Sechste Szene

[739] Rom. Zimmer in Casars Hanse.


Es treten auf Cäsar, Agrippa und Mäcenas.


CÄSAR.

Rom zur Verhöhnung tat er dies und mehr.

In Alexandria (hier schreibt man mir's)

Thronten auf offnem Markt, vor allem Volk,

Cleopatra und er auf goldnen Stühlen

Und silbernem Gerüst: zu ihren Füßen

Cäsarion, meines Vaters Sohn genannt,

Und all die Bastardbrut, die ihre Lust

Seitdem erzeugt. Zur Herrschaft von Ägypten

Gab er ihr Cypern, Niedersyrien, Lydien,

Als einer unumschränkten Königin.

MÄCENAS.

Dies vor den Augen alles Volks?

CÄSAR.

Auf öffentlicher Bühne, wo sie spielen,

Setzt er zu Kön'gen über Kön'ge seine Söhne:

Großmedien, Parthien und Armenien

Gab er dem Alexander; Ptolemäus

Syrien, Cilicien und Phönizien. Sie

Trug an dem Tag der Göttin Isis Kleid,

In dem sie oft zuvor, wie man erzählt,

Gehör erteilt.

MÄCENAS.

Die Nachricht laßt in Rom

Verbreiten!

AGRIPPA.

Längst durch seinen Übermut

Verstimmt, wird es ihm seine Gunst entziehn.

CÄSAR.

Das Volk erfuhr's, und hat von ihm nun gleichfalls

Die Klag' erhalten.

AGRIPPA.

Wen beschuldigt er?[739]

CÄSAR.

Cäsarn: Zuerst, daß, als Sizilien wir

Pompejus nahmen, wir nicht abgeteilt

Für ihn die Hälfte: daß er Schiffe mir

Geliehn, und nicht zurück erhielt; dann zürnt er,

Daß Lepidus aus dem Triumvirat

Entsetzt ward, und wir auf sein ganz Vermögen

Beschlag gelegt.

AGRIPPA.

Darauf müßt Ihr erwidern.

CÄSAR.

Das ist geschehn, ich sandte schon den Boten.

Lepidus, schrieb ich, sei zu grausam worden;

Gemißbraucht hab' er seine hohe Macht,

Und diesen Fall verdient. Was ich erobert,

Das woll' ich teilen; doch verlang' ich auch

Ein Gleiches für Armenien und die andern

Besiegten Reiche.

MÄCENAS.

Nimmer räumt er's ein.

CÄSAR.

So wird das andre ihm nicht eingeräumt.


Octavia tritt auf.


OCTAVIA.

Heil Cäsarn, meinem Herrn! Heil, teurer Cäsar!

CÄSAR.

Daß ich dich je Verstoßne mußte nennen! –

OCTAVIA.

Du nanntest nicht mich so, noch hast du Grund.

CÄSAR.

Stahlst du dich heimlich nicht hieher? Du kommst nicht

Wie Cäsars Schwester! Des Antonius Weib

Mußt' uns ein Heer anmelden, und das Wiehern

Der Rosse ihre Ankunft uns verkünden,

Lang' eh' sie selbst erschien: die Bäum' am Wege

Besetzt mit Menschen sein, Erwartung schmachten

In sehnlichem Verlangen: ja, der Staub

Mußte zum Dach des Himmels sich erheben,

Erregt vom Volksgewühl! Allein du kommst

Gleich einer Bäu'rin her nach Rom, die Huld'gung

Vereitelnd unsrer Gunst, die, nicht gezeigt,

Oft ungeliebt bleibt. Dich begrüßen sollten

Gestad' und Meer, auf jeder Ruhestätte

Mit neuem Prunk dich feiernd.

OCTAVIA.

Teurer Bruder,[740]

Nicht kam ich so, weil man mich zwang; ich tat's

Aus freier Wahl. Antonius, mein Gebieter,

Von deiner Rüstung hörend, gab mir Nachricht

Der bösen Zeitung; und sogleich begehrt' ich

Urlaub zur Heimkehr.

CÄSAR.

Den er gern gewährt,

Weil zwischen ihm und seiner Lust du standst!

OCTAVIA.

Denke nicht so!

CÄSAR.

Ich faßt' ihn wohl ins Auge,

Mir bringt der Wind von seinem Tun die Kunde.

Wo ist er jetzt?

OCTAVIA.

Noch in Athen, mein Bruder! –

CÄSAR.

Nein, schwer gekränkte Schwester. Cleopatra

Hat ihn zu sich gewinkt. Er gab sein Reich

An eine Metze, und nun werben sie

Der Erde Kön'ge für den Krieg. Ihm folgen

Bochus, König von Libyen; Archelaus

Von Kappadozien; Philadelphus, König

Von Paphlagonien; Thraziens Fürst Adallas;

Fürst Malchus von Arabien; der von Pontus;

Herodes von Judäa, Mithridat

Von Kommagene: – Polemon und Amintas,

Der Lykaonier und der Meder Fürsten,

Und noch viel andre Szepter.

OVTAVIA.

Ach, ich Ärmste,

In deren Herz sich zwei Geliebte teilen,

Die bittre Feindschaft trennt! –

CÄSAR.

Sei hier willkommen!

Nur deine Briefe hemmten noch den Ausbruch,

Bis wir zugleich erkannt, wie man dich täuschte

Und Säumnis uns gefährde. Sei getrost,

Dich kümmre nicht der Zeitlauf, dessen strenge

Notwendigkeit dein friedlich Glück bedroht.

Nein, schau den vorbestimmten Schicksalsgang

Jetzt ohne Tränen; sei gegrüßt in Rom,

Teurer als je! Weit über alles Maß

Wardst du gekränkt; und die erhabne Gottheit

Macht, dich zu rächen, uns zu ihren Dienern[741]

Und alle, die dich lieben. Teures Leben,

Sei immer uns gegrüßt!

AGRIPPA.

Gegrüßt, Verehrte!

MÄCENAS.

Gegrüßt, erhabne Frau!

Ganz Rom ist Euch ergeben und beklagt Euch;

Nur Marc Anton, im frechen Ehebruch

Und allem Greu'l vermessen, stößt Euch aus,

Und gibt sein Szepter einer Buhlerin

Als Waffe wider uns.

OCTAVIA.

Ist dies die Wahrheit?

CÄSAR.

Nur zu gewiß. Willkommen, Schwester: bitt' dich,

Bleib' standhaft und geduldig! – Liebste Schwester! –


Alle ab.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 4, Berlin: Aufbau, 1975, S. 739-742.
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