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[707] Im hohen Walde.


Als Witiko von seinen Männern vor der Kirche im oberen Plane Abschied genommen hatte, und den Weg gegen das steinerne Häuschen einschlug, ritten alle Reiter von Plan mit ihm, viele der andern Krieger, welche die Ihrigen begrüßt hatten, kamen auch wieder herzu, und gingen mit ihm auf seinem Wege, und es gingen auf dem Wege Männer, Frauen, Jungfrauen und Kinder mit. Sie riefen ihm zu: »Witiko, sei gegrüßt«, »Witiko, bleibe bei uns«, »Witiko, du gehörst jetzt zu uns.«

Witiko ritt sehr langsam in der Mitte der Menschen, und blickte herum, und grüßte mit seinen Mienen gegen viele. Vor seinem Häuschen hielt er an, die Menschen füllten den Platz vor demselben, und um dasselbe, daß sie das Gras der Wiese zertraten. Martin stand aufrecht vor dem Tore, und Lucia weinte. Da Witiko von dem Pferde steigen wollte, ging Martin hinzu, den Steg des Sattels zu halten. Alte Männer wollten Witiko dienstlich sein. Er aber schwang sich wie sonst von seinem Tiere. Das Pferd wurde von seinen Knechten hinweg geführt. Dann sprach Witiko zu den Leuten: »Liebe Heimatgenossen,[707] ich danke euch für euer Geleite, und für das Gute, das ihr mir wollet. Wir werden unter unsern grünen Bäumen in Frieden und Treue leben, wir werden zusammen halten, und das Brod und das Salz der Gastlichkeit teilen.«

»Gott segne Witiko, unsern Herrn, der von uns ist«, rief Peter Laurenz, der Schmied von Plan.

»Gott segne unsern Herrn, unsern Herrn«, riefen die Menschen durcheinander.

Frauen hoben ihre Kinder empor, daß sie Witiko sähen.

»Gott segne euch«, sagte Witiko, »und er segne mein Tun.«

»Er segne es«, riefen die Menschen.

»Und empfanget noch einmal meinen Dank«, sagte Witiko, »und gehabt euch wohl, geht zu den Eurigen, und seid mit ihnen in Freude, und seid ein Trost derer, die Schmerzen leiden. Der hocherlauchte Herzog Wladislaw hat seine Feinde besiegt, er wird uns Glück und Wohl in das Land bringen, und es wird nun lange Zeit kein Krieg und kein Streit mehr sein.«

»Heil und Glück, Witiko«, riefen die Menschen.

Witiko dankte grüßend mit seiner Hand, und ging in das Häuschen.

Er ging in die Stube, und legte sein Schwert und seine Haube auf den Tisch.

Martin stand vor ihm, und sagte: »Witiko, Witiko.«

»Sei gegrüßt, Martin«, sprach Witiko, »jetzt werden wir andere Dinge zu tun haben, als mit dem Schwerte.«

»Und diese Freude, die über uns gekommen ist«, sagte Martin. »Ihr müßt jetzt Dienstmannen haben und ein Geleite.«

»Du vielgetreuer Mann, du wirst mir beistehen«, sagte Witiko.

»Wenn ich es nur kann, ich ungefüger Mensch«, antwortete Martin.

»Du wirst das können, was ich dir auftrage«, sagte Witiko.[708]

»Und die hocherhabene Mutter«, sprach Martin.

»Ich habe ihr von der Stadt Brünn aus Botschaft geschickt«, antwortete Witiko.

»Und Mathias, der Köhler, und sein Vater, und der hochehrwürdige Priester Benno und die Leute«, sagte Martin.

»Ich werde meine Mutter und Benno, wenn er will, nach Přic geleiten«, entgegnete Witiko, »und der anderen werde ich gedenk sein.«

»Und du mußt dir eine Burg bauen«, sagte Martin.

»Ich werde ein Haus errichten, darin wir alle wohnen können«, sprach Witiko.

»Wir haben Speise und Trank für dich vorbereitet«, sagte Martin.

»Ich werde noch zu den Pferden gehen, und dann werden wir mit einander das Mahl verzehren«, antwortete Witiko. »Bestelle mir indessen Männer, welche meinen Knechten helfen, die Säumer, die meine Habe tragen, vor das Haus zu bringen, sie abzuladen, und die Sachen herein zu schaffen.«

»Ich werde es tun«, sagte Martin.

Witiko ging zu den Pferden. Dann ging er wieder in die Stube. Martin kam mit zwei Männern. Witiko gab ihnen den Auftrag, zu den Häusern hinein zu gehen, sich die Saumtiere zeigen zu lassen, welche seine Sachen tragen, und bei ihnen zu harren, bis seine Knechte kämen.

Die Männer versprachen es.

Darauf mußte Lucia den Tisch für ihn, für Martin und sich selber und für die Knechte rüsten. Eine gedungene Magd war ihr behilflich. Sie verzehrten das Mahl, und tranken von dem Weine, der aufgesetzt worden war.

Als sie sich erquickt hatten, nahm Witiko sein Schwert um, setzte seine Haube auf, befahl den Knechten, nach den Säumern zu sehen, und seine Habe in Sicherheit zu bringen, und ging dann zu den Häusern von Plan hinein.

Auf dem Raume zwischen den Häusern waren viele[709] Saumrosse, ein Teil der Dinge, die sie getragen hatten, war schon abgeladen, und lag herum, und Männer waren beschäftigt, das Ihrige auszulesen, und fort zu bringen. Andere Männer, welche nicht von Plan waren, suchten ihre Saumtiere hervor, um mit ihnen den Weg in ihre Heimat einzuschlagen. Viele Menschen und vornehmlich Weiber und Kinder standen herum, und bewunderten die Sachen.

Witiko ging in die Wohnungen, in denen er Gaben des Herzogs zu verteilen hatte, und in denen Leute um die Ihrigen trauerten. Er verteilte die Gaben in der Art, wie es in dem Rate der Führer der Waldkrieger beschlossen worden war, und tröstete die Wehklagenden, wie er konnte.

Dann ging er zu dem alten Pfarrer.

Der alte Pfarrer empfing ihn mit Ehrerbietung, und geleitete ihn in die Stube. Witiko begrüßte ihn, und der Pfarrer dankte des Grußes; dann sprachen sie von dem, was sich zugetragen hatte, und der alte Pfarrer fragte um vieles, und Witiko erzählte, um was er gefragt worden war.

Von dem Pfarrer ging Witiko auf den Kreuzberg, und sah auf die Schneide des dämmerigen Waldes hin, hinter welcher das Haus Heinrichs von Jugelbach lag. Dann sah er auf den breiten schweren Wald des heiligen Thomas.

Von dem Kreuzberge ging er wieder zu den Häusern hinab, sprach mit vielen Menschen, die auf der Gasse waren, und ging dann in sein steinernes Haus.

Am Abende dieses Tages kamen wie früher Männer zu ihm, kosteten sein Brod und Salz, und saßen dann mit ihm und Martin auf Bänken, die man vor dem Hause hergerichtet hatte, und redeten von dem, was geschehen war, und wie es jetzt in Plan sei, und wie es sein werde, und noch von andern Dingen. Als die Finsternis der[710] Nacht kam, verabschiedeten sie sich, und gingen nach Hause.

Witiko legte sich auf sein gewöhnliches Lager zur Nachtruhe.

Am andern Morgen ließ er seine Dinge in vollständige Ordnung bringen, setzte sich dann an den großen Tisch, entfaltete sein Pergament, und las in demselben.

Ehe der Tag weit vorgerückt war, kamen mehrere Männer zu ihm. Es war der alte Pfarrer, es war Peter Laurenz, der Schmied, es war Stephan, der Wagenbauer, es war David, der Zimmerer, es war Paul Joachim, der Maurer, es war Elias, der Steinhauer, es war Zacharias, der Schenke, und es war Tom Johannes, der Fiedler.

Als die Männer zu ihm in die Stube gekommen waren, ließ er Bänke und Stühle stellen, daß sie sich niedersetzten. Als sie saßen, sprach er: »Seid gegrüßet, Männer, ich freue mich, daß ihr kommt. Habet ihr einen Wunsch, den ich erfüllen kann?«

Die Männer schwiegen, und sahen einander an.

Dann sagte der Pfarrer: »Wir hätten wohl eine Bitte.«

»So sprecht«, sagte Witiko.

»Wir haben davon geredet«, antwortete der Pfarrer, »und dann haben wir gestern und heute wieder geredet, und dann haben wir uns etliche zusammen getan, und haben gesagt: wir gehen zu ihm.«

»Ich will gerne einem Verlangen, das ihr habt, nachkommen, wenn ich kann«, entgegnete Witiko.

»Es ist so«, sagte der Pfarrer, »die Wege des Herrn im Himmel sind wunderbar. Dein Vater hatte ein Haus aus Stein in dem oberen Plane, und hatte Gründe bei dem Hause, und ist öfter in dem Hause gewesen. Und dann hat ihn der Herr im Himmel zu sich genommen, du bist auch in dem steinernen Hause gewesen, Witiko, und unsere Männer sind mit dir gezogen, und andere auch, die aus den Teilen des Waldes daher gekommen sind.[711] Und als die Boten von dem Lande Mähren hier eingetroffen sind und gesagt hatten: Witiko ist der Herr des ganzen Waldes geworden, da sagte es wieder einer dem andern, es sagte es wieder einer dem andern, und wer es schon wußte, dem sagte man es noch einmal. Und die Mädchen haben schon früher den Kreuzberg den Berg Witikos genannt. Und die Leute sagten, weil er der Herr des Waldes ist, so wird er sich eine Burg in dem Walde bauen. Und wir haben davon geredet, und sind gekommen, dich zu bitten, hoher Herr, daß du die Burg bei uns bauest. Wir werden dir in allem behilflich sein, daß sie bald fertig und schön empor steht.«

»Wir haben die Burgen in manchen Ländern gesehen«, sagte der Schmied, »die Hofburg des hocherlauchten Herzoges Wladislaw auf dem Berge der Stadt Prag, die Burg des uralten Wyšehrad, die auf einem Felsen an der Moldau oberhalb des rechten Burgfleckens von Prag liegt, die Burg des Fürsten Konrad in Znaim, die Burg in Brünn, die Burg in Olmütz, die Burg des Župan Lubomir und die Burgen von allerlei Herren, und so schön wie die Hofburgen können wir deine Burg nicht bauen; aber wir werden sie sehr schön bauen, daß sie wie aus Eisen geschmiedet in dem Lande steht, und wie ein Amboß ist, der nicht zerschlagen werden kann.«

»Wir werden das Dach fügen, wie keines gefügt ist«, sagte David, der Zimmerer.

»Und kein Stein soll zierlicher sein, als wir sie vorbereiten werden«, sagte Elias, der Steinhauer.

»Und wir werden sie fügen, daß sie aus der Mauer schwerer zu brechen wären als aus dem Fels der Erde, als wären die Wände mit dem besten Weine gebaut worden«, sagte Paul Joachim, der Maurer.

»Und Tür und Tor und Treppe und Geländer und Fußböden wird aus dem stärksten Holze des Waldes gemacht«, sagte Stephan, der Wagenbauer.[712]

»Und ein Rat muß sein, daß alles gut gemacht werde und recht und sehr schön, und es sind schon Männer, die einen solchen Rat geben«, sagte Tom Johannes, der Fiedler.

Dann sagte keiner mehr etwas.

Darauf sprach Witiko: »Lieben Männer, ich danke euch vom Herzen für eure Wohlmeinung, und daß ihr mich wollt als einen Genossen bei euch behalten. Ich werde immer euer Genosse bleiben, und werde immer einer der Männer von Plan sein, wie meine steinerne Hütte bei den eurigen steht. Ich werde mir in dem Gebiete des Waldes, das mir der gütige Herzog verliehen hat, ein Haus zur Sicherheit und Verteidigung bauen. Das ist zuerst zum Überlegen. Dann denke ich auch daran, was sonst den Sinn eines Menschen bei einem Hause erfreuen kann.«

»Das muß alles so sein«, sagte der Pfarrer, »und an dem Hause müssen die Bewohner eine Freude haben, und wenn das alles bei dem oberen Plane sein kann, so wirst du bei uns bleiben.«

»Ich werde erwägen, was meine Gedanken mir eingeben«, sagte Witiko.

»Und ich werde die Gegend fleißig betrachten und durchsuchen«, sprach Tom Johannes, der Fiedler.

»Und dann bitten wir dich noch, hoher Herr«, sagte der Pfarrer, »wir möchten ein Häuslein bauen, darin die Kinder Gott fürchten lernen, und Anweisung in nützlichen Dingen erhalten.«

»Wie ihr mir bei meinem Baue geholfen habt, werde ich euch bei diesem helfen und helfen lassen«, antwortete Witiko.

»Du wirst dir aber kein so grobes Haus bauen, wie Rowno den Turm hat, oder Osel die runden Mauern, oder Diet die Scheuern und Ställe«, sagte Peter Laurenz, der Schmied.

»So sprich nicht so«, sagte Tom Johannes, der Fiedler, »Witiko ist ein höherer Mann als Rowno und Osel und[713] Diet, und das Schloß wird in dem Walde prangen, und es werden manche Männer mit reden, ehe es fertig wird.«

»Und wir werden bei dem Einzuge gegenwärtig sein, und Heil rufen«, sprach David, der Zimmerer.

»Ihr werdet bei mir sein, wie ihr in der Schlacht an meiner Seite waret«, sagte Witiko, »und werdet die Gastlichkeit meines neuen Hauses nicht verschmähen.«

»Und wenn einer in die Schlacht wollte, und nicht mehr konnte, weil sie ihm in einer andern die Glieder verdorben haben«, sagte Tom Johannes, der Fiedler.

»So wird er mit den verdorbenen Gliedern mir willkommen sein«, antwortete Witiko.

»So ist es schön und recht«, sagte Tom Johannes.

»Das ist sehr schön und recht«, sagte Stephan, der Wagenbauer.

»Und so machen wir es, wie wir beschlossen haben«, sagte der Schmied, »und sagen den andern, wie alles ist.«

»Gehabe dich wohl, hoher Herr«, sagte der Pfarrer, »wir gehen jetzt, und wissen, daß du uns zugetan bist.«

»Ja«, sagte Witiko, »ich bin allen im Walde zugetan, und habe die Krieger des Waldes geehrt.«

»Ja, du hast sie geehrt«, sprach der Schmied, »und so gehabe dich wohl.«

»Gehabt euch wohl«, entgegnete Witiko.

Die Männer erhoben sich, und verließen die Stube.

Witiko ging an diesem Tage in einige Häuser von Plan, und aß dort von ihrem Brote und Salze.

Und am Abende kamen wieder Männer zu ihm, und saßen mit ihm auf seiner Gasse.

Und so geschah es alle Tage.

In diesen Tagen bildete sich Witiko ein kleines Geleite von Männern, welche sich ihm hiezu anboten. Es waren Augustin, Urban und Mathias unter ihnen, welche im Kriege seine Befehlsträger gewesen waren. Er machte auch Vorbereitungen zu einem Waldesdankfeste.[714]

Dann ritt er mit seinem Geleite an alle Stellen des Waldes, von denen Abteilungen während des Krieges in seinen Scharen gewesen waren, und dankte ihnen, und lud sie zu seinem Feste in den oberen Plan ein. Von diesen Stellen schlossen sich mehrere Männer seinem Geleite an. Darunter war Sifrid von Milnet. In Plan wurden für das Geleite Lagergezelte errichtet.

Auf der großen grünen Weide an den Ufern der Moldau wurde der Platz zu dem Feste gerüstet. Es wurden Schranken gezogen, es wurden aus Brettern und Latten Tische und Bänke gemacht, es wurde ein Altar gebaut, es wurden Gezelte aufgezogen, und Räume für neue Gezelte angewiesen, und es wurden Plätze zur Bereitung von Speisen tauglich gemacht.

An dem Tage vor dem Feste kamen sehr viele Menschen in den oberen Plan. Alle Abteilungen von Kriegern, wie sie gekommen waren, um an dem Zuge gegen Mähren Teil zu nehmen, zogen mit ihren Zeichen heran. Sie machten unter den Föhren, welche im Morgen von Plan standen, ein Lager. Aus allen Waldstellen, von denen sie gekommen waren, gingen auch andere Menschen nach Plan: Greise, Weiber, Jungfrauen, Kinder, um zu sehen, was da werden würde. Von der oberen Moldau kamen Leute herunter, und von Baiern kamen viele herein. Von den Männern, die in dem tiefen Walde sind, davon einige Pech brechen, andere Fallen stellen, um Pelztiere zu fangen, andere Teer brennen, andere Honig suchen, andere Wurzeln und Kräuter sammeln, um sie den Säumern zu verkaufen, ging mancher hinaus, um zu sehen, wie ein Herr des Waldes aussieht. Diese Leute lagerten auf den freien Feldern, und zündeten Feuer an, um sich ihre Speisen zu kochen.

