Dritter Auftritt.


[213] Canut, Estrithe, Godewin, Ulfo.


ULFO.

Weil mich des Glückes Zorn in deine Hand gegeben,

Begehrst du meine Reu zum Preise für mein Leben.

Kein niederträchtig Wort hat meinen Mund befleckt,

So lang mein freyer Arm den Feind durchs Schwerdt geschreckt:

Auch itzt hoff diesen Sieg von mir nicht zu erlangen.

Mein Muth ist nicht zugleich mit meinem Arm gefangen.

Stell mich erst wiederum zu jenen Ufern hin,

Wo ich durch List und Muth dein Schrecken worden bin,

Wo, da du nach dem Streit, als zum Triumph, gekommen,

Die Leichen deines Volks an deine Schiffe schwommen,

Wo mir zuerst der Sieg dann Sicherheit gelung,

Und fodre da von mir Reu und Erniedrigung.

Denkst du nicht an den Tag, der mich zum Sieger machte,[213]

Der dir nur Schmerz und Scham, mir aber Ehre brachte,

Des Ulfo Ruhm erschallt noch von des Helga Strand,

Der Erdkreiß hört erstaunt, daß ich dich überwand.

Geruhig sah ich da die Zahl von deinen Heeren,

Mit Brücken unterstützt den breiten Strom beschweren;

Getrost erwartet ich, was mir ihr Zorn gedroht,

Sie eilten in den Sieg, und fanden nur den Tod;

Sie bebten, drängten sich, es brachen unter ihnen

Der Brücken Bande los, so bald ich nur erschienen;

Ihr halbersticktes Schreyn rief dich noch in der Fluth.

Zur Rache rief es dich: doch wo war ich? Canut!

So schnell ist kaum der Blitz, indem er schlägt, verschwunden:

Ich hatte dich besiegt, und ward nicht mehr gefunden.

Den unbezwinglichen, den mächtigen Canut

Zwang Ulfo ohne Macht, wodurch? durch List und Muth.

Die Welt muß, wenn sie nicht der Billigkeit vergessen,

Zum mindsten meinen Ruhm einst mit dem deinen messen.

Und wenn sie auch bey dir der Siege Menge zählt,

Gestehn, daß nur das Glück zur Grösse mir gefehlt.

CANUT.

Du sprichst von deinem Ruhm, und schweigest vom Vergehen.

Sprich! reut dich dein Versehn?

ULFO.

Ich kenne kein Versehen.

Erkenn entwaffnet noch des Ueberwinders Hand,

Den nicht die Tapferkeit, nur Macht und Menge band.

Was meinen Ruhm erhebt, hab ich mich stets erkühnet,

Thu nun, was deinem Ruhm und deinem Throne dienet.

CANUT.

Nehmt den Unwürdigen vor meinen Augen fort.

Der Tod ersticke noch sein letztes stolzes Wort

Er müsse durch sein Blut der Welt die Lehre geben,

Wer nicht will menschlich seyn, sey auch nicht werth zu leben.

ULFO.

Nun bin ich erst vergnügt: nun sagt die späthe Zeit:

Canut hielt Ulfons Tod für seine Sicherheit.

Der Fürsten Richterschwerdt, der Uebelthaten Rächer,

Macht Helden groß und schimpft nur niedrige Verbrecher.

ESTRITHE.

Ach! bleib.

ULFO.

Leb wohl!

ESTRITHE.

Wohin?

ULFO.

Zum Ruhme.

ESTRITHE.

Nein, verzieh,

Und sprich!

ULFO.

Was ich gesagt, das widerruff ich nie.


Quelle:
Johann Elias Schlegel: Ausgewählte Werke. Weimar 1963, S. 213-214.
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