

BUTTLER auf Octavio zeigend.

Hier steht er,

Der jetzt allein Befehle hat zu geben.


Deveroux und Macdonald treten ehrerbietig zurück; alles verliert sich still, daß nur allein Buttler, Octavio und Gordon auf der Szene bleiben.


OCTAVIO Zu Buttlern gewendet.

War das die Meinung, Buttler, als wir schieden?

Gott der Gerechtigkeit! Ich hebe meine Hand auf!

Ich bin an dieser ungeheuren Tat

Nicht schuldig.

BUTTLER.

Eure Hand ist rein. Ihr habt

Die meinige dazu gebraucht.

OCTAVIO.

Ruchloser!

So mußtest du des Herrn Befehl mißbrauchen,

Und blutig grauenvollen Meuchelmord

Auf deines Kaisers heilgen Namen wälzen?

BUTTLER gelassen.

Ich hab des Kaisers Urtel nur vollstreckt.

OCTAVIO.

O Fluch der Könige, der ihren Worten

Das fürchterliche Leben gibt, dem schnell

Vergänglichen Gedanken gleich die Tat,

Die fest unwiderrufliche, ankettet!

Mußt es so rasch gehorcht sein? Konntest du

Dem Gnädigen nicht Zeit zur Gnade gönnen?

Des Menschen Engel ist die Zeit – die rasche[544]

Vollstreckung an das Urteil anzuheften,

Ziemt nur dem unveränderlichen Gott!

BUTTLER.

Was scheltet Ihr mich? Was ist mein Verbrechen?

Ich habe eine gute Tat getan,

Ich hab das Reich von einem furchtbarn Feinde

Befreit, und mache Anspruch auf Belohnung.

Der einzge Unterschied ist zwischen Eurem

Und meinem Tun: Ihr habt den Pfeil geschärft,

Ich hab ihn abgedrückt. Ihr sätet Blut,

Und steht bestürzt, daß Blut ist aufgegangen.

Ich wußte immer, was ich tat, und so

Erschreckt und überrascht mich kein Erfolg.

Habt Ihr sonst einen Auftrag mir zu geben?

Denn stehnden Fußes reis ich ab nach Wien,

Mein blutend Schwert vor meines Kaisers Thron

Zu legen und den Beifall mir zu holen,

Den der geschwinde, pünktliche Gehorsam

Von dem gerechten Richter fodern darf.


Geht ab.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 544-545.
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