Am frühen Morgen des Festtages hieß Witiko die Männer von Plan, welche mit ihm in dem Kriege gewesen waren, und alle die andern Scharen des Waldes vor der[715] Kirche sich sammeln, wie damals, da sie nach Mähren gezogen waren. Als sie vor der Kirche standen, ritt Witiko in seinem Ledergewande zu ihnen. Und als er vor ihnen war, sprach er: »Männer, ich habe an euch die Bitte gerichtet, daß ihr heute zu mir kommt. Es ist an dem, daß wir auch in unserer Heimat Gott für seinen Beistand in dem Kriege danken, und daß wir, wie ich auf dem Schlachtfelde von Znaim gesagt habe, in der Heimat für unsere Verstorbenen beten. Folget mir auf den grünen Platz des Gottesdienstes.«

Er stellte sich an ihre Spitze, und die Krieger von Plan und die Krieger aus den anderen Waldstellen zogen mit ihren Zeichen und unter dem Schalle der langen Pfeifen hinter ihm auf die grüne Weide an dem Ufer der Moldau. Und sehr viele Menschen gingen mit ihnen. Die Krieger zogen auf den Platz, der mit Schranken umgeben war. Dort harrete der alte Pfarrer ihrer mit den Kirchenvätern und den Kirchenvorstehern. Als sie sich aufgestellt hatten, segnete er sie. Dann ging er zu dem Altare, und ward dort mit dem Gottesdienstgewande bekleidet. Die Krieger steckten die Stangen ihrer Zeichen in die Erde, und knieten alle auf den grünen Rasen nieder. Und die vielen Menschen, die außerhalb der Schranken waren, knieten alle nieder. Und der alte Pfarrer hielt vor dem Altare unter dem freien Himmel den feierlichen Gottesdienst. Als der Gottesdienst beendet war, sprach der Pfarrer der Kriegesgemeinde die Dankesworte an Gott den Allmächtigen für Errettung aus den Gefahren und Abwendung des Unheils vor, und die Krieger sprachen die Worte nach. Und alle Menschen, welche vor den Schranken knieten, sprachen die Worte nach. Dann sprach der Pfarrer die Gebetworte für die Verstorbenen vor, und die Krieger sprachen sie nach. Und die Menschen vor den Schranken sprachen sie nach. Dann segnete er wieder die Krieger, und segnete alle, die auf der grünen Weide waren.[716] Dann war die heilige Handlung aus. Hie und da blieben noch Krieger knieen, und es knieten noch andere Menschen, um für sich Gebete zu sprechen. Da alle aufgestanden waren, hieß Witiko die Krieger sich in eine Reihe aufstellen. Da sie aufgestellt waren, ritt er an der ganzen Reihe hin, und wieder an der ganzen Reihe zurück, und grüßte vor dem Angesichte aller Menschen mit seinem Schwerte ehrerbietig die Krieger. Sie grüßten mit ihren Zeichen und mit Schwertern, Lanzen, und Bogen zurück. Dann stellte er sich mit seinem Pferde vor die Reihe, und rief: »Männer und Krieger, wir stehen wieder auf der Erde der Heimat. Wir sind ausgezogen, um eine Schar in dem Heere des hocherlauchten Herzoges Wladislaw zu sein, der die Reichen nicht durch Raub noch reicher werden, und die Armen bedrücken lassen will, wir sind ausgezogen, daß nicht ein Feind zu uns komme, und unsere Greise, unsere Weiber und Kinder schädige, und unsere Habe nehme, wir sind ausgezogen, daß nicht ein Herr kommt, der unsere Arbeit und unser Gut zu seinem Bedarfe und zu seiner Lust verwendet. Wie wir gedacht haben, so haben viele Scharen des Landes Böhmen gedacht, und sind zu dem Herzoge gegangen. Und es ist eine Macht geworden, durch welche die Feinde niedergeworfen worden sind. Unsere Greise und Weiber und Kinder sind gesichert, es ist kein fremder Herr zu euch gekommen, und der gekommen ist, der wird mit euch leben wie ihr, er wird schonen, was ihr tut, und habt. Ihr seid zu dem, was geschehen ist, kein kleiner Teil gewesen. Ihr habt die Schar des Herzoges Wratislaw besiegt, ihr habt in dem Kampfe bei Znaim durch euer Geschick und durch euern Mut den Sieg erringen geholfen. Freut euch dessen unter unsern grünen Bäumen, redet von euern Taten, und erzählet sie denen, die heran wachsen, daß sie einmal Gleiches tun. Verwendet das, was ihr im Kriege erworben habt, zu euerm Nutz[717] und Frommen und zu Nutz und Frommen der Eurigen. Es wird jetzt eine Zeit der Ruhe kommen; denn von denen, die gegen den Herzog Wladislaw aufgestanden sind, sind die Reichen arm, die Mächtigen schwach geworden, und keiner kann sich mehr gegen ihn erheben. Wenn er manchem verzeiht, so wird der in der Zukunft treu sein, oder er wird zu wenig Genossen zu einem neuen Kriege finden. Und wenn der Herzog Wladislaw einmal in einer gerechten Sache unsere Waffen und unseren Namen in entferntere Länder tragen will, so wird vielleicht mancher aus euch mit mir zu ihm gehen, und sich im neuen Kampfe erinnern, wie er in dem alten gekämpft hat. Und vielleicht ist es auch einem oder dem andern aus dem schönen grünen Walde beschieden, wenn wieder ein Zug der Christen in das Heilige Land geht, mit zu ziehen, und an der Stätte zu kämpfen, wo der Heiland gelebt hat, und dort zu beten, wo er für uns gestorben ist. Und wie ich euch auf dem Schlachtfelde und im Lager gedankt habe, so danke ich euch auch hier in der Heimat für alles, was ihr getan habt, und daß ihr bereitwillig und folgsam gegen mich gewesen seid. Meine Führerschaft hört heute auf, wir leben wieder jeder einzelne als ein einzelner Mann; aber wir wollen in Liebe und Treue einander gedenken, die gekämpft haben, und in Liebe und Treue derer gedenken, die ihr Leben lassen mußten, und in Liebe und Treue und Unterstützung derer gedenken, die an ihren Gliedern ein dauerndes Übel erlitten haben. Und so gehabt euch wohl, und löset euch auf, die ihr zur Gemeinsamkeit bisher gefügt gewesen waret. Nur ein Mal wollen wir noch in Gemeinsamkeit sein, und zwar heute bei einem Mahle, und in Gemeinsamkeit der Lust, welche alle die genießen, die zu diesem Platze gekommen sind.«

Die Worte Witikos, als er sie sprach, sind von denen, die sie gehört hatten, teilweise an die nächsten gesagt worden,[718] von diesen wieder an die nächsten, und es ist auch etwas davon zu den Leuten gedrungen, die vor den Schranken standen.

Als er geendet hatte, riefen die Männer: »Heil, Glück, Segen Witiko.«

»Heil, Glück, Segen Witiko«, riefen dann auch die andern, die auf der Weide versammelt waren.

Witiko steckte sein Schwert in die Scheide, ritt dann noch einmal an der Reihe der Krieger dahin, und reichte jedem Obmanne die Hand.

Dann stieg er von dem Pferde, und ließ es zu einem der Stände der Pferdeumzäunung führen, die man hergerichtet hatte.

Die Reiter stiegen auch von den Pferden, und stellten sie in die Umzäunung.

Die Scharen pflanzten ihre Zeichen in die Erde, lösten sich auf, blieben auf dem grünen Platze, traten hie und da zusammen, und sprachen mit einander.

Witiko war unter ihnen.

Nach einer Zeit wurde mit einem Horne das Zeichen gegeben, daß nun das Mahl beginne. Die Krieger und manche andere Männer aus Plan und aus Stellen des Waldes setzten sich an die Tische. An der rechten Seite Witikos saß der alte Pfarrer, an der linken der Richter von Plan. Die Speisen wurden von den Herdstellen, die errichtet waren, herbei gebracht, die Getränke wurden aus den Fässern geholt, und auf den Tisch gestellt. Es waren Braten von zahmen und wilden Tieren, es waren Fische und Kuchen da. In den Trinkgefäßen war Bier, Met und Wein. Für die Menschen, welche herzu gekommen waren, wurde auf dem Anger ein Rind gebraten, und jeder konnte sich ein Teil für seinen Hunger abschneiden, und er konnte sich ein Stück Brotes von dem Haufen der Laibe nehmen, der daneben lag. In Fässern war Bier und Met, und wer ein Gefäß hatte, oder wem[719] eines, wie sie neben den Fässern waren, geliehen wurde, der konnte es sich für seinen Durst füllen lassen. Manche Menschen hatten selber Feuer angezündet, und bereiteten Speisen.

Nach dem Mahle waren verschiedene Spiele im Laufen, Springen, Klettern, Ringen und andern Dingen. Es erschollen Klänge aus Pfeifen, Zimbeln, Fiedeln und Hörnern, und die jungen Männer und die schön gekleideten Mädchen des Waldes begannen Tänze auf dem grünen Rasen, und mancher ältere Mann tanzte auch noch mit seiner Ehefrau oder mit einer andern. Lambert, der Zimbelschläger, stand mit seinem Schwerte gegürtet an der Zimbel, und sandte ihre Töne für die Tänzer über die grüne Weide. Tom Johannes, der Fiedler, ging von einem zum andern, und sagte, wie Töne und Klänge zu Tänzen beschaffen sein müssen. Zu den Klängen der Tänze mischten sich dann auch Gesänge. Lieder erschallten, von einzelnen gesungen oder im Wechselgesange, oder im Gesange von mehreren. Auch jenes Singen ohne Worte, wie es Witiko von Bertha und ihrer Singgespanin gehört hatte, erhob sich, und zog durch die Lüfte. Und wie die Söhne des Waldes stets das Jauchzen üben, um sich zu rufen, um sich zu necken, oder eine Lust durch die Zweige fliegen zu lassen, erklang unter den Tönen manch ein Jauchzen, und suchte sich besonders preiswürdig zu machen.

Als die Krieger von den Tischen aufgestanden waren, ging Witiko mit dem Pfarrer und mehreren Männern unter den Leuten herum, und sprach mit vielen. Er ging auch zu denen hinaus, die außerhalb der Schranken waren, um mit ihnen zu sprechen, und zu sehen, ob es an nichts gebreche, oder ob keiner eine Störung veranlasse.

Gegen den Abend ritt Witiko mit dem größten Teile der Krieger und Gäste nach Plan zurück. Andere blieben noch auf der Weide an der Moldau, und erlustigten sich bis in die Nacht hinein.[720]

Am nächsten Tage zogen die Abteilungen der Krieger aus den ferneren Waldgegenden wieder in ihre Heimat, und viele Menschen, die gekommen waren, gingen fort. Andere blieben noch da, und erst nach mehreren Tagen waren alle, die nicht nach Plan gehörten, von dort hinweg gegangen.

Die Männer von Plan fingen nun an, das, was sie in dem Kriege erworben hatten, zu genießen. Zuerst gingen solche, welche nicht in dem Kriege gewesen waren, und dann Weiber und besonders Kinder in die Häuser, und ließen sich zeigen, was heim gebracht worden war. Mancher Mann und manche Frau trugen aus ihrem Hause selber das eine oder das andere Stück zu einem Nachbarn oder Freunde, um es vorzuweisen. Dann wurde verfertigt, was verfertigt werden konnte: Schleifen, Gewänder, Waffen, Hauszierden und anderes. Manche begannen, ihr Haus auszubessern oder zu erweitern, manche suchten ein Flecklein Grund zu kaufen, und manche pflegten länger in der Schenke zu sein, als sie sonst getan hatten.

Witiko sendete einen Teil seiner Habe durch Säumer nach Přic.

Die Zeichen, welche die Krieger im Kriege gehabt hatten, wurden nach Beratungen in einen Schrein in der Kirche gelegt.

Die Männer von Plan hoben nun auch an, das Haus zu bauen, in welchem die Kinder unterrichtet werden sollten. Witiko dingte drei Werkleute, welche für ihn in der Zeit des Baues arbeiten sollten, er ließ Zugtiere zu manchen Verrichtungen stellen, und schenkte das Holz für den Dachstuhl.

In dieser Zeit kamen Wentislaw, der Župenrichter, und Rastislaw, der Meier von Daudleb, mit mehreren Männern zu Witiko in den oberen Plan, und sagten, sie müßten nach dem hohen Befehle des erlauchten Herzoges Wladislaw und nach dem hohen Befehle des edlen Županes[721] Lubomir Witiko im Walde die Grenzen dessen ausweisen, was in seinem Pergamente als Gabe an Land geschrieben stünde. Witiko möge sich Zeugen auslesen, und die Grenzen mit ihnen beschauen.

Witiko sagte: »Weil es so ist, daß ich Zeugen wählen muß, so werde ich sie wählen.«

Und er wählte die jungen Männer Augustin, Urban, Mathias und Maz Albrecht.

Und er und seine Zeugen und Wentislaw und Rastislaw und die Männer aus Daudleb gingen an der Grenze dessen hin, das Witikos Gebiet sein sollte. Sie schrieben, was sie fanden, auf Papiere, und als sie nach drei Tagen wieder nach Plan zurückgekommen waren, wurde noch alles auf zwei Handschriften gebracht. Eine legte Witiko zu dem Pergamente, und die andere nahmen die Männer nach Daudleb mit.

Als dieses geschehen war, rüstete Witiko ein Geleite zu einer Reise, und zog eines Morgens mit dem Geleite von dem oberen Plane fort. Sie zogen auf dem Wege, auf dem Witiko einmal mit dem Bischofe Zdik geritten war, durch den Wald in das Aigen. Von dort zogen sie mittagwärts durch Wälder und durch das Gericht Velden an die Donau. Sie waren an die Stelle derselben gekommen, von welcher man jenseits des Wassers die Häuser von Aschach liegen sah. Sie wurden auf Fähren über den Strom gebracht. In Aschach waren Männer, welche behauene Steine und allerlei Baudinge aus Schiffen brachten, und auf Wägen luden. Die Leute erzählten, das gehöre zu der Burg, welche der edle Herr, Heinrich von Jugelbach, auf der Höhe im Mittage von Aschach bauen lasse. Witiko fragte, ob Heinrich von Jugelbach bei dem Baue sei, und erhielt die Antwort, er sei in der Burg Jugelbach. Witiko ritt nun mit seinem Geleite gegen die Waldhöhe, welche von Aschach mittagwärts gegen die Stadt Eferdingen geht. Er ritt die Waldhöhe entlang. Als[722] sie zu der Stelle kamen, oberhalb welcher der Bau errichtet wurde, ritten sie zu dem Werke empor. Es war eine Höhenzunge, welche sich von dem Berge hinweg streckte. Auf der Zunge wurde die Burg erbaut. Gerüste standen am Ende der Zunge empor, und an den Gerüsten wurden die Mauern hinan gearbeitet. Ein sehr mächtiger Turm strebte inmitten der Bauwerke schon höher in die Luft als alles andere, und Gemächer und Gänge und Säle und eine Kirche und andere Räume, die zu der Wirklichkeit einer Burg gehören, waren in Gliederungen schon sichtbar. Schaffner waren tätig, Werkleute mauerten und hämmerten, Zimmerer behauten Stämme, Zureicher trugen Kübel über Holztreppen empor, Steine wurden an Seilen in die Höhe gezogen, und auf Balkenwägen und auf Säumern wurden Dinge den Berg hinan geschafft.

»Diese Burg wird Schauenberg heißen«, sagte Witiko.

»Sie heißt schon so, seit der erste Stein gelegt worden ist«, sagte ein Schaffner, »der Stein ist geweihet worden, und in der Weihe hat die Burg den Namen erhalten. Steiget herauf, und sehet, wie man von dem Berge schauen kann.«

Witiko stieg von seinem Pferde, und auf ein Gerüste, und der Schaffner zeigte ihm, wie die Donau durch das schöne Land geht, da hinab, wo Wilheringen liegt und der Wald und die alte Burg Kürenberg, und wie jenseits der Donau die Berge hinan steigen, immer einer höher als der andere, bis sie das böhmische Land erreichen, wo sie am höchsten sind.

»Dort würde auch eine Burg schön stehen«, sagte der Schaffner, »und sie würde so weit in das Land schauen als der Schauenberg.«

»Sie würde sehr schön stehen«, antwortete Witiko, »und weiter schauen.«

Dann zeigte der Schaffner Witiko die Alpengebirge, die[723] im Mittage weit entfernt gegen das Land Österreich und gegen das Land Ungarn dahin gehen.

»Und von hier bis zu den blauen Bergen ist ein gesegnetes Land«, sagte der Schaffner, »Höfe und Burgen liegen in ihm, und das Getreide und das Obst ist in Fülle, und Ortschaften und Städte sind da, und die Mutter Heinrichs von Jugelbach hat noch manches Eigen daselbst, und ihre Söhne Heinrich und Gebhart werden erben, und wer Bertha, das einzige Kind Heinrichs, in sein Haus führt, hat eine reiche Braut. Die Burg auf dem böhmischen Walde hätte kein so schönes Land um sich.«

»Es sind dort lauter Wälder«, sagte Witiko, »und sie liegen in einer großen Pracht dahin, und haben einen anderen Reichtum als Getreide.«

»Seid Ihr in jenem Lande bekannt?« fragte der Schaffner.

»Ich kenne das Land«, antwortete Witiko.

»Getreide ist ein schönes Ding«, sagte der Schaffner.

»Ein schönes Ding und ein Segen Gottes«, antwortete Witiko.

Nach diesen Worten stieg er über die Holztreppe von dem Gerüste wieder hinab, und ging zu seinem Pferde. Der Schaffner geleitete ihn.

»Reiset recht glücklich, und möget Ihr Eure Ziele erreichen, junger Herr«, sagte er.

Witiko bestieg sein Pferd, und antwortete: »Das walte Gott, und gehabt Euch wohl.«

»Gehabt Euch wohl«, sagte der Schaffner.

Witiko ritt mit seinem Geleite wieder den Berg hinab, und von da in die Stadt Eferdingen. Von der Stadt Eferdingen ritten sie in dem Lande Baiern immer gegen Sonnenuntergang fort, bis sie eines Tages in die Stadt Landshut kamen. In Landshut ließ Witiko sein Geleite in einer Herberge unterbringen, und übergab dem Geleite[724] sein Pferd. Er aber ging von der Herberge wieder fort. Er ging durch die Gassen, bis er an den Rand der Stadt kam. An dem Rande der Stadt war an der Stelle, zu der Witiko gegangen war, nicht weit von der Mauer der Stadt ein kleiner Garten, und an dem Garten stand ein kleines Haus. Witiko ging zur Tür des Hauses, und pochte mit dem Klöppel auf sie. Die Tür wurde geöffnet, ein altes Mütterlein stand in ihr, und rief. »Heiliger Gott, Witiko.«

»Ich bin nun da«, sagte Witiko.

»Seit so vielen Jahren wieder«, antwortete das Mütterlein.

»Sei vielmals gegrüßt, Marhild«, sagte Witiko.

»Sei gegrüßt, Witiko«, sprach das Mütterlein.

»Sind alle gesund?« fragte Witiko.

»Alle sind gesund«, antwortete das Mütterlein, »gehe nur hinein.«

Witiko ging durch die Tür in einen Raum, der mit Steinen gepflastert war, und von diesem Raume in ein Gemach. Dasselbe hatte weiße Wände, grün gepolsterte Geräte, und vor den Fenstern weiße Vorhänge. In dem Gemache saßen zwei Frauen. Da Witiko eintrat, standen sie auf, und eine rief: »Witiko.«

»Mutter, sei zu tausendmal gegrüßt«, sagte Witiko.

»Sei gegrüßt, mein Sohn«, antwortete Wentila, die Mutter Witikos.

Sie reichte ihm die Hand, er küßte dieselbe, und sie küßte ihn auf die Stirne.

»Ich grüße dich auch, Witiko«, sagte die andere Frau, welche älter war als Wentila, und schneeweiße Haare hatte.

»Ich grüße dich, Base Hiltrut«, sagte Witiko, »jetzt bin ich bei euch.«

»So lege dein Schwert und deine Haube ab, und setze dich zu uns«, sagte die Base.[725]

Witiko tat es, und setzte sich auf eines der grünen Gesiedel. Die Frauen setzten sich auch wieder nieder.

»Gesegnet sei deine Rückkehr in dieses Haus«, sagte Wentila.

»Es sind fünf Jahre vergangen, seit du von Passau hieher gekommen bist, Abschied zu nehmen, und seit du von dieser Schwelle fort geritten bist«, sagte die Base.

»In dieser Zeit sind allerlei Dinge geschehen, Hiltrut«, antwortete Witiko.

»Du hast mir wieder Botschaft gesendet, die mich freute«, sagte Wentila. »Jetzt ist der üble Streit im Lande Böhmen aus.«

»Die Macht Wladislaws ist gesichert«, sagte Witiko, »und der Streit ist aus.«

»So danken wir Gott zuerst, daß unser Vaterland wieder in Ruhe ist«, sprach Wentila, »und dann danken wir, daß du nur einmal eine geringe Verletzung erhalten hast, das ist eine Gnade von dem Herrn, und dann danken wir, daß er dich hat wirken lassen, wie du immer nach deinem besten Sinne wirst gewirkt haben, und endlich danken wir, daß du geehrt und belohnt worden bist, was eine Sache ist, die vor den Menschen gilt, und die dir zu Gute kömmt.«

»Wir haben Gott dem hohen Herrn für seinen Beistand in dem Unglücke unseres Vaterlandes gedankt auf dem Schlachtfelde, wir haben ihm feierlich auf grüner Heide gedankt, weil in Mähren noch der Bann ist, und keine Kirche offen steht, wir haben ihm in der Kirche des oberen Planes gedankt, und haben ihm bei Plan unter dem offenen Himmel gedankt«, sprach Witiko, »und ich habe ihm gedankt, daß er mich erhalten hat, ich habe ihm gedankt, daß er mir in meinem guten Willen geholfen hat, und ich habe ihm gedankt, was er dem gütigen Herzoge für mich eingegeben hat. Und so danke ich ihm noch, und werde ihm zu jeder Zeit danken. Und immer[726] danke ich auch dabei, daß er mir eine so gute Mutter geschenkt hat.«

»Wir haben ihm auch gedankt, Witiko«, sagte die Mutter, »und danken ihm noch, und werden ihm wie du zu jeder Zeit danken. Und ich danke ihm auch, daß ich einen guten Sohn habe.«

»Witiko, Witiko«, sagte die Base, »du bist jetzt in deinen jungen Jahren ein Herr in dem Lande, und bist mit den anderen Herren in dem Rate des Herzogs.«

»Zum Rate muß ich mir erst das Wissen sammeln«, antwortete Witiko.

»Wer hätte das gedacht«, sagte die Base, »als du hier in deinem Kämmerlein mit dem frommen Benno die schweren Worte lerntest. Wir haben dir das Kämmerlein recht schön hergerichtet.«

»Unser Besitz ist immer klein gewesen«, sprach Wentila, »sie sagen, unsere Vorfahrer haben eine große Macht gehabt; aber wie es ist, in dem kleinen Besitze ist dein Vater, ist dein Großvater und sind alle vor ihnen gegen die Ihrigen gütig gewesen, du wirst es auch gegen deine neuen Untertanen sein.«

»Sie haben mir für das Vaterland und für die Heimat geholfen«, sagte Witiko, »und ich werde ihnen wieder helfen, wo ich kann.«

»Ich weiß es, ich weiß es«, sprach Wentila, »und mag auch, was du noch wünschest, in Erfüllung gehen.«

»Ich bitte Gott, daß es in Erfüllung geht«, sagte Witiko.

Als er diese Worte gesprochen hatte, wurde die Tür geöffnet, und ein Priester trat herein. Er hatte ein freundliches Angesicht, blaue Augen und weiße Haare.

»Erlauben mir die Frauen, zu dieser Zeit in ihr Gemach zu kommen«, sprach er, »Lutgart ist zu mir gegangen, und hat mir gesagt, daß Witiko gekommen ist, und da wollten meine Augen nicht länger warten, ihn zu schauen.«[727]

Witiko stand auf, ging zu dem Manne, und sagte: »Sei mir in Ehrfurcht gegrüßt, Vater Benno.«

»Sei gegrüßt, mein Kind«, sprach der Priester, legte eine Hand auf den Scheitel Witikos, und küßte ihn auf die Stirne.

»Wir sind erfreut, daß Ihr zu dieser Stunde gekommen seid«, sagte Wentila, »Ihr habt ja immer gesprochen, daß Ihr zu uns gehöret, und so gehöret ihr auch jetzt zu uns, da er hier ist, und es ehret uns stets, wenn Ihr unser Gemach betretet.«

»Nehmet doch einen Sitz ein, hochehrwürdiger Vater«, sprach die Base.

»Bleibe an deiner Stelle neben deiner Mutter sitzen, mein Kind Witiko«, sagte der Priester, »ich werde mir einen Platz finden.«

Nach diesen Worten setzte er sich auf einen Stuhl, und Witiko setzte sich wieder zu seiner Mutter.

»Er ist jetzt zurückgekehrt, der uns vor fünf Jahren verlassen hat«, sagte Wentila.

»Er hat wohl schon in früherer Zeit dieses Häuschen verlassen, da er ein Dienstknabe des Bischofes von Passau geworden ist«, sagte die Base.

»Der Bischof ist ein milder Herr gewesen«, antwortete Wentila, »und hat ihm oft erlaubt zu uns und zu dem hochehrwürdigen Vater Benno zu gehen, der ihn zu ihm geführt hatte, und hat ihm erlaubt, oft lange Zeit bei uns zu bleiben, und mir ist er erst fort gewesen, da er in das Land Böhmen geritten war.«

»Ich habe ihn, da er empor wuchs, alle Tage hier gesehen«, entgegnete die Base, »und als er nach Passau gegangen war, ist mir das Häuschen zu groß geworden.«

»Es ist nun so, daß Knaben von der Mutter fort gehen, um sich ein Leben zu gründen«, sagte Benno.

»Ich konnte nichts mehr tun, als für ihn beten«, sprach die Base.[728]

»Das hast du ja auch früher getan«, sagte Wentila.

»Wir haben für ihn gebetet«, sprach die Base, »wie wir für alle die Unsrigen beten, und für andere Leute und für die, auf welche niemand in einem Gebete denkt.«

»Und du hast auch in allen anderen Dingen auf ihn gedacht«, sagte Wentila, »schon da er geboren wurde, und du in Přic bei uns als Gast warest, und ich seiner wegen Krankheit nicht warten konnte, und dann, als mein lieber Ehegatte gestorben war, und wir als Gäste bei dir in Landshut lebten. Du hast in jeder Sache für ihn geschaltet.«

»Ich bin es schuldig gewesen, und dann, da er fort war, konnte ich es nicht mehr tun, und es ist mir die Zeit leer geblieben«, sagte die Base. »Er ist auch immer so gut in seinem Gemüte gewesen.«

»Ich bin für dich noch gut in meinem Gemüte, und werde es in der Zeit meines ganzen Lebens sein«, sprach Witiko.

»Ich glaube, du bist auch sonst gut in deinem Gemüte«, sagte Wentila.

»Ich meine einen guten Sinn gegen alle Menschen zu tragen«, antwortete Witiko.

»Und als er dann mit dem hochehrwürdigen Vater Benno lernen mußte, hättest du ihm gerne Honigscheiben gegeben, daß er sich nicht zu sehr kränke«, sagte Wentila.

»Hast du die lateinische Sprache nicht vergessen, Witiko?« fragte der Vater Benno.

»Wenn ich eine Schrift des Heiligen Vaters in der lateinischen Sprache sähe, würde ich sie wohl verstehen«, antwortete Witiko, »und dann hat uns ja der hochehrwürdige Bischof Regimar in Passau sehr zur lateinischen Sprache angehalten, und ich habe man ches in meinen Habschaften bei mir, das ich mit dir, hochehrwürdiger Vater Benno, gelernt habe.«

»Das Beste hat doch der fromme Vater Benno für Witiko getan«, sprach die Base, »er hat ihm Gottesfurcht[729] und schöne Sprachen und gute Sitten und Kenntnisdinge und Lebensart und, was sich in der Welt zugetragen hat, in das Herz gepflanzt, und er hat ihn auch dorthin geführt, wo er den Waffenbrauch und das Reiten und das Schwimmen und das Laufen und andere Geschicklichkeiten lernen konnte. Es ist wohl recht lieblich gewesen, da der fromme Vater Benno mit euch von Přic gekommen war, da wir alle mit einander hier lebten, da wir zu manchen guten Leuten gingen, und am liebsten wieder bei einander zu Hause waren. Es wäre schön gewesen, wenn es so geblieben wäre.«

»Es wird jetzt wieder so sein«, antwortete Witiko, »ich bin gekommen, euch alle, wie ich zu meiner Mutter auf dem Kahlenberge gesagt habe, nach Přic zu geleiten, und wenn der hochehrwürdige Vater Benno auch mit uns geht, so werden wir dort noch näher bei einander leben als hier, da wir alle in dem Hofe von Přic wohnen werden.«

»Der fromme Vater Benno ist so oft von seiner Wohnung in unser Häuschen zu dir gekommen, daß ich meinte, er sei immer hier«, entgegnete die Base. »Und es wird auch in Přic nicht dauern.«

»Die Menschen trennen sich, und haben Schmerz«, sagte Benno, »und sie kommen wieder zusammen, und haben Freude.«

»Ich weiß, daß es so ist«, sprach die Base, »und gebe den Scheidenden Segenswünsche auf den Weg, und freue mich, wenn sie wieder kommen.«

»Der hochehrwürdige Vater Benno hat gesagt, Witiko«, sprach Wentila, »daß er mit uns nach Přic gehen wird.«

»Ich werde dahin gehen«, sagte Benno, »und werde die Menschen wieder sehen, die ich dort kenne, und werde auf dem Grab deines Vaters beten, Witiko.«

»Es ist mir eine große Freude, daß du nach Přic gehst, Vater Benno«, antwortete Witiko, »ich werde sorgen, daß die Reise leicht ist.«[730]

»Witiko, mein Kind«, sagte Benno, »du hast uns Nachrichten von dir geschickt, und das ist gut gewesen, wir lebten wie mit dir. Du hast nun in der Zeit, in der du fort gewesen bist, Dinge der Welt gesehen, wie sie Schicksale der Menschen gründen und stürzen.«

»Hochehrwürdiger Vater«, antwortete Witiko, »du hast an mir so Großes und Gutes getan, daß du mich unterwiesest, belehrtest und anleitetest, daß ich es erst jetzt, da ich diese Dinge der Welt gesehen habe, recht erkenne und besser erkenne als früher, und daß ich dir es erst jetzt danke und besser danke als früher, und daß ich es immer noch besser erkennen und danken werde. Du hast mir von dem erzählt, was zwischen Menschen in früheren Zeiten geschehen ist, und du hast mich die Taten, wie sie gut und böse sind, und wie sie erfolgreich sind, schauen lassen. Ich habe daher in den Dingen, bei welchen ich jetzt war, manches gelernt, und werde bei anderen Dingen wieder manches lernen.«

»Daß ich dir meinen armen Unterricht zu Teil werden ließ, Witiko«, sagte Benno, »das ist so, wie der Gärtner eine Blume zieht, daß sie schön werden soll, und wie er sich an der Pflanze freut. Und ich bin mit deinem Vater in Freundschaft gewesen, ich liebte ihn, und er liebte mich, wie ein Bruder den andern liebt, und da er gestorben war, dachte ich immer an dich, Witiko. Und wenn du in menschlichen Dingen gelernt hast, und noch lernen wirst, so ist es wie bei uns allen, die wir lernen müssen, bis wir in das andere Leben kommen.«

»Bist du noch mit Emsigkeit daran, die Geschicke der Kaiser aufzuschreiben?« fragte Witiko.

»Als ich nach einer langen Krankheit die Besorgung der Kirche meiner Gläubigen aufgeben mußte«, sagte Benno, »habe ich angefangen, in meiner Stube aufzuschreiben, was den hocherhabenen Kaisern begegnet ist, da sie noch lebten, und ich fahre darin fort, und werde darin fortfahren,[731] bis ich auf den Kaiser unserer Zeit komme, wenn mir Gott das Leben so lange fristet.«

»Da können viele lernen, denen die Worte bekannt werden«, sagte Witiko.

»Ich habe daraus gelernt«, antwortete Benno, »die Menschen lernen aber nicht gerne aus den Schicksalen anderer.«

»Silvester sagte, sie handeln nach ihrer Lust«, sprach Witiko.

»Davon ist das Unglück des Landes Böhmen ein Zeuge«, antwortete Benno, »sie üben Rache und ergötzen sich an der Grausamkeit der Rache, sie reißen Güter mit Gewalt an sich, und genießen die Güter mit Übermut. Dann kömmt ein anderer, und rächt sich an ihnen und nimmt die Güter wieder, oder ein starker Herzog wirft die Empörer nieder, zieht ihr Gut an sich, und stürzt sie in Ohnmacht. Und die nach ihnen kommen, üben wieder Rache, üben wieder Gewalt, und werden wieder gestürzt. So ist es oft gewesen, und so wird es wieder sein, wenn nicht ein fester Brauch errichtet wird, wie der Herzog nach dem Tode des frühern Herzoges folgen soll, und wenn nicht der heilige Glaube tief gegründet, und in schönen Ordnungen durch das ganze Land geleitet wird, daß er die Herzen erleuchtet. Möge der Segen des Himmels auf Guido, dem Gesandten des Heiligen Vaters, ruhen, der erwartet wird.«

»Viele erwarten ihn mit Ungeduld«, sagte Witiko.

»Mögen sie aber auch seinem Tun entgegen kommen«, sprach Benno. »Mein Kind, wenn du nicht anders als in deiner frühen Jugend bist, so wirst du gewiß nicht Hochmut, Raub und Unterdrückung üben. Und dir wird ein großes Gut entstehen, die Liebe der Deinen, und dazu wird der Himmel sich freuen. Aber auch deine Macht wird sich vermehren, wenn man gleich ihre Vermehrung nicht sieht. In jedem Baume deines Waldes wächst dir[732] Reichtum empor, und in jedem Baume wächst deinen Untertanen Reichtum empor, an ihrem Reichtume wirst du reicher, und in ihrer Willigkeit wirkst du in das Schicksal unseres Landes. Du wirst auch die Gebote unseres Glaubens hegen, und ihn in seinen Dienern weiter unter die Deinigen verbreiten, und ein viel höherer Lohn des Herrn wird dich dereinst erwarten, als hienieden irdische Macht ist. Und wenn nach dir wieder Männer kommen, die so sind, so wird ein Geschlecht entstehen, schöner und herrlicher, als die Sage von deinen Vorfahrern dichtet.«

»Hochehrwürdiger Vater«, sagte Witiko, »da ich ein Kind war, und da ich empor wuchs, hast du so viel zu mir gesprochen, und hast vor mir gehandelt, meine ehrwürdige Mutter hat zu mir gesprochen, und hat vor mir gehandelt, meine ehrwürdige Base hat zu mir gesprochen, und hat vor mir gehandelt, ich habe die Handlungen des guten Bischofes Regimar gesehen, und ich habe jetzt viele Handlungen gesehen, von denen einige den deinigen ähnlich, andere ihnen entgegengesetzt waren. Ich werde immer so handeln, wie es in mir bei euch allen und bei dem guten Bischofe Regimar geworden ist, und wie es sich durch das, was ich jetzt gesehen habe, noch mehr gefestigt hat. Ich habe zu meiner Mutter auf dem Kahlenberge gesagt, ich möchte ihr Genüge tun, und dann dir, Benno, und dann Silvester, und dann noch einem Menschen, und was ich gesagt habe, werde ich halten.«

»Aus den Nachrichten, die Witiko gesendet hat«, sagte Wentila, »und aus den Nachrichten, die der fromme Vater Benno von Lechen und Herren erhalten hat, glauben wir, daß Witiko so ist, wie er gewesen ist, und er wird auch in der Zukunft so sein. Dieses glaubt auch der hochehrwürdige Benno, und die gute Base.«

»Witiko kann ja nicht anders sein als er ist«, sagte die Base.[733]

»Ich habe dir auf dem Kahlenberge gesagt, Mutter«, antwortete Witiko, »daß der hochehrwürdige Silvester nicht alles lobt, was ich getan habe. Ich will mich nach seinen Worten richten, und werde klüger werden. Ich habe nach meinem guten Sinne gehandelt, und werde in der Zukunft nach gutem Sinne und immer besserer Einsicht handeln.«

»Handle so, und das andere richtet Gott«, erwiderte Benno. »Und weil du noch von einem Menschen gesprochen hast, dem du recht tun möchtest, mein Kind, so spreche ich auch von ihm. Es wird sich jetzt erfüllen, was du in deinen Gedanken trägst. Ehre deine Gefährtin, sie wird dich wieder ehren, und ihr werdet Freude haben bis in das höchste Alter.«

»Es ist der tiefste Wunsch meines Herzens, daß deine Weissagung erfüllt wird«, sagte Witiko.

»Sie wird es gewiß, Kind Witiko«, sagte die Base, »und meine Augen werden es schauen.«

»Nun, meine lieben Frauen«, sprach Benno, »ihr werdet noch manches mit Witiko reden wollen, ich verabschiede mich. Witiko, komme, so lange du in Landshut bist, zuweilen zu mir in meine Stube, und erlaube, daß ich auch öfter in dein Kämmerlein komme.«

»Ich werde kommen«, antwortete Witiko, »und werde erfreut sein, wenn du zu mir kömmst.«

»So gehabt euch alle wohl«, sagte Benno.

»Gehabt Euch wohl, hochehrwürdiger Herr«, sagten die Mutter und die Base.

»Gehabe dich wohl, Vater Benno«, sagte Witiko.

Und der Priester Benno erhob sich von seinem Sitze, und verließ das Gemach.

Wentila, Witiko und die Base sprachen noch lange und mancherlei mit einander.

Dann ging Witiko wieder in die Herberge, ordnete dort verschiedene Dinge an, und sah nach den Leuten und den Tieren.[734]

Hierauf ging er in das kleine Häuschen zu der Mutter und der Base zurück. Sie hatten ein Abendessen gerichtet, verzehrten es mit einander, und Witiko legte sich dann in dem Kämmerlein seiner Kindheit auf ein Lager, das größer als damals bereitet worden war.

Er blieb eine Woche in Landshut, indessen sich die Frauen und Benno zur Reise rüsteten.

Er ging jeden Tag zu Benno, und Benno zu ihm.

Dann begaben sich alle auf den Weg nach Přic. Die Frauen und die Dienerinnen wurden von Saumrossen in Sänften getragen. Auch das alte Mütterlein Marhild wurde mitgenommen. Die Männer ritten. Die Habschaften trugen ebenfalls Saumtiere.

Als sie in Přic ankamen, waren viele Menschen versammelt, und grüßten sie mit Zurufen der Freude. Sie riefen die Namen, und wiederholten den Ruf öfter. Alle Leute des Hofes standen vor dem Tore, und grüßten die Herrin und den Herrn, und den hochehrwürdigen Vater Benno und die Base, und endlich auch die Männer des Geleites Witikos, und die Frauen des Geleites Wentilas.

Als die Männer von den Pferden gestiegen waren, und die Frauen aus den Sänften gehoben hatten, führte Witiko die Mutter in die Wohnung des Hofes, welche immer die ihrige gewesen war. Dann geleitete er die Base in die zwei Gemächer, in denen sie gehauset hatte, als sie gastlich in dem Hofe Přic beherbergt worden war. Dann geleitete er Benno in die Stube, in welcher er das Buch der Kaiser aufzuschreiben begonnen hatte. Hierauf ging er erst in seine Wohnung. Die Gemächer der Mutter waren noch in dem nämlichen Stande, in dem sie gewesen waren, als sie mit ihrem Gatten in denselben gewohnt hatte. Die zwei Gemächer der Base waren daneben, und waren auch in der früheren Gestalt. Und so war auch die Stube Bennos. Witiko hatte nur eine Stube und ein Kämmerlein. Für die Unterkunft des Geleites wurde durch Gemächer[735] und in der ersten Nacht auch durch Gezelte gesorgt.

An dem Morgen nach der Ankunft gingen die Mutter, die Base, Benno und Witiko mit einem Gefolge in die Kirche, die auf einem Berge bei Přic stand. In der Kirche wurde der Gottesdienst gefeiert, und dann beteten sie auf den Gräbern des Vaters Witikos, seines Großvaters und seines Urgroßvaters. Die Gräber der anderen Vorfahrer wußte man nicht mehr.

Und nach dieser heiligen Handlung begannen sie das Leben in Přic.

Die Leute des Hofes, die Leute, die zu dem Gebiete des Hofes gehörten, und die Leute, die sonst in der Umgebung wohnten, kamen, und bezeugten Witiko Ehrerbietung und Huldigungen zu seiner Standeserhöhung.

Er besah die Angelegenheiten des Hofes, und besprach sich mit den Seinigen darüber.

Als die Blätter der Bäume abgefallen waren, ritt er an den Hof des Herzogs Wladislaw nach Prag. Er wurde von dem Herzoge mit Ehren empfangen, und wenn Rat war, zu demselben gezogen. Er saß bei den Herren und Lechen, und sprach, wenn von den Geschicken des Landes gesprochen, und über dieselben ein Entscheid eingeleitet wurde. Er durfte zu der Herzogin kommen, und wurde von ihr über sein Leben und das Leben der Seinigen befragt. Er ging zu den Herren und Lechen, die er kannte, und die in Prag waren, er ging zu Welislaw, der nach dem Tode des früheren Županes vom Wyšehrad jetzt als Župan auf dem Wyšehrad wohnte. Er ging auch zu dem hochehrwürdigen Bischofe Otto, und wurde von ihm in dem Gemache empfangen, in welchem er einmal mit dem gewählten Bischofe Silvester geredet hatte. Er ging zu dem Baue der Kirche des heiligen Veit, und betrachtete, wie weit er gediehen sei. Er ging zu dem Kloster des heiligen Georg, und sah, wie man es wieder errichtete,[736] und er ging an manche Stellen der Stadt und der Burgflecken, um zu sehen, was man seit der Belagerung wieder erneuere und verschönere. Er ging auch mit seinem Pergamente in die Kammer des Herzoges, und sagte, daß er keinen Wunsch einer Änderung habe. Es wurde in einem zweiten Pergamente der genauere Bestand seines Gebietes aufgeschrieben, an die beiden Pergamente hingen viele Herren und Lechen ihre Siegel, und die Pergamente wurden ihm gegeben. Er bewahrte sie in einem festen ledernen Trühelchen bei den Sachen, die ihm wert waren. Er ging auch zu verschiedenen Männern, und beriet sich mit ihnen über Dinge, die er vor hatte.

Dann verabschiedete er sich von Prag, und ritt zu Silvester.

Von Silvester ritt er wieder nach Přic.

In Přic lebte er im Winter mit seiner Mutter, mit Benno, und mit der Base, und sie beratschlagten, was in dem Walde geschehen müsse, und was überhaupt in der Zukunft weiter zu tun sei.

Im Frühlinge ritt er mit seinem Geleite in den Wald gegen Mittag.

Er ritt in den Wangetschlag, und hieß seine Leute Gezelte vor dem Häuschen errichten.

Als er von dem Pferde gestiegen war, wurde er von Huldrik, der sein Haupt entblößt, und seinen Nacken gebeugt hatte, in die Stube geführt. Er legte seine Haube und sein Schwert ab, setzte sich an den Tisch, und sagte: »Sei mir sehr viele Male gegrüßt, du guter alter Huldrik.«

Huldrik fiel auf die Knie vor Witiko nieder, und rief: »Witiko, Witiko, ein Witiko wird kommen, und Witiko ist gekommen.«

»Stehe auf, Huldrik«, sagte Witiko, »ich kann sonst nicht mit dir reden.«

»Lasset mich nur Gott danken, daß meine Augen es schauen«, sagte Huldrik.[737]

Dann rief er: »Ich danke dir, Gott, ich danke dir, Gott.«

Dann stand er auf, und schluchzte, daß sein ganzer Körper erzitterte.

Regina stand neben ihm, und weinte auch, wie Lucia in dem oberen Plane geweint hat. Der neue Knecht, der an Jakobs Stelle jetzt in dem Häuschen war, stand auch da, und die Tränen flossen ihm herab.

»So fasse dich, mein lieber alter Huldrik«, sagte Witiko, »ich habe es dir ja versprochen, daß ich nach dem mährischen Kriege kommen werde, als ich mit den Männern im vorvorigen Winter an deiner Leuchte saß.«

»Aber wie Ihr kommen werdet, habt Ihr nicht gesagt; ich aber habe gesagt, daß ich es erleben werde, und daß ich Euch den Bügel halten werde, wenn Ihr in Euer neues Schloß einzieht«, rief Huldrik, »und nun ist es da, Ihr seid der Herr im Walde, so weit meine Augen sehen und noch weiter, und Eure Macht wird noch wachsen, bis sie unendlich ist. Der reichste Herr des Stammes wird Milch und Honig an dem Buchentische essen, Ihr habt sie gegessen, und ich habe gesagt, daß es sehr schnell geht, und nun geht es schnell, und Ihr werdet der reichste Herr des Stammes.«

»Huldrik«, entgegnete Witiko, »und ich habe dir gesagt: Versuchen wir nicht Gott. Der gute Herzog Wladislaw hat mir Waldesland gegeben. Ich werde in demselben schalten, wie ich es für gut und recht halte, und wenn es sein kann, es vermehren, ich werde den Leuten Gutes tun, und dir und dem Wangetschlage gewiß nicht das wenigste.«

»Das ist der Anfang« sagte Huldrik, »alles muß einen Anfang haben, und der Anfang ist gewesen, wie Ihr zu Milch und Honig habt kommen müssen. Und wie jetzt Eure Leute Gezelte vor diesem Hause bauen, so werden Lager vor Euerem Schlosse hier sein, weit dahin, und Tausende von Zelten, und Rosse und Reiter, und Wagen[738] und Männer mit Edelsteinen und Waffen, die gekommen sind, Euch zu huldigen, und es werden Hunderte und Tausende von Eiern verzehrt werden und Tausende von Fischen und Tausende von Hühnern und Tausende von Lämmern, und das Heu für die Pferde wird wie ein häusergroßer Schober lagern, und Ihr werdet wie ein König sein, der noch genug hat, und der einen Hofrichter und einen Schenken und einen Truchseß und einen Kämmerer besitzt.«

»Indessen sollen wir doch denen, die draußen Gezelte bauen, behilflich sein«, sagte Witiko, »und ihnen mit Rat und Weisung beistehen.«

»Ja, das sollen wir, und so ist es der Burggebrauch«, sagte Huldrik.

»So tun wir es«, entgegnete Witiko.

Witiko nahm seine Haube und sein Schwert, und sagte dann zu dem Knechte und zu der Magd: »Ich grüße euch freundlich, lasset euch nicht leid sein, was ihr für mich und die Meinigen Mühe habt.«

»Wir tun alles gerne, recht gerne«, sagte der Knecht.

Regina küßte den Ärmel von Witikos Kleide, und weinte fort.

Dann gingen Witiko und Huldrik hinaus zu den Männern, die draußen das Lager machten, und der Knecht folgte.

Es waren die Säumer mit Witikos Habe angekommen, und er ließ die Dinge in das Häuschen bringen.

Leute aus den Häusern von dem Wangetschlage gingen herzu, und betrachteten, was da geschah. Einige riefen Witiko Heil und Segen zu, und grüßten ihn. Er dankte, und redete mit mehreren. Viele halfen bei dem Lager.

Am Abende kam der alte Johannes, und es kamen manche, welche mit Witiko in dem Kriege gewesen waren, zu dem Häuschen. Sie saßen vor demselben auf Bänken, die man aus Brettern errichtet hatte, und sprachen von den Dingen, die gewesen sind, und die etwa sein werden.[739]

Am nächsten Tage kaufte Witiko eine Wiese und ein Feld, welche zu dem Besitztume gut gelegen waren.

»Seht Ihr, wie es sich erfüllt«, sagte Huldrik, »aber es wird noch viel um das Schloß nötig sein.«

»Ich sage es dir, Huldrik«, antwortete Witiko, »du wirst mir den Bügel halten, wenn ich in mein Haus einziehe; aber wie noch alles wird, ist in Gottes Hand.«

»Es wird, es wird«, sagte Huldrik. »Und wenn es doch wäre, daß es nicht würde, dann, dann.«

»Was dann?« fragte Witiko.

»Dann müßte noch ein Witiko kommen, der das Schloß baut, in dem die goldenen Tische stehen werden, an denen man aus goldenen Schüsseln essen wird«, antwortete Huldrik. »Mein Vater hat es gesprochen, mein Großvater hat es gesprochen, und mein Urgroßvater, und es stammet von dem Himmel.«

»Die Dinge gehen oft auf eine andere Art in Erfüllung, als wir uns denken«, sprach Witiko.

»Sie erfüllen sich, wir denken oder nicht«, sagte Huldrik.

»So werden sich auch diese erfüllen«, sprach Witiko.

»Sie werden, sie werden, und Ihr werdet es sehen«, entgegnete Huldrik.

Witiko blieb zwei Tage in dem Wangetschlage. Dann ritt er nach Friedberg.

In Friedberg kaufte er das steinerne Haus mit dem starken runden steinernen Torbogen, in welchem er einmal mit seinem Führer Florian übernachtet hatte. Er machte die Einleitung, daß das Haus für ihn und sein Gefolge, so weit es möglich wäre, hergerichtet würde. Dann fragte er, ob Männer wären, die bei der Grabung eines Brunnens arbeiten und mauern könnten. Man nannte ihm die Männer. Er ließ sie rufen, und sagte ihnen, daß sie sich bereit hielten, wenn er sie brauche. Sie versprachen es.

Hierauf ritt er in den oberen Plan. Von dort sandte er Botschaft an den Župan Lubomir nach Daudleb. Lubomir[740] sandte Botschaft zurück, daß nach fünf Tagen Wentislaw, der Župenrichter, zur Verkündung der Herrschaft Witikos kommen werde. Witiko sendete Boten aus, und ließ alle Richter aller Orte seiner Besitzung auf den Tag nach Plan entbieten.

Als der Tag gekommen war, wurde ein Tisch vor die Kirche von Plan gestellt. Und als Wentislaw und Witiko und die Richter und viele Menschen dem Gottesdienste beigewohnt hatten, traten Wentislaw und Witiko vor den Tisch. Der Pfarrer stellte ein Kreuz des Heilandes auf den Tisch, und ging dann an die Seite Witikos. Die Richter standen in einer Entfernung von dem Tische mit den Angesichtern gegen Wentislaw und Witiko. Weiter zurück und herum standen die andern Menschen. Wentislaw las nun den Befehl des hocherlauchten Herzoges Wladislaw, daß Witiko von Přic mit Gebieten des Waldes und allen Gebühren begabt worden sei. Er las aus dem Pergamente die Orte und das Gebiet und die Grenzen, und forderte die Richter zum Gelöbnisse der Untertänigkeit unter Witiko auf das Kreuz des Heilandes auf.

Die Richter gelobten die Untertänigkeit unter Witiko auf das Kreuz des Heilandes.

Dann rief der Schmied von Plan mit lauter Stimme: »Heil dem guten Witiko, den wir zu unserem Herrn erkoren haben.«

»Heil Witiko«, riefen die Menschen rings herum.

Und wieder riefen sie Heil, und wiederholten es mehrere Male.

»Witiko, der Obmann im Kriege, und der Obmann zu Hause«, rief David, der Zimmerer.

»Der Obmann im Kriege und der Obmann zu Hause«, riefen die Menschen.

»Wir haben es auf jenem Berge so gesagt, daß er uns führen müsse, ehe noch die Schlacht gewesen ist«, rief Zacharias,[741] der Schenke, »und er hat es gut gemacht, und er ist wie wir, und wir sind wie er. Und es ist alles gut.«

»Und er hat die ganzen Waldleute, die auch nicht zu uns gehörten, geführt, als der grüne Feldherr erschlagen war«, rief Paul Joachim, der Maurer, »und es ist gut gewesen, wir haben ihn verstanden, und alles ist gut gewesen, und ist jetzt gut.«

»Die zu Hause wissen nicht, wie es im Kriege ist«, rief Stephan, der Wagenbauer, »aber wir, wir können es sagen, daß es nun gut ist.«

Tom Johannes, der Fiedler, sprang hervor, daß er zwischen den Leuten und den Herren stand, er streckte seine verstümmelte Hand empor und die andere auch, und machte mit den Mienen und den Händen Zeichen, daß er reden wolle. Als alle stille waren, rief er: »Ja, wir wissen es, die wir in dem Kriege gewesen sind, wir wissen es, wir wissen alles; aber alle wissen nicht, wie es sich gebührt, und wie es in der hohen Sitte bei dem Herzoge ist und bei den großen Lechen und bei den Herren und bei denen, die es verstehen, und wer es versteht, dem müssen sie folgen, und ich sage euch, da redet ihr alle, bevor der Herr geredet hat, als ob ihr vornehmer wäret, erst redet der Herr und dann der Untertan.«

»Du redest auch vor dem Herrn, und mehr als wir alle«, rief Zacharias, der Schenke.

Die Menschen lachten; aber sie schwiegen.

Da sprach Witiko: »Redet, es rede, wer da wolle.«

Sie redeten aber jetzt nichts mehr.

Da erhob Witiko seine Stimme, und rief: »Richter der Häuser und Orte meines Gebietes, ihr habt mir das Gelöbnis der Untertänigkeit für alle Menschen des Gebietes auf das Kreuz des Heilandes geleistet, ich nehme das Gelöbnis an, und leiste auf das Kreuz des Heilandes euch und allen Menschen des Gebietes das Gelöbnis der Treue eines Herren gegen seine Untertanen und der Erfüllung[742] der Pflichten der Herrschaft entgegen. Ich beginne an dem heutigen Tage die Herrschaft, und sage: den zehnten Teil dessen, was ihr dem hocherlauchten Herzoge Wladislaw als Gebieter des Waldlandes gegeben habt, erlasse ich euch auf die Zeit meines Lebens. Das andere werdet ihr mir entrichten. Die Dienste für mich allein zu meinem Bedarfe und zu meinem Vergnügen werde ich nicht von euch erzwingen, meine Bauwerke, meine Wege, meine Stege und Brücken, meine Reisen, meine Jagden und meine Bewachung schöpfe ich aus meinem Eigentume. In den Diensten für das Gebiet und für den hocherlauchten Herzog werde ich euch nicht bedrücken, und werde euch, wenn die Notwendigkeit dazu kömmt, die Notwendigkeit darlegen. Den Guten werde ich gut sein, wie ein Genosse des Waldes dem Mitgenossen des Waldes ist. Die da fehlen, werde ich zu bessern suchen, und wenn Strafe sein muß, werde ich nach dem Erweise der Schuld milde aber sicher strafen. Wer Hilfe braucht, der komme zu mir, und ich werde nach meinen Kräften helfen. Die Tore meiner Wohnung werden offen stehen, daß keiner meiner Untertanen ausgeschlossen ist. Ich danke euch, daß ihr gekommen seid, gehet zu den Eurigen und verkündet, was ich gesagt habe.«

Als er diese Worte mit lauter Stimme gerufen hatte, entstand ein Schreien in dem Volke, daß kein einziger Ruf zu verstehen war; aber es war ein Schreien der Zustimmung und ein Schreien der Freude. Sie drängten sich herzu, daß kein Raum mehr zwischen ihnen und Witiko war, und es stieß einer den andern. Und in dem Schreien des Volkes hörte man das Aufweinen von Kindern und das Kreischen von Weibern, die gedrückt wurden. Die Richter aber streckten ihre Hände gegen Witiko, und er reichte jedem die seinige. Und als das Schreien sich gemildert, und als man einzelne Rufe vernommen hatte: »Heil Witiko«, »Segen Witiko«, »Das ist recht«, »Das[743] ist gut«, und als nur mehr die Stimmen durcheinander redeten, nannte Witiko jeden Richter mit seinem Namen, und sagte ihm, daß er seine Insassen und seine Angehörigen grüßen möge.

Dann wurde das Kreuz des Heilandes in die Kirche getragen, Witiko und Wentislaw und der Pfarrer und der Richter von Plan bahnten sich einen Weg durch die Menschen, und gingen gegen das steinerne Häuschen Witikos. Alle Menschen, die vor der Kirche gewesen waren, gingen mit ihnen, und die zu Hause hatten bleiben müssen, standen jetzt auf der Gasse, und sahen dem Zuge nach, und immer dauerte das Rufen der Freude und das Jubeln. Witiko und seine Gefährten traten in das Häuschen, und verzehrten dort ein Mahl. Als das Mahl geendiget war, kamen junge Männer und Mädchen in ihrem Festtagputze auf die Gasse vor dem Häuschen, und sangen Lieder. Witiko und seine Gäste gingen zu ihnen hinaus, und hörten zu. Und als die Lieder zu Ende waren, dankte Witiko den Sängern und Sängerinnen herzlich, und es dankten die Gäste. Dann dankte Witiko auch den Menschen, die noch immer auf der Gasse versammelt waren, und sie zerstreuten sich nach und nach.

Am nächsten Tage ritt Wentislaw mit seinem Geleite wieder gegen Daudleb zurück.

Als die Morgenstunden dieses Tages vergangen waren, kamen der Pfarrer und der Richter von Plan mit mehreren Männern zu Witiko, und brachten ihm die Huldigung von Plan dar. Er reichte ihnen Brod und Salz, und dankte. Dann sprachen sie von verschiedenen Dingen. Witiko sagte, er werde von Männern wie Lubomir und Bolemil lernen, was in dem Walde zu tun sei, es liege ein Schatz in dem Walde, der gehoben werden könne. Wenn er die Mittel wisse, werde er jedem, der es wünscht, in seinem Gebaren behilflich sein. Die Männer dankten, und sagten, sie würden sich folgsam erweisen. Witiko lud[744] sie ein, an den Abenden, so lange er da sei, zu ihm zu kommen. Die Männer versprachen es.

Und am Abende des Tages saß er mit vielen Männern vor dem Häuschen, und sie sprachen, bis die Zeit zum Nachhausegehen gekommen war.

Witiko ging auch an Abenden in andere Häuser, und saß dort bei den Männern, die sich versammelt hatten.

In diesen Tagen kamen noch Richter mit Männern aus Waldstellen nach Plan, um Witiko die Huldigungen darzubringen. Er sprach zu ihnen, wie er zu denen von Plan gesprochen hatte.

Hierauf ritt er nach Friedberg, und wohnte in dem steinernen Hause. Da kamen auch noch Richter mit Männern zur Huldigung, und es wurde gesprochen, was in Plan gesprochen worden war.

Eines Tages sandte Witiko Botschaft an den Brunnenmeister in Daudleb. Der Brunnenmeister kam nach einer Zeit zu ihm. Witiko ließ die Brunnenarbeiter, mit denen er bei seinem früheren Aufenthalte in Friedberg gesprochen hatte, kommen, und er ging dann mit allen durch den breiten Wald hinauf zur Stelle, auf welcher die Säule des heiligen Apostels Thomas gestanden war. Dort, sagte er, möchte er einen Brunnen graben lassen, wenn man gutes Trinkwasser finde. Der Brunnenmeister meinte, es werde reines Trinkwasser im Granitsteine gefunden werden. Und dann bestimmte er die Zeit, wann begonnen werden könnte, und machte die Vorbereitungen. An dem bezeichneten Tage begannen die Männer zu graben. In der Zeit, da sie gruben, ritt Witiko mit einem Geleite zu Lubomir, zu Rowno, zu Diet von Wettern, zu Osel und den anderen Herren, die in der Nähe seines Gebietes hausten. Diese Herren kamen dann auch mit Geleiten zu Witiko in das steinerne Haus nach Friedberg, und wurden von ihm bewirtet.

Es kam auch der Richter von Friedberg mit mehreren[745] Männern zu ihm, und sie baten ihn um Unterstützung zur Erweiterung des kleinen hölzernen Kirchleins. Witiko sagte die Unterstützung zu, und bald wurden die Anstalten zu dem Baue gemacht.

An einem Tage kam auch Huldrik zu Witiko, und sagte, daß er eine Bitte habe.

»So bitte, Huldrik«, sagte Witiko, »es wird nichts Ungebührliches sein, und ich werde es erfüllen.«

»Es ist etwas Notwendiges«, sagte Huldrik.

»So sprich«, sagte Witiko.

»Ich bitte, erlaubet mir, daß ich auf dem steinernen Torbogen dieses Hauses, in dem Ihr wohnt, eine Rose mit fünf Blättern einmeißeln lassen darf«, sagte Huldrik.

»Liegt dir viel daran, daß dies geschehe?« fragte Witiko.

»Es ist ein Zeichen der Zeiten, und die Zeichen und die Zeiten werden wachsen«, antwortete Huldrik.

»So lasse die Rose meißeln«, sagte Witiko.

»Und die fünf Blätter werde ich ein wenig mit der roten Farbe bemalen lassen«, sprach Huldrik, »denn die Rose ist die rote Rose.«

»Mir sind die roten Waldrosen einmal ein Zeichen geworden«, sagte Witiko.

»Seht Ihr«, sprach Huldrik.

»So mache sie rot, aber nur ein wenig«, entgegnete Witiko.

»Nur so viel, daß die Rose die rote Rose ist«, sagte Huldrik.

»So tue es, und mache deine Vorbereitungen, wenn du einmal anfangen willst«, sprach Witiko.

»Es muß jetzt geschehen«, sagte Huldrik.

»Wer wird die Rose machen?« fragte Witiko.

»Elias, der Steinhauer von Plan«, antwortete Huldrik, »und er wird auch die rote Farbe bringen.«

»So sei es«, sagte Witiko.[746]

Huldrik ging nun in den oberen Plan, und kam mit dem Steinhauer Elias zurück. Elias begann nun auf einem Gerüste an dem Torbogen zu meißeln, und meißelte fünf Tage, und Huldrik stand fünf Tage bei ihm. Dann wurde das Gerüste weggenommen, und man sah auf dem Scheitel des steinernen Torbogens eine fünfblättrige Rose mit schwacher roter Farbe.

»Erlaubet, hoher Herr«, sagte Huldrik zu Witiko, »daß ich den Werklohn für Elias aus dem Eigen des Hauses in dem Wangetschlage zahle, weil von dem Wangetschlage alles stammt.«

»So tue es«, sagte Witiko.

»Und habet Dank, daß Ihr das Werk erlaubt habt«, sprach Huldrik.

Dann zahlte er Elias den Arbeitslohn, zeigte den Leuten von Friedberg die rote Rose, und erklärte ihre Bedeutung, und ging wieder in den Wangetschlag zurück.

Und da Witiko in dem steinernen Hause in Friedberg wohnte, kamen öfter Menschen aus verschiedenen Stellen des Waldes, und brachten Geschenke zu ihm und zu seinem Geleite, das im Hause war, und zum Teile noch an der Moldau lagerte. Sie brachten Feldfrüchte, Geflügel, Fische, Tierfelle, ein Lamm, ein Zicklein, und ähnliche Dinge. Witiko nahm die Geschenke, und gab Gegengeschenke.

Nach einer Zeit kam ein Brunnenarbeiter zu Witiko, und sagte, daß sie auf Wasser gelangt seien.

»So ruhet drei Tage an dem Brunnen, und vergnüget euch«, sagte Witiko, »daß wir sehen, ob das Wasser sich kläre. Am vierten Tage werde ich mit Männern zu euch hinauf kommen, daß wir das Wasser beschauen und begrüßen.«

Witiko ließ nun den Pfarrer, den Richter, die Ältesten und die Kirchenvorsteher von Friedberg, dann den Richter und die Vorsteher von der Friedau, den Richter und[747] die Vorsteher von der Stift und den Waldhäusern des Heurafels, vom Kirchenschlage, von der unteren Moldau, und von anderen nahen Stellen bitten, daß sie von heute am vierten Tage zu ihm kommen, und mit ihm zum Brunnen des heiligen Thomas gehen möchten. Wenn noch andere Menschen mitgehen wollen, so werde es ihm eine Freude sein.

Und die Männer, welche gerufen worden waren, kamen alle an dem vierten Tage zu Witiko, und er ging mit ihnen und mit Leuten seines Gefolges durch den großen Wald zu dem Brunnen empor. Viele andere Menschen gingen aus Neugierde mit.

Als sie zu dem Brunnen gekommen waren, und sich um ihn herum gestellt hatten, sagte Witiko zu dem Brunnenmeister von Daudleb: »Nun zeige uns das Wasser.«

Der Brunnenmeister nahm einen Eimer aus Ahornholz, und stieg mit demselben auf der Leiter in den Brunnen hinab. Er brachte den Eimer mit Wasser gefüllt herauf, stellte ihn auf einen Bock, und sagte: »Siehe das Wasser, hoher Herr.«

Witiko blickte in den Eimer, und sprach: »Ich sehe den Boden des Gefäßes und die Fäden des Holzes so klar wie durch die klare Luft.«

Und auch die andern schauten in den Eimer.

Dann sagte Witiko: »Urban, reiche den Becher.«

Urban nahm aus einem Lederfache, das er trug, einen silbernen Becher, und reichte denselben Witiko.

Der Brunnenmeister schenkte aus dem Eimer Wasser in den Becher.

Witiko sagte: »Das Silber blickt glänzend aus dem Wasser.«

Dann setzte er den Becher an den Mund, trank, und sagte: »Das Wasser ist lieblich wie die lieblichen Steinquellen unserer Wälder.«

Er reichte den Becher dem Pfarrer von Friedberg, und[748] der Pfarrer trank. Und die anderen Männer, die Witiko geladen hatte, tranken aus dem silbernen Becher, der immer wieder gefüllt wurde.

Die Männer sagten: »Das Wasser ist wie das beste, das aus den Waldfelsen quillt.«

Der Becher wurde wieder in das Fach getan.

Hierauf sprach Witiko: »Männer, ihr sagt, daß das Wasser gut sei für menschliches Leben.«

»Sehr gut«, riefen die Männer.

»Und wird es in Fülle sein, und wird es dauern?« fragte Witiko den Brunnenmeister.

»Es wird in Fülle sein, und dauern«, sagte der Brunnenmeister, »es sind drei Quellen auf dieser Höhe, und eine davon haben wir in dem Brunnen gefangen; sie strömt unten nicht mehr hervor.«

»Und alle, die hier vorüber kamen, haben in den dürresten Jahren aus den Quellen getrunken«, sagte der alte Melchior von der Stift.

»Die Feldquellen versiegen, die Waldquellen nicht«, sagte der alte Wenhart von der Friedau.

Nach diesen Worten nahm Witiko seine Haube von dem Haupte, und sagte: »So danke ich Gott für die Erfüllung meines Sinnes, daß ich mir hier ein Haus bauen kann. Um den Brunnen werde ich mir in der Mitte des Waldes ein Haus bauen, in der Mitte derer, die jetzt zu mir gehören. Ich habe euch gebeten, mit mir zu dem Brunnen zu gehen, daß ihr Zeugen dessen seid, was geschehen soll. Sagt es den Eurigen. Du aber, Brunnenmeister, fertige den Brunnen aus, daß er ein Burgbrunnen wird. Ich werde die Einleitungen zu dem Baue fortführen, und werde euch bald bitten können, daß ihr der frommen Handlung beiwohnet, wenn zu diesem Baue die erste Erde mit der Schaufel aus dem Grunde gehoben wird. Jetzt erquicket euch mit einem Trunke Wein, und dann gehen wir wieder nach Friedberg.«[749]

Er setzte seine Haube wieder auf, und ging mit den Gästen in die Brunnenbauhütte zu einem kleinen Mahle.

Die anderen Leute aber, die bei dem Brunnen gestanden waren, tranken jetzt auch von dem Wasser aus den Trinkgefäßen der Arbeiter, in welche es aus dem Eimer geschenkt wurde.

Als die Männer in der Brunnenhütte sich mit Wein und Speisen erquickt hatten, gingen alle wieder nach Friedberg hinunter.

Am anderen Tage sandte Witiko eine Botschaft nach Prag fort.

Dann ließ er verkünden, daß er ein Haus bauen werde, und daß sich Leute melden sollen, die um Lohn arbeiten wollen.

Die Menschen aber, die bei dem Thomasbrunnen gewesen waren, breiteten aus, was sie dort gehört hatten, und es kamen Leute herbei, welche freiwillige Arbeit anboten. Insbesondere kamen Männer aus Plan. Witiko nahm die Anerbietungen an, und sagte, daß die Arbeiterordnungen dann schon eingeleitet werden würden.

Nach einiger Zeit kam ein junger Mann aus Prag, und Witiko stellte ihn den Seinigen vor, und sagte: »Dieser Mann ist der Bauherr Eppo aus Prag, welcher mir versprochen hat, meine Burg zu bauen. Wer von Euch dem Werke zugewiesen ist, muß den Weisungen dieses Mannes folgen.«

Eppo ließ nun alle die Dinge richten und ordnen, die vor dem Beginne des Baues notwendig waren.

Als er sie beendiget hatte, sendete Witiko die Einladungen zu der Feier des Anfanges des Werkes aus.

Es kam nun der alte Župan Lubomir von Daudleb, es kam der alte Pfarrer von Plan, es kam Rowno, Diet von Wettern, Osel, Wyhon von Prachatic, Wolf von Tusch, Wernhard von Ottau, und die anderen Herren aus der Gegend des Waldes. Es kamen Herren aus dem Lande[750] Baiern herauf. Es kamen die Richter aus dem Gebiete Witikos und noch andere Menschen aus dem Walde.

Als der Morgen des anberaumten Tages angebrochen war, ging der Zug von Friedberg durch den hohen Wald empor. Viele Menschen folgten, und andere gingen von allen Richtungen her zur Stelle des heiligen Apostels Thomas. Als der Zug an dieser Stelle angekommen war, sahen die Männer den Platz weit herum gelichtet, zwischen den grauen Gesteinen standen Bauhütten, es lagen Baudinge herum, Stäbe waren gesteckt, wo die Mauern werden sollten, und auf dem grünen Rasen war ein Altar errichtet. Aus Brettern war eine Reihe von Bänken und Tischen gemacht.

Die Männer des Zuges setzten sich auf die Bänke, und der Pfarrer von Plan feierte mit der Beihilfe des Pfarrers von Friedberg und der Kirchendiener vor dem Altare den Gottesdienst. Als dieser beendiget war, segnete der Pfarrer von Plan die Stelle, auf welcher die Burg stehen sollte. Dann nahm er die Schaufel, welche ihm gereicht wurde, und hob mit ihr ein Stückchen Rasen heraus, wo der Grund für die Mauern gegraben werden sollte. Dann nahm Lubomir die Schaufel, und hob ein Stückchen Erde heraus. Dann nahm sie Rowno, dann Wyhon von Prachatic, dann Diet von Wettern, und alle die Herren und Gäste, und jeder hob ein Stückchen Erde heraus. Der letzte, der es tat, war Witiko.

Hierauf stellte sich eine Reihe von Männern, die von Plan, von Friedberg und von anderen Orten gekommen waren, im Festtagsgewande mit Schaufeln auf.

Der Pfarrer von Plan aber sprach: »So wird ein neues Haus begonnen, der Himmel ist jetzt über ihm, der Himmel sei dann in ihm, und der Himmel weiche nicht von ihm.«

»Und er sei über dem ganzen Walde«, sagte der Pfarrer von Friedberg.[751]

Darauf sprach Lubomir: »Witiko, du treuer freundlicher Sohn unseres Landes, wie du uns hier auf dem grünen Rasen versammelt hast, so versammle uns einmal in dem Hause. Lebe in dem Hause, und mögen noch viele in dem Hause leben, und ein Geschlecht hervorgehen, das groß und mächtig ist, wie einmal Geschlechter in unserem Lande gewesen sind, und wie sie noch sind. Und möge die Macht nie zur Frevelmacht werden, und die Zerstörung auf sich selber rufen, wie in unseren Tagen Mächte und Reichtümer hingeschwunden sind, die noch im Jahre zuvor selbst dem Herzoge Trotz geboten haben. Das Geschlecht halte den Schild über den Wald und über das Vaterland, daß im Walde seine Spuren dauern, wenn es längst entschwunden ist, und daß im Vaterlande seine Taten in Worten, in Gesängen und in Pergamenten erzählet werden.«

»Wie ich damals gesagt habe, als du zum ersten Male bei mir in meinem Turme gewesen bist«, rief der Wladyk Rowno: »Es ist nur immer einer gewesen, der der Stifter eines großen Geschlechtes geworden ist, so kann aus dem kleinen Anfange ein großer Fortgang werden. Und ich habe gesagt: die Wladyken müssen größer werden. Ich, der Wladyk, bin größer geworden, Diet ist größer geworden, Osel ist größer geworden, Hermann ist größer geworden, und alle im Walde sind größer geworden, und du bist jetzt auch ein Herr in dem Walde. Und ich habe gesagt: Wir dehnen unsere Besitzungen gegen den Wald, und wir haben sie gegen den Wald gedehnt, und du dehnest sie gegen den Wald. Wer hätte gedacht, daß du so bald die Burg deiner Herrschaft bauen wirst. Aus dem Walde kann Großes ausgehen, er hat die Kraft, und treibt sie hervor, aus jedem von uns kann das Große kommen.«

»Mein Ahnherr ist ein Pechsammler in dem Walde gewesen«, sagte Lubomir.[752]

»Und Ihr seid ein mächtiger Župan und Kriegsanführer«, antwortete Rowno, »was kann aus jedem werden? Wir müssen zusammenhalten und in freundlicher Nachbarschaft leben. Du bist jetzt einer wie wir, Witiko, und wir sind wie du.«

»In freundlicher und guter Nachbarschaft«, rief Osel.

»In guter treuer Nachbarschaft«, sagte Diet.

»Wir werden zusammen stehen, wie wir zusammen gestanden sind, und werden nicht streiten«, sagte Wernhard von Ottau.

»Ja, in guter Nachbarschaft«, riefen mehrere.

Dann sprach Witiko: »Hochwürdige Priester, hoher Župan und ehrwürdige Männer. Ich danke euch für eure Wünsche. Möge der Himmel in dem Hause sein, wie der hochwürdige Pfarrer gesagt hat; darin liegt alles. Was sonst geschieht, füge Gott. Ich werde bestrebt sein, das Gute zu tun, alles andere, sagt Silvester, ist darin enthalten. Ich werde ein treuer Nachbar sein, und niemand schädigen. Und so reiche ich meine Hand darauf.«

Er reichte die Hand hin, und einer nach dem andern faßte sie.

Nun brachte Eppo, der junge Baumeister aus Prag, ein Pergament herbei, faltete es aus einander, und zeigte es. Auf ihm war die Burg abgebildet, wie sie sein würde, wenn sie fertig wäre. Die Männer gaben einer dem andern das Pergament, und jeder betrachtete es, und jeder lobte es.

Dann wurde es wieder in sein Fach gelegt.

Hierauf sprach der Meister der Maurer den Maurerspruch. Dann sprach der Meister der Zimmerer den Zimmererspruch, und dann senkten die Männer, die in ihren Festgewändern mit den Schaufeln dagestanden waren, die Schaufeln, stießen sie in die Erde, und es begann das Schaufeln des Festes. Und das Festschaufeln tiefte einen Graben aus, wie ihn das wirkliche Schaufeln getieft[753] hätte. Dann gab der Baumeister das Zeichen, daß die Arbeit zu Ende sei, und es wurde an den Tischen, auf den Bänken, auf dem grünen Rasen, wie es sich fügte, ein Mahl verzehrt. Die Menschen, welche als Zuschauer da waren, bekamen Speise und Trank, so weit die Dinge nur reichen mochten.

Nach dem Mahle ging der Zug wieder nach Friedberg hinunter.

Noch an dem Tage und an dem folgenden traten die fremden Gäste den Heimweg an.

Es begann nun auf dem Berge des heiligen Thomas der Bau der Burg. Eppo teilte die Werkmänner, die er gedungen hatte, und die Männer, die freiwillig herzu gekommen waren, zur Arbeit ein. Die Gräben wurden als Grund der Mauer getieft, und die Bäume wurden erhöht, an denen die Gerüste werden sollten. Und wie bei dem Baue der Burg Schauenberg wurden in allen dienlichen Richtungen die Baugegenstände herbei geschafft. Die zahlreichen Männer und Weiber, die bei dem Werke beschäftiget waren, hielten Ordnung, und wie die Ameisen sonst bestrebt sind, in dem Walde ihre Wohnung zu fördern, so trachteten jetzt die vielen Menschen in dem Walde eine menschliche Wohnung zu errichten.

Witiko wohnte indes in dem steinernen Hause in Friedberg.

Eines Tages aber ritt er in seinem Ledergewande, nur von Raimund begleitet, von dem Hause fort. Er ritt in die Herberge der unteren Moldau, und von dort auf dem Saumwege des großen Waldes zu den Häusern von Aigen hinaus. In Aigen wurde das Mittagmahl verzehrt, die Pferde rasteten, und bekamen Nahrung. Von Aigen ritten die zwei Männer im Walde auf dem Saumwege den Wassern der Mihel entgegen. Und am Nachmittag kamen sie in das Waldhaus Heinrichs von Jugelbach. Das Tor wurde ihnen geöffnet, sie ritten in den Hof, Witiko wurde von[754] Heinrich begrüßt, und die Pferde wurden versorgt. Witiko sprach: »Jugelbach, Erlaubt, daß ich zuerst in Euer Gemach gehe.«

Heinrich führte ihn dahin.

Als sie in dem Gemache waren, sagte Heinrich Jugelbach: »Seid mir gegrüßt, Witiko. Ich habe eine Freude darüber, daß Ihr zu dieser Frist gekommen seid.«

»Ich habe Eurer Worte gedacht«, antwortete Witiko, »und habe meiner Worte gedacht.«

»Und Ihr habt nach den Worten gehandelt«, sagte Heinrich, »reicht mir die Hand.«

Witiko reichte ihm die Hand. Heinrich faßte sie, und sprach: »Eure Hand ist die Hand eines Mannes, und meine Hand ist auch die eines Mannes.«

Witiko sagte: »Ihr habt mich in Euerm Gemache begrüßt, und ich habe Euch begrüßt, führet mich nun zu der hohen Frau Wiulfhilt.«

»So gehen wir«, sprach Heinrich.

Sie gingen in das Gemach Wiulfhilts.

Da sie eingetreten waren, stand Wiulfhilt von ihrem Sitze auf, ging Witiko entgegen, reichte ihm die Hand, und sprach: »Seid mir von Herzen gegrüßt, Witiko, Ihr habt uns wieder in unserem Waldhause aufgesucht.«

Witiko beugte sich auf die dargebotene Hand nieder, und küßte sie, dann richtete er sich auf, und sprach: »Ich begrüße Euch in Ehrerbietung, hohe Frau. Ich habe der Reife der Zeit geharrt, in der ich wieder zu euch kommen darf. Ich glaube, daß die Reife eingetreten ist, und da habe ich einen Mann gesendet, der erkunden soll, ob ihr in dem Waldhause wohnet. Der Mann hat mir die Nachricht zurück gebracht, daß ihr in dem Hause wohnet, und so bin ich zu demselben geritten. Und weil ich nun vor Euch stehe, hoher Herr, und vor Euch, erhabne Frau, so erlaubet, daß ich vor allen Dingen zuerst von dem rede, was zu reden ich gekommen bin.«[755]

»Nehmen wir Sitze«, sagte Heinrich.

Sie setzten sich.

»Sprecht, Witiko«, sagte Heinrich.

»Weil ihr gütig höret, so rede ich«, sprach Witiko. »Ihr, hoher Herr, habt einmal zu mir gesagt: ihr seid als Gast in meinem Hause immer willkommen, und Ihr, erhabene Frau, habt gesagt: Kommt als Gast bald wieder in unser Haus. Ich bin aber als Gast nie mehr gekommen, weil ich in anderen Ehren kommen wollte, oder gar nicht mehr. Ihr, Herr Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in Euerem Gemache zu mir gesagt: Ihr habt in der Schlacht die rote Waldrose auf dem weißen Schilde getragen, sorget, daß die Rose in die Geschicke Eurer Länder hinein blühet, und dann kommt. Ihr, Herr Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in dem Gemache Eurer hohen Gattin gesagt: Ihr habt Euch bei den Leuten Vertrauen erworben, die in dem Walde wohnen. Im Walde stehen noch viele Dinge bevor, beachtet sie, Witiko. So habt Ihr gesagt. Ihr, erhabene Frau Wiulfhilt von Dornberg, Gattin des Herrn Heinrich von Jugelbach, habt vor zwei Jahren in dem Speisegemache zu mir gesagt: Der Wille meines Gemahles ist der meinige. So habt Ihr gesagt. Und so bin ich hier. Ich bin in jener Zeit, da ich von euch fortgeritten bin, mit Zdik, dem Bischofe von Olmütz, zu Regimbert von Peilstein und Hagenau, dem Bischofe von Passau, nach Passau geritten, wohin ich Zdik geleitete. Ich bin bei dem hochehrwürdigen Bischofe von Passau so lange als Gast geblieben, so lange ich nach Geziemung bleiben mußte. Dann bin ich auf einem Donauschiffe von Passau bis zur Stadt Wien gefahren, und bin auf den Kahlenberg in die Burg des erlauchten Markgrafen von Österreich, Heinrich, geritten, in welcher Burg meine Mutter bei Agnes, der hocherhabenen Mutter des Markgrafen, als Gast war. Ich habe meine Mutter besucht, welche ich lange nicht gesehen[756] habe. Ich bin so lange bei meiner Mutter geblieben, als es die Gebühr erfordert hat. Ich bin in jener Zeit auch bei dem erlauchten Markgrafen gewesen, und habe mit ihm gesprochen. Von Wien bin ich nach Plan in den Wald geritten, und bin in dem Walde geblieben. Im Frühlinge mußte der Krieg des hocherlauchten Herzoges von Böhmen und Mähren, Wladislaw, gegen die Empörer in Mähren beginnen. Die Männer des Waldes haben in großer Zahl beschlossen, in den Krieg zu gehen. Sie hatten Vertrauen zu mir, und die, welche von den Häusern der oberen Moldau bis zu den Häusern der Stift und der Kienberge wohnen, haben mich zu ihrem Führer gewählt, daß wir einen Teil der Scharen des Herzoges Wladislaw bilden. Ich führte sie zu dem Herzoge, und der hat mir den Befehl über sie gegeben. Die Männer des Waldes haben allein einen Kampf gegen die Scharen Wratislaws, des Herzoges von Brünn, bestanden, und haben die Scharen des Herzoges in die Flucht geschlagen. Sie sind in der Schlacht bei Znaim gewesen, und sind dort wie starke und tüchtige Leute des Waldes bestanden. Sie haben die Züge gegen Brünn und Olmütz und durch das ganze Land mitgemacht. Als die Feinde niedergeworfen, und das Land Mähren in der Gewalt des Herzogs war, belohnte er sie, und sie zogen in ihre Heimat. Mir gab er ein Pergament, darauf ein Strich Waldlandes verzeichnet ist, das er mir mit Gebühren und Untertanpflichten erteilte. Ich bin dadurch einer der Herren geworden, wie sie in unserem Lande über Untertanen sind, und bin als ein solcher Herr zu dem Rate des Herzoges berufen. Ich habe diesem Rate in Prag auch schon beigewohnt. Das Pergament habe ich in seiner Tasche auf meinem Pferde mitgebracht, und werde es euch zeigen. Nach dem Kriege in Mähren bin ich zu meiner Mutter nach Landshut geritten, und habe sie und den ehrwürdigen Priester Benno, der ein Freund meines Vaters war, und mein gütiger,[757] wohlwollender Lehrer und Erzieher ist, und unsere Base Hiltrut, in deren Häuschen meine Mutter als Gast war, in unseren Hof nach Přic geleitet. Dann bin ich nach Prag zu unserem Herzoge gegangen, und in die Kammer des Herzoges. Dort haben sie mein Pergament in die vollständige Ordnung gebracht. In Prag habe ich den jungen kundigen Baumeister Eppo erforscht, und habe mit ihm den Bau eines Hauses verabredet. Im Winter war ich in Přic bei meiner Mutter, bei Benno, Hiltrut und meinen Leuten. Im Frühlinge bin ich nach Friedberg geritten, dessen Häuser auf einem Hügel an der Moldau stehen. Von Friedberg geht im Mittage ein breiter und langgedehnter Wald empor, der eine hohe Schneide hat, und er geht von der Schneide wieder breit und weit hinunter, bis wo die Mihel fließt. Auf seiner Schneide stand einmal eine Säule des heiligen Apostels Thomas, darum er jetzt der Thomaswald heißt. Auf der Stelle der Waldschneide, wo die Säule des heiligen Apostels gestanden war, baue ich mir jetzt eine Burg, welche das Witikohaus heißen soll, wie ihr auf der Steinzunge der Berge zwischen Aschach und Eferdingen eine Burg baut, die Schauenberg heißen wird. Der Baumeister Eppo hat eine Abbildung der Burg gemacht, wie sie sein wird, wenn sie fertig geworden ist. Ich habe die Abbildung in ihrem Fache mit mir genommen, und werde sie euch zeigen. Als das Bauen der Burg begonnen war, und fortschritt, bin ich zu euch geritten, und nun bin ich da, und frage euch: Darf ich den Gedanken fassen, daß ich der sicheren Ehren teilhaftig werden kann, unter welchen ich dann öfter in eurer Burg erscheinen werde?«

Als Witiko seine Rede geendet hatte, sprach Heinrich von Jugelbach: »Wir haben gewußt, daß Ihr kommen werdet, Witiko, und haben gewußt, was Ihr reden werdet, und wir: ich, meine Gattin, Wiulfhilt von Dornberg, mein Vater, Werinhart von Jugelbach, meine Mutter,[758] Benedicta von Aschach, mein Bruder, Gebhart von Jugelbach, und noch Männer, die in unserem Vertrauen sind, haben beraten, was Euch geantwortet werden soll. Seid in meinem Hause herzlich gegrüßt, Witiko. Ich muß aber doch den Anfang der Antwort ein wenig anders machen, als ich und Wiulfhilt nach der Anhörung des Rates der Unsrigen beschlossen haben. Ihr habt Eure Erlebnisse nicht genau erzählt, oder die Männer in dem Walde haben nicht genau geredet, oder die, welche die Erzählungen der Männer des Waldes brachten, sind in ihren Nachrichten nicht genau gewesen. Nicht die Leute des Waldes haben für sich sofort beschlossen, zu dem Herzoge Wladislaw in den bevorstehenden Krieg zu ziehen. Ihr habt den Zug vorbereitet, Witiko. Ihr habt zu den Leuten gesprochen, ihr habt ihnen gesagt, wie die Dinge sind, und habt ihren Willen den Dingen zugelenkt. Ihr habt Waffen vorbereitet und Gewänder und Zurüstungen und Übungen, und seid selbst der Lehrer in den Übungen gewesen. Ihr habt durch Euch die Liebe der Leute erworben, und sie sind in großer Zahl Eurer Einsicht zugefallen. Es sind im Winter Leute über den Wald heraus gekommen bis zu uns an den Inn, und haben von diesen Dingen erzählt, und Leute, die von uns im Kaufe und Tausche in dem Walde gewesen sind, haben davon erzählen gehört, und in unserem Lande ist davon erzählt worden. Und weil das gerecht ist, wozu Ihr die Menschen angeleitet habt, so haben wir eine Freude über die Erzählung gehabt. Ihr seid mit den Männern zu Wladislaw gezogen, und Ihr habt durch Eure Führung Wratislaw geschlagen, und Ihr habt im Kriegsrate des Herzoges angeboten, durch die Schlucht vor Znaim den Feind zu umgehen, weil es die Waldleute können. Ihr habt die Schlucht bewältiget, und ein Teil jenes Sieges ist Euer. Ihr seid in den andern Zügen umsichtig gewesen, und habt überall für Eure Leute durch Ordnung, Nahrung,[759] Pflege und Erfüllung jedes Bedarfes gesorgt, und habt Mäßigung bewiesen. Nicht jedem Führer hat der Herzog Waldland gegeben. Ich habe gesagt, in dem Walde stehen noch viele Dinge bevor, und Ihr, Witiko, habt ein Werkzeug gefunden, die Dinge hervor zu rufen, die Zuneigung der Leute, und Ihr habt die Art, die Dinge zu rufen, und die Klugheit, und jetzt auch die Macht. Ihr werdet sie rufen, Ihr wißt jetzt selber noch nicht, wie weit. Das hat mir mein Freund Lubomir gesagt, das hat mir mein Freund Ctibor gesagt, das hat mir mein Freund Nemoy gesagt, das hat mir mein Freund Rowno gesagt, das hat mir mein Freund Hermann gesagt, und das hat ein Mann gesagt, der nicht mein Freund ist, der aber die Dinge kennt, Strich von Plaka, der fürchtet, daß Ihr durch Benützung des Waldes ihm Schaden zufügt. So, Witiko, muß ich in meiner Antwort sprechen, und Euch der Ungenauheit in Eurer Erzählung bezüchtigen, und so, Witiko, hat die Rose in die Geschicke Eures Landes hinein geblüht, und sie wird ferner hinein ranken und Wurzeln fassen. Ich weiß Friedberg sehr gut, und kenne die Stelle der Säule des heiligen Apostels Thomas. Sie ist für eine Burg so gut, daß ihr wenige gleich sind. Das Pergament dürft Ihr mir nicht zeigen; aber die Abbildung der Burg zeigt mir. Und so sage ich Euch, Witiko, Ihr dürft, wie Ihr die Worte gesprochen habt, den Gedanken fassen, daß Ihr der höheren Ehren teilhaftig werdet, unter denen Ihr öfter in meiner Burg sein sollet. Meine Gattin hat mit mir den gleichen Willen.«

»Ich habe ihn«, sagte Wiulfhilt, »wie es beschlossen worden ist, und ich habe ihn noch früher gehabt als die andern, weil ich Euch mit meinen inneren Augen früher kannte, als Euch die andern mit ihren äußeren Augen kennen lernten.«

»Hoher Herr«, antwortete Witiko, »hocherhabene Frau, ich danke mit Ehrerbietung der Antwort, die ihr mir gegeben[760] habt. Euch, hocherhabne Frau, danke ich noch, daß Ihr mit Euern inneren Augen Gutes an mir gesehen habt, und Euch, hoher Herr, danke ich noch, daß Ihr gut von mir geredet habt. Ihr habt zu gut geredet. Die Dauer und Kraft der Waldleute hat gewirkt und die Güte des Herzogs.«

»Und beide haben gerne für Euch gewirkt«, sagte Heinrich, »erhaltet Euch beide.«

»Ich will darnach streben«, sagte Witiko. »Und nun, hoher Herr und erhabene Frau, erlaubet, daß ich auch das zweite rede, weshalb ich gekommen bin.«

»Sprecht«, sagte Heinrich.

»Eure hochedle Tochter Bertha«, sprach Witiko, »hat zu mir bei dem großen Steine an dem Waldessaume gesagt: Baue dir ein Haus, Witiko, und wenn dann noch keine Makel an dir ist, so folge ich dir, und harre bei dir bis zum Tode. Gestattet, hoher Herr und hocherhabene Frau, daß ich Bertha sage, ich baue mir nun ein Haus, und daß ich sie frage, ob eine Makel an mir ist.«

»Sagt ihr, und fragt sie«, antwortete Heinrich.

»Und wenn sie sagt, es sei keine große Makel an mir, darf ich sie dann fragen, ob sie mir folgen wolle?« sprach Witiko.

»Ihr dürft sie fragen«, entgegnete Heinrich.

»Und wenn sie sagt, sie folge mir, darf ich dann feierlich kommen, um sie zu werben, daß sie mein Eheweib werde?« sprach Witiko.

»Ihr dürft kommen, und vor allen den Unsern werben«, antwortete Heinrich, »und so gehet zu Bertha.«

»Gehet, Witiko, sie harret Eurer«, sagte Wiulfhilt.

»Geleite Witiko zu ihr«, sagte Heinrich.

»So folget mir, Witiko«, sprach Wiulfhilt.

»Ich folge Euch, hocherhabene Frau«, sagte Witiko.

Sie standen auf. Heinrich reichte Witiko die Hand, Wiulfhilt ging bei der Tür hinaus, und Witiko folgte ihr.[761]

Sie führte ihn über den Gang in das Gemach Berthas.

Bertha saß in dem Gemache an einem Tische. Von ihrem Haupte hingen zwei Zöpfe nieder, an den Armen war weißes Linnen, der Brustlatz war rot, und von ihm fiel der stark faltige schwarze Rock hinab.

Sie stand auf, da ihre Mutter mit Witiko in das Zimmer kam.

»Bertha«, sagte die Mutter, »Witiko hat deinen Vater und mich gefragt, ob er mit dir sprechen dürfe, und wir haben ihm geantwortet, er darf mit dir sprechen. Willst du ihn hören, und auch mit ihm sprechen?«

»Ich will ihn hören, und mit ihm sprechen, Mutter«, sagte Bertha.

»So sprecht, und ich gehe zu dem Vater«, sagte Wiulfhilt.

Sie verließ nach diesen Worten das Gemach.

Witiko stand in seinem Ledergewande vor Bertha, und sah sie an. Bertha sah ihn an.

»Was willst du zu mir sprechen, Witiko?« fragte sie.

»Du hast an dem schönen großen Steine neben dem Waldsaume vor zwei Jahren zu mir gesagt, Bertha«, antwortete Witiko: »Baue dir ein Haus, Witiko, und wenn dann noch keine Makel an dir ist, so folge ich dir, und harre bei dir bis zum Tode. Nun baue ich mir ein Haus, und bin gekommen, dich zu fragen, ob eine Makel an mir ist?«

»Es ist keine Makel an dir, Witiko«, antwortete Bertha.

»So wirst du mir in das Haus folgen?« fragte Witiko.

»Ich werde dir in das Haus folgen«, entgegnete Bertha.

»Und wirst dort harren bis zu dem Tode?« fragte Witiko.

»Ich werde harren bis zu dem Tode«, antwortete Bertha.

»So ist gesprochen, was zuerst gesprochen werden sollte«, sagte Witiko. »Bertha, Bertha, sei mir tausendmal gegrüßt.«

»Sei tausend und tausend Mal gegrüßt, Witiko«, antwortete Bertha.[762]

Und sie reichten sich die Hände, hielten sich an denselben, und schauten sich in das Angesicht.

»Bertha«, sprach Witiko, »du hast gesagt: Ich will, daß dir keiner gleich ist, so weit die Augen blicken, es mögen unten die Bäume des Waldes emporstehen, oder die goldenen Felder der Ähren, oder der grüne Sammet der Wiesen dahin gehen. Nun aber sind mir viele gleich, es sind sehr viele über mir, wirst du mich in hoher Achtung halten können, Bertha?«

»Witiko«, antwortete Bertha, »als ich jene Worte gesagt hatte, gabst du mir die Erwiderung: Ich will zu dem Höchsten streben.«

»Ich wollte es, und will es noch«, sagte Witiko, »und ich habe auch gesagt, daß ich das Ganze tun will, was ich kann.«

»Nun, das Streben ist der Anfang«, sagte Bertha, »und den Anfang hast du gemacht, Witiko. Ich habe an jenem Steine auch gesagt: Wenn ich dir folge und bei dir harre, dann rede zu den Männern deines Landes, bringe sie zu dem Großen, und tue selber das Große. Ich kann also nicht wollen, daß dir jetzt schon keiner gleich ist; aber die Jahre werden es nach den Jahren bringen, und einmal werde ich sagen: Witiko, jetzt ist dir keiner gleich.«

»Und die Jahre werden nach den Jahren vergehen, und du wirst es nicht sagen können«, antwortete Witiko.

»Dann werde ich noch weiter harren«, sprach Bertha.

»Und wenn du immer harrest«, sagte Witiko.

»So weiß ich dich auf dem Wege«, antwortete Bertha. »Witiko, ich habe gesagt: Wenn du ein niederer Mann würdest, so würde ich als dein Weib von dir gehen, dahin du mir nicht folgen könntest.«

»Ich werde niemals ein niederer Mann«, sagte Witiko, »und so, Bertha, in diesen Gefühlen wirst du mein Weib.«

»So werde ich dein Weib«, entgegnete Bertha.[763]

»Und so ist nun erfüllet, was erfüllt werden sollte, gehen wir jetzt zu den Eltern«, sprach Witiko.

»Gehen wir«, sagte Bertha.

»Ich bitte dich noch um etwas«, sprach Witiko.

»Sage es«, entgegnete Bertha.

»Gehe mit mir heute an diesem Tage, wenn es deinem Vater und deiner Mutter genehm ist«, sprach Witiko, »zu der Stelle, auf welcher ich dich zum ersten Male gesehen habe, da du mit Rosen bekränzt da standest, und gehe mit mir zu den Steinen, auf welchen wir an jenem Tage gesessen waren.«

»Ich werde sehr gerne mit dir gehen, Witiko«, sagte Bertha, »und wir werden den Vater und die Mutter darum bitten.«

»So gehen wir nun«, sprach Witiko.

Und sie gingen über den Gang zurück in das Gemach Wiulfhilts. In demselben war noch Heinrich bei seiner Gattin. Witiko und Bertha traten vor die Eltern. Wiulfhilt stand auf, und küßte Bertha auf die Stirne. Heinrich nahm Witikos Hand in die seine, und legte sie dann in die Hand Wiulfhilts.

»Lasse die Kinder an unserer Seite sitzen, Wiulfhilt«, sagte er.

»Setzet euch zu uns«, sprach Wiulfhilt.

Heinrich und Wiulfhilt setzten sich auf ihre Stühle, und Witiko und Bertha setzten sich auf Stühle daneben.

»So sind Eure Wünsche gesichert«, sprach Heinrich, »und die Vollendung wird folgen. Und da Ihr nun, Witiko, wie Eure Worte gelautet haben, der höheren Ehren bei uns teilhaftig geworden seid, so werdet Ihr auch die minderen nicht verschmähen, und eine Weile unser Gast sein.«

»Ich werde es mit Freude sein«, antwortete Witiko, »und werde auch diese Ehre ehren.«

»Und uns wird es eine Freude sein, Euch länger zu sehen als sonst«, sagte Wiulfhilt.

»Wir können dann auch über viele Dinge sprechen, die[764] sich ereignet haben, und Ihr könnt mir manches erzählen, Witiko«, sprach Heinrich. »Auch könnt Ihr Bertha besser kennen lernen, und Bertha Euch.«

»Ich kenne Witiko schon, mein Vater«, sagte Bertha.

»Und ich kenne Bertha«, sagte Witiko.

»Und wenn ihr eines das andere kennet«, sprach Heinrich, »so wird die Gegenwart euch doch erheben.«

»Ja«, sagte Bertha.

»Ja«, sagte Witiko.

»Und unser Haus und unser Wald und unsere andern Liegenschaften können Euch zu mancher Betrachtung dienen«, sagte Heinrich.

»Und ich kann für die Zeit, die mir zunächst liegt, etwas lernen«, sprach Witiko.

»Ihr könnt für Eure Handlungen, die Ihr jetzt tut, bald die Einsichten gewinnen«, sagte Heinrich.

»Und Ihr werdet mir mit Eurem Rate gewiß beistehen«, sprach Witiko.

»Wenn Ihr ihn bedürft, und wenn er etwas nützt, werde ich ihn gerne geben«, antwortete Heinrich.

»Ich werde ihn bedürfen, und er wird nützen«, sagte Witiko.

»Jetzt aber«, sprach Heinrich, »ist es die erste Pflicht des Wirtes, den Gast zu pflegen. Ihr seid von dem Pferde gestiegen, und seid gleich in mein Gemach geführt worden. Es ist billig, daß ich Euch in Eure Wohnung geleite, daß Ihr Euch stärkt, vorerst einrichtet, und dann sagt, was Ihr weiter bedürfet.«

»Es ist eine Bitte ganz anderer Art, welche ich stellen möchte«, sprach Witiko.

»So redet«, sagte Heinrich.

»Gebet Eure Genehmhaltung«, sprach Witiko, »daß Bertha und ich an diesem heutigen Tage die Stelle besuchen, an welcher ich Bertha zum ersten Male gesehen habe. Bertha bittet das Gleiche.«[765]

»Ich bitte das Gleiche, Vater«, sagte Bertha.

»So besuchet die Stelle«, antwortete Heinrich, »wenn die Mutter meiner Meinung ist.«

»Lasse die Kinder gehen«, sagte Wiulfhilt.

»Ich danke«, sprach Witiko, »wir werden wieder in das Gemach zurückkommen.«

»Ich danke, Vater und Mutter«, sagte Bertha.

Nach diesen Worten standen Witiko und Bertha auf, verabschiedeten sich von den Eltern, und verließen das Gemach. Sie gingen durch die Tür des Hauses auf den Sandplatz hinaus, und von dem Sandplatze auf dem Wiesenpfade gegen Mittag dahin, wie sie vor sechs Jahren auf demselben Pfade gegen Mitternacht dem Hause zugegangen waren. Sie sprachen beide kein Wort. Als sie zu der Betstelle des roten Häuschens gekommen waren, knieten beide neben einander nieder, und beteten. Dann gingen sie stumm weiter. Sie kamen an den Saum der Schlucht, in welcher das Wasser rauschte, wie es vor sechs Jahren gerauscht hatte. Sie gingen am Rande der Schlucht in der Richtung des rinnenden Wassers dahin. Der Wald nahm sie auf. Sie verließen dann das Wasser, und gingen links zwischen den Stämmen weiter.

Da sagte Witiko: »Bertha, Bertha, vor sechs Jahren sind wir auf diesem Wege herauf zu deinem Vater und zu deiner Mutter gegangen, zu denen du mich, den Fremdling, geführt hast. Wer von uns beiden hätte damals gedacht, daß wir einmal diesen Weg gehen werden, wie wir ihn heute gehen?«

»Das habe ich nicht gedacht«, sagte Bertha, »aber das war mir, daß wir oft mit einander gehen werden.«

»Und mir war«, entgegnete Witiko, »daß ich oft mit dir gehen möchte. Hast du mich also gerne in das Haus deiner Eltern geführt?«

»Ich wäre sonst nicht an der Waldstelle mit den Rosen auf meinem Haupte stehen geblieben, als du dich nähertest«,[766] sagte Bertha, »sondern wäre in den Wald geflohen wie Trude geflohen ist.«

»Also bist du meinetwillen an der Stelle stehen geblieben?« fragte Witiko.

»Ich wollte dich sehen«, sagte Bertha, »und als ich dich gesehen hatte, warst du mir lieb.«

»Und als ich dicht gesehen hatte, warst du mir auch lieb«, sprach Witiko. »Wir waren zwei Kinder.«

»Ja, aber ich habe schöne Ritter und Knaben vor dir gesehen, und keiner war mir lieb«, antwortete Bertha.

»Und ich habe schöne Jungfrauen und Mädchen vor dir gesehen, und keine war mir lieb«, sagte Witiko.

»Siehst du?« sprach Bertha.

»Und weil ich dir lieb war, hast du mit mir geredet?« fragte Witiko.

»Weil du mir lieb warst, habe ich mit dir geredet«, antwortete Bertha.

»Und weil ich dir lieb war, bist du mit mir zu den Sitzsteinen an den Ahornen gegangen?« fragte Witiko.

»Weil du mir lieb warst, bin ich mit dir zu den Sitzsteinen an den Ahornen gegangen«, antwortete Bertha.

»Und bist neben mir auf den Steinen gesessen«, sagte Witiko.

»Und bin neben dir auf den Steinen gesessen«, sprach Bertha.

»Und mir bist du so lieb gewesen«, sagte Witiko, »daß ich immer bei dir hätte sitzen, und immer mit dir hätte reden mögen. Du bist heute wie damals gekleidet, Bertha.«

»Es ist das nämliche Gewand, welches ich an jenem Sonntage an gehabt hatte«, antwortete Bertha, »nur das schwarze Röcklein ist mir ein wenig kürzer geworden.«

»Mir ist alles wie in jener Zeit«, sagte Witiko.

»Ich habe jetzt das Kleid nie mehr getragen; aber ich habe mir es aufbewahrt«, sprach Bertha, »und da du[767] heute kamest, und da ich wußte, um was du mich fragen würdest, habe ich es angezogen. Du bist auch in einem Gewande wie damals.«

»Es ist das nämliche«, sagte Witiko, »ich trage es oft, aber nicht immer, und habe es genommen, weil ich dich heute um das fragen wollte, um was ich dich gefragt habe. Und warum bin ich dir denn damals lieb gewesen, Bertha?«

»Du bist mir lieb gewesen, weil du mir lieb gewesen bist«, antwortete Bertha.

»Ich bin dir ja ganz fremd gewesen«, sprach Witiko.

»Du warst mir nicht fremd; als ich dich sah, habe ich dich lange gekannt«, antwortete Bertha.

»Und ich habe dich ja immer gekannt, da du mit den Rosen an dem Waldsaume standest«, sagte Witiko.

»Ich habe es gewußt«, entgegnete Bertha.

»Deine Mutter, Bertha, hat gesagt«, sprach Witiko, »sie habe mich mit ihren inneren Augen schon früher gekannt, als mich die anderen mit ihren äußeren Augen kennen lernten. Hast du auch solche innere Augen, Bertha?«

»Ich weiß es nicht«, antwortete Bertha, »aber ich habe dich nicht früher als die andern kennen gelernt, sondern habe dich gleich gekannt.«

»Ich habe dich auch gleich gekannt, und weiß nicht wie«, sagte Witiko. »Und doch bin ich, da ich an dem Steine deinen Mund geküßt hatte, nicht mehr gekommen bis heute.«

»Du durftest nicht kommen, Witiko«, antwortete Bertha, »daß du mich erschleichest, sondern, weil du mich an dem Steine geküßt hattest, mußtest du kommen, mich zu fordern, und du bist gekommen.«

»Und wenn ich heute nicht gekommen wäre«, sprach Witiko.

»So wärest du später gekommen«, sagte Bertha.

»Und wenn ich gar nicht gekommen wäre«, sprach Witiko.[768]

»Das ist nicht möglich«, sagte Bertha, »weil du gekommen bist.«

»Ja, es ist nicht möglich«, antwortete Witiko. »Wenn aber deine Eltern stets nein gesagt hätten.«

»Das tun sie nicht, weil sie uns kennen«, sprach Bertha, »und wenn sie es getan hätten, so wäre ich durch mein Leben geblieben wie unsere Base, die Nonne.«

»Und ich hätte in meinem Gebiete, und im Lande ohne Weib geschaltet«, sagte Witiko.

»Hier ist die Stelle«, sprach Bertha.

»Hier bist du mit den Rosen gestanden«, sprach Witiko.

»Und dort bist du gestanden, da die Sonne auf die Steine geschienen hat, und bist dann gegen mich her gegangen«, sagte Bertha.

»Ich bin erschrocken, da ich die Waldrosen auf deinem Haupte gesehen hatte«, sprach Witiko, »weil bei uns oft auf die Rosen gedacht wird.«

»Und ich mußte an diesem Tage die Rosen nehmen, und wir müssen die Rosen ehren«, sagte Bertha.

»Wir müssen sie ehren«, antwortete Witiko, »und sie werden mir immer ein Sinnbild bleiben.«

»Hier ist Trude gestanden«, sagte Bertha.

»Werde ich sie sehen, wenn ich in euerem Hause bin?« fragte Witiko.

»Du wirst sie sehen«, antwortete Bertha, »sie ist sehr schön geworden.«

»Und dieser Platz, auf dem wir stehen, soll uns sehr lieb bleiben«, sagte Witiko.

»Er soll uns lieb bleiben fort und fort«, entgegnete Bertha.

»Nun gehen wir zu den Steinen«, sprach Witiko.

»So gehen wir«, sagte Bertha.

Sie wandelten an dem Saume des Waldes dahin, bis sie zu den Steinen gelangten, von denen Witiko damals auf die singenden Mädchen geschaut hatte.[769]

Da sie bei den Steinen angekommen waren, sagte Witiko: »Bertha, setze dich nieder.«

»Ich bin auf diesem gesessen«, sagte Bertha.

»So setze dich wieder auf ihn«, sprach Witiko.

Sie tat es.

»Und ich bin neben dir auf diesem gesessen«, sagte Witiko, »er ist niederer, und ich setze mich wieder auf ihn.«

Er tat es.

»Siehst du, Bertha«, sagte er, »unsere Angesichter sind nun wieder in gleicher Höhe, wie damals, da ich dich angeblickt hatte, und da du mich angeblickt hattest.«

»Bist du größer geworden, Witiko?« fragte Bertha.

»Es muß ein wenig sein«, antwortete Witiko, »da ich dir hier wieder gleich bin, und da du gesagt hast, daß dir dein Röcklein kürzer geworden ist. Mein Lederkleid dehnt sich.«

»Und so wie damals ragt dein Schwert in die niedreren Steine«, sagte Bertha, »und in den nämlichen Gewändern sitzen wir hier wie vor sechs Jahren.«

»Nur die Bäume, die jenseits der hellen Wiese stehen, an deren Rande wir sitzen«, sprach Witiko, »glänzen nun im Sonnenscheine, da sie damals im Schatten waren, und die Blätter der Ahorne über uns sind dunkel, die damals geschimmert hatten.«

»Ich habe dir gesagt«, sprach Bertha, »daß es im Herbste hier am Vormittage mild ist, im Sommer sehr heiß, daß aber am Nachmittage Schatten ist. Der Schatten ist lieblich, lege deine Haube wieder in das Gras wie damals, Witiko.«

Er nahm die Lederhaube von seinem Haupte, und legte sie in das Gras, und die blonden Haare rollten auf seinen Nacken herab.

Und seine blauen Augen schauten in ihr Angesicht, und ihre braunen in das seine.

»Wie wird denn die Burg heißen, die du baust?« fragte Bertha.[770]

»Witikohaus«, antwortete Witiko. »Aber, Bertha, du hast einmal gesagt: Ich weiß nicht, ob ich in Böhmen wohnen möchte; und die Burg wird in Böhmen stehen.«

»Und die Mutter hat gesagt«, antwortete Bertha: »wir Frauen, die wir abhängig sind, wissen nie, wo wir wohnen werden, und wo wir dann mit den Unsrigen wohnen, wird es uns auch gefallen.«

»Und wird es dir so gefallen?« fragte Witiko.

»So wird es mir gefallen«, antwortete Bertha.

»Dein Vater hat gesagt, Bertha«, sprach Witiko: »Die alten Böhmen haben ihre Burgen und die Verbalkungen ihrer Župen stets in der Ebene gebaut, wo Sümpfe waren, oder zwei Wässer zusammen gingen, so daß nur auf einer Seite ein Eingang war. Ich baue meine Burg nicht so.«

»Das wäre häßlich«, sagte Bertha.

»Ich habe damals deinem Vater geantwortet«, sprach Witiko: »Wo ein steiler Fels gegen Wasser vorgeht, daß er rückwärts nur mit einer schmalen Zunge am Lande hängt, wird eine gute Wohnung sein. Und dein Vater baut jetzt die Burg Schauenberg auf einer solchen Zunge, nur daß kein Wasser vor dem Felsen ist.«

»Kennst du den Schauenberg?« fragte Bertha.

»Ich bin auf einem Gerüste der Burg gestanden, die gebaut wird, als ich nach Landshut ritt«, antwortete Witiko. »Ich habe aber, da ich zum ersten Male bei euch war, auch gesagt: Ein großer Wald, der einem zahlreichen Feindeshaufen den Zugang wehrt, und ihm Nahrung versagt, könnte auch als Schutz dienen. Und so baue ich mir die Burg.«

»Sieht man von ihr so herum, wie von der Burg Schauenberg?« fragte Bertha.

»Noch viel weiter«, antwortete Witiko. »Bertha, du wirst auf dem Söller der Burg stehen wie auf dem Fels der drei Sessel, und wirst das ganze Alpengebirge sehen, so weit Augen zu reichen vermögen, da, wo das Land Baiern im[771] Mittage an diese Gebirge stößt, und weiter gegen Morgen hin, wo das Land gegen Mittag an die Gebirge stößt, das der Markgraf von Österreich beherrscht, bis zu dem Lande Ungarn, in das sich die Berge senken. Du wirst die Gaue des Landes Baiern sehen, wo die Mihel fließt, wo die Donau strömt, wo die Enns und die Traun ist, du wirst Gaue des Landes Österreich sehen, und Wiesen und Felder und Wälder in allen Gauen, und lichte Stellen, die Burgen sind oder Kirchen oder Ortschaften. Und wenn du mitternachtwärts schauest, so siehst du die Moldau unten in den Forsten, und du siehst die Flecke in dem großen Walde, wo Wiesen und Felder und Wohnungen sind, und siehest dahin bis zu den letzten Säumen der Bäume.«

»Der Vater lobt die Stelle«, sagte Bertha, »er ist oft dort gewesen, und ist in der letzten Zeit wieder in dem Lande Böhmen gewesen.«

»Und unterhalb deiner Augen von der Burg hinab«, sagte Witiko, »ragen, wie du an dem großen Steine gesagt hast, die Wipfel des Waldes empor; aber es gehen nicht die goldenen Felder der Ähren dahin oder der grüne Sammet der Wiesen, wie an dem Fuße des Felsens, auf welchem die Burg Schauenberg steht.«

»Ist der Wald, in dem die Burg stehen wird, groß?« fragte Bertha.

»Er ist ein Wald in den Wäldern«, antwortete Witiko. »Wenn du von dem Friedbergwalde, wo die Häuser von Friedberg an der Moldau liegen, durch ihn zur Burg hinan gehst, so ist das der kürzeste Weg, und du brauchst länger als eine Stunde zu ihm. Von der Burg gegen Mittag hinab bis zur Mihel gingest du leicht in zwei oder drei Stunden, und gegen Abend, und wo der Wald sich biegt, gegen Mitternacht, brauchtest du viele Tagereisen, und gegen Morgen wenigere, oder auch viele.«

»Und wo ist dein Gebiet?« fragte Bertha.[772]

»Du wirst von der Burg den Kreuzberg sehen, von dem gegen Mittag der obere Plan liegt«, antwortete Witiko. »Von Plan der Moldau entgegen kömmt man zu dem Saume des Berges, darauf euer schwarzer See ist. Von diesem Saume über den oberen Plan hin nach Friedberg, und weiter an der Moldau hinab, bis wo sie durch die Schlucht der Kienberge geflossen ist, und mitternachtwärts gegen den Fels des Rosenberges und gegen die krumme Au geht, sind die Häuser und die Menschen zerstreut, die mir pflichtig sind. Andere sind dazwischen, die zu Rowno gehören oder zu Diet oder zum Herzog. Die Stücke Waldlandes, die mir der Herzog gegeben hat, sind um Plan, um die untere Moldau, und um Friedberg. Die Bäume, die du von der Burg bis gegen die Mihel siehst, und von der andern Seite bis an die Moldau vor Friedberg, sind unsere Bäume.«

»Ist eine Kirche bei der Burg?« fragte Bertha.

»Es ist die kleine Burgkirche in der Burg«, entgegnete Witiko, »in Friedberg ist eine hölzerne Kirche, die jetzt größer gebaut wird, und wenn mich Gott segnet, beginne ich noch den Bau einer steinernen Kirche des heiligen Apostels Thomas in der Nähe meines Hauses.«

»Und in diesem Hause wirst du sein, Witiko«, sagte Bertha, »du wirst Männer und Freunde haben, du wirst des Waldes pflegen, du wirst in die Geschicke des Landes handeln, und in den Rat des Herzoges gehen.«

»Und in diesem Hause wirst du sein, Bertha«, sagte Witiko, »du wirst Frauen haben, du wirst der Heimat pflegen, du wirst in die Geschicke des Landes blühen, und zu Hofe nach Prag gehen.«

»Und in diesem Hause werde ich sagen: Witiko, jetzt ist dir keiner gleich«, antwortete Bertha.

»Und ich werde in dem Hause sagen: Bertha, dir ist keine gleich, und sage es jetzt schon«, sprach Witiko.[773]

»Nun aber gehen wir zu den Eltern«, antwortete Bertha, »Witiko, nimm deine Haube wieder, und komme.«

Witiko nahm seine Haube, und setzte sie auf.

Dann erhoben sie sich, er nahm Bertha bei der Hand, und sie gingen am Saume des Waldes hin, und gingen auf dem nämlichen Wege in das Haus, auf welchem ihn Bertha vor sechs Jahren in dasselbe geführt hatte.

Als sie in das Gemach kamen, von welchem sie ausgegangen waren, sahen sie den Vater und die Mutter noch bei einander sitzen.

Sie grüßten die Eltern, die Eltern grüßten sie.

»Nun, habt ihr die Stelle besucht?« fragte Heinrich.

»Wir haben sie besucht«, antwortete Witiko.

»Wir sind auch auf den Steinen an der Sperwiese gesessen«, sagte Bertha.

»Habt ihr an dem Häuschen der heiligen Mutter ein kurzes Gebet gesprochen?« fragte Wiulfhilt.

»Wie wir vor sechs Jahren bei dem Häuschen gebetet haben«, antwortete Bertha, »so haben wir heute auch gebetet.«

»Vergiß den Himmel nicht, mein Kind, und der Himmel wird deiner nicht vergessen«, sagte Wiulfhilt, »und bei Witiko wird es auch so sein.«

»Witiko hat vor sechs Jahren am Sonntage in dem Walde gebetet«, sagte Bertha.

»Und dann habe ich mein Glück gefunden«, sprach Witiko. »Gott hat mir stets mehr gegeben, als ich verdient habe. Hoher Herr und hocherhabene Frau, ist es euch genehm, die Abbildung der Burg zu sehen, die ich baue, so lasse ich sie bringen?«

»Zeigt sie uns«, antwortete Heinrich, »laßt aber das Begabungspergament bei Seite.«

»Wie es Euer Wille ist«, sagte Witiko.

Heinrich rief durch einen Schlag auf eine Glocke einen Diener herbei. Witiko sagte ihm, er möchte sich von seinem[774] Knechte Raimund die braune Ledertasche geben lassen, und sie bringen.

Der Diener brachte die Tasche.

Witiko öffnete ihr Schloß, und zog ein Pergament heraus, und legte es vor Heinrich und Wiulfhilt auf den Tisch. Das Pergament war schneeweiß, und auf dem weißen Grunde war das Bild einer Burg und eines Waldes an ihren Seiten in Farben.

»Wie schön«, sagte Heinrich.

»Das ist ein Bild, der Aufbewahrung wert«, sprach Wiulfhilt.

»Es wird auch aufbewahrt«, antwortete Witiko. »Diese Fenster sehen nach Mittag, diese nach Morgen, die auf den Rückseiten, welche auf dem Bilde nicht erscheinen, sehen nach Mitternacht und Abend, und innerhalb aller dieser Fenster sind rings die Gemächer des Burgherrn und der Burgfrau. Über diesen sind andere Gemächer, und unter ihnen ist die Burgkirche, der Saal, und andere Gelasse. Hier sind die Vorbauten mit Wohnungen, und zwischen dem Vorbaue und dem Hauptbaue ist der Burghof. Hier sind Ställe und Vorratsräume, und hier schließt sich die Verteidigungsmauer. In den andern Blättern sehet ihr die innere Ausdehnung und Einteilung.«

Witiko zog noch mehrere Blätter aus der Ledertasche, auf welchen Zeichnungen mit Linien waren.

Heinrich betrachtete die Blätter sehr genau, dann sagte er: »So wie ich jetzt meine, ist die Burg gut erdacht und überlegt. Hat sie der Baumeister Eppo erfunden?«

»Ich habe ihm den Platz beschrieben, auf dem die Burg stehen soll«, antwortete Witiko, »und habe ihm gesagt, wie ich mir die Burg denke. Dann hat er auf Blättern zu zeichnen angefangen, wir haben daran abgeändert, bis die Sache so wurde, wie sie ist. Dann hat er die Abbildungen verfertigt, und mir die Nachbilder auf Pergament gemacht.«[775]

»Und er baut jetzt die Burg«, sagte Heinrich.

»Er baut sie«, antwortete Witiko.

»So sei der Segen Gottes über ihm«, sprach Heinrich.

»Er möge es sein«, sagte Witiko.

Dann reichte er das Pergament mit dem Farbenbilde an Bertha.

Bertha betrachtete es, gab es dann wieder zurück, und sagte: »Witiko, es ist ein schönes Bild und ein schönes Haus.«

»Und die drinnen wohnen werden, sollen glücklich sein«, sprach Witiko.

Dann ordnete er die Blätter wieder in die Ledertasche, schloß die Tasche, und schickte sie in sein Gemach.

Es waren hierauf noch verschiedene Gespräche zwischen Heinrich, Wiulfhilt, Bertha und Witiko.

Dann verabschiedete sich Witiko, und ging in sein Gemach.

Das Abendessen war in dem Waldhause wie in früheren Zeiten.

Des andern Morgens ging Witiko zu dem Köhler Mathias.

Der Köhler und sein Weib erhoben einen Freudenruf, als sie Witiko erblickten.

»Witiko, Witiko«, rief die Frau, »jetzt ist alles gut, jetzt hat Gott mein Gebet erhört, wir wissen es, und wissen schon alles, es ist alles gut.«

Und sie reinigte mit einem Tuche die Bank, auf welche sich Witiko setzen sollte.

»Der Himmel hat Euch gesegnet, seit Ihr an jenem Sonntage von uns fort geritten seid, und wir freuen uns des Segens«, sagte Mathias.

»Ich weiß es«, sagte Witiko, »ich habe eurer oft gedacht, und werde eurer noch denken.«

»Wollt Ihr eine Milch, sie ist die beste in dem Walde«, sprach die Frau.[776]

»Gib mir später eine Milch, Margaretha«, sagte Witiko, »jetzt aber nenne und bringe mir einen Mann, Mathias, der sicher eine Botschaft zu meiner Mutter in unsern Hof Přic trägt.«

»Ich weiß schon«, sagte Mathias, »das muß Eure Mutter schnell erfahren, und weil meine Meiler rauchen, muß der alte Peter gehen, er geht in seinem Ledergewande in einem und unausgesetzt fort, bis er dort ist, und dann geht er wieder zurück.«

»Und bürgst du für ihn?« fragte Witiko.

»Ich bürge für ihn«, antwortete Mathias.

»So hole ihn«, sprach Witiko.

Mathias ging fort, und kam nach einer Zeit mit Peter zurück, und sagte: »Er wird nach Přic gehen.«

»Bist du des Weges kundig?« fragte Witiko den Mann.

»Wie der Diele meiner Stube«, antwortete der Mann.

»So trage den Brief, der in diesem Tuche ist, nach Přic«, sagte Witiko, »gib ihn Wentila, meiner Mutter, und bringe mir die Antwort am achten Tage nach Friedberg. Hier hast du Lohn für den Hinweg, in Friedberg erhältst du ihn für den Rückweg. Rüste dich, daß du bald fort gehen kannst. Spute dich, raste, wo du es bedarfst, und genieße deiner Nahrung.«

»Ich raste nicht viel«, sagte der Mann, »und habe meine Nahrung bei mir.«

Witiko gab ihm den Brief und etwas an Gelde. Peter nahm beides, und ging fort.

Witiko blieb noch eine Weile bei den Köhlerleuten, und trank etwas von der Milch, welche ihm Margaretha nun reichte. Die Kinder kamen von dem Walde, und Witiko beschenkte sie. Die Köhlerleute sprachen von den Dingen, die geschehen waren, und Margaretha sagte, sie habe Witiko geweissagt, da er einmal von ihnen Abschied genommen habe; denn sie habe die Worte gesagt: Erlebet recht große Dinge.[777]

»Sie sind so groß nicht geworden«, sagte Witiko.

Nach einer Zeit verabschiedete er sich, und ging wieder in das Waldhaus Heinrichs von Jugelbach zurück.

Er lebte nun als Gast in dem Hause mit Heinrich, Wiulfhilt und Bertha. Heinrich zeigte ihm genau alle Zubehör des Hauses, und sie sprachen von der Gebarung mit Feld, Wiese, Wald und Viehstand. Einmal waren alle und drei Dienstmannen Heinrichs, die gekommen waren, auf dem Fels der drei Sessel, und ein anderes Mal waren sie bei dem schwarzen See, und wieder andere Male an verschiedenen Stellen des großen Waldes. An einem Vormittage saßen Witiko und Bertha auch auf den Steinen der Sperwiese, da die Sonne auf dieselben schien.

Am sechsten Tage, da Witiko in dem Hause Heinrichs war, ging er des Nachmittages allein im Walde auf dem Wege, der zu den Sesseln führt. Da sprang über grünbemooste Steine zwischen den Stämmen Wolf zu ihm, blieb stehen, sah ihn an, und sprach: »Ihr habt mir schon im Hauzenberge Vergunst zum Reden gegeben, gebt sie mir heute auch.«

»Die hast du immer, Wolf«, sagte Witiko, »ich habe mit dir in dem Speisesaale geredet, und du mit mir, und du hast alle Tage mit mir reden können.«

»Aber geheim und allein«, sagte Wolf.

»So rede geheim und allein«, sprach Witiko.

»Es muß so sein«, antwortete Wolf. »Ich bitte Euch, nehmet mich in Eure Dienste.«

»Willst du deinen Herrn, Heinrich von Jugelbach, verlassen?« fragte Witiko.

»Ich will ihn nicht verlassen«, antwortete Wolf, »sondern recht bei ihm bleiben, nämlich bei Bertha, seiner Tochter. Ihr werdet sie heiraten, und da werden Frauen mit ihr zu Euch gehen, ihr zu dienen, ich weiß nicht, ob auch Männer mitgehen, die ihre und Eure Diener sind; aber es soll einer mitgehen, und ich ginge mit.«[778]

»Bist du Bertha so zugetan?« fragte Witiko.

»Freilich, und ich muß ihr ja in vielem helfen«, sagte Wolf, »sie ist hochgeistig wie ihr Vater, und hilft sich in manchem nicht, was sie will. Es wäre eine wahre Schandtat gewesen, wenn Ihr sie nicht geheiratet hättet. Und seit Ihr mit den zwei andern da gewesen seid, seid Ihr wieder gar nicht gekommen, was nicht recht ist.«

»Bertha sagt, es ist recht gewesen«, sprach Witiko.

»Sie sagt es; aber ich sage, es ist gar nicht recht gewesen«, antwortete Wolf, »da seid Ihr aber doch gekommen, und alles ist gut geworden, ich weiß es schon, alles ist mir gelungen.«

»Dir ist es gelungen«, sagte Witiko.

»Da Ihr einmal bei uns gewesen seid, und da ich mit Euch auf dem Sesselfels und auf dem Hohenstein und bei dem schwarzen See gewesen bin«, sprach Wolf, »und da Ihr fort geritten waret, und da Ihr so lange in dem oberen Plane wartet, da bin ich manches Mal in den Wacholderbüschen gelegen, wenn Ihr von dem Kreuzberge auf unseren Wald geschaut habt. Ich bin in dem Walde gelegen, wenn Ihr geritten seid, ich bin in den Kornhalmen gewesen, wenn Ihr mit den Männern auf Euren Gassenbänken gesessen seid. Ich bin in manchem Hause gewesen und in mancher Ortschaft, und habe ihnen einen Topf gebunden oder Reifen geschnitten, und da habe ich gehört, was sie von Euch sagen.«

»Du bist also mein Späher gewesen«, sagte Witiko.

»Ja«, entgegnete Wolf, »Bertha hat kein Wörtlein gesagt; aber wenn ich ihr von Euch erzählte, daß ich Euch gesehen habe, und was Ihr getan habt, blickte sie sehr freundlich. Es sind nur jetzt keine Rosen; aber da Ihr damals fort geritten waret, trug sie immer Rosen auf dem Haupte, seit Ihr sie mit den schlechten roten Rosen gesehen habt. Und bei Eurem Feste auf dem Pferdeanger bei dem oberen Plane bin ich auch gewesen.«[779]

»Bist du bewirtet worden?« fragte Witiko.

»Ich habe Eures Bieres und Eures Bratens hinlänglich bekommen«, sagte Wolf, »und ich habe auch unserem Herrn erzählt, was Ihr getan habt, wie die Leute davon reden, und was ich selber gesehen habe, und ich bin auf den Grund gekommen, daß Ihr treu sein werdet.«

»Und du möchtest in meiner Burg leben?« fragte Witiko.

»Ja«, entgegnete Wolf, »sie wird sehr schön, ich habe sie schon bauen gesehen, und bin neulich hinein gerannt.«

»Wenn Heinrich von Jugelbach, und wenn seine Ehegemahlin Wiulfhilt von Dornberg nicht dagegen sind«, sprach Witiko, »und wenn Bertha es will, so magst du in meine Burg kommen.«

»Seht, ich habe es gewußt, daß Ihr gut seid«, entgegnete Wolf, »es wird ihnen schon genehm sein, und ich werde Euch Tag und Nacht dienen, und wir werden oft zu Herrn Heinrich und Frau Wiulfhilt kommen. Und Bertha wird mir die Befehle erteilen. Habt Ihr das schöne Pferd noch?«

»Ich habe es noch«, sagte Witiko, »aber es altert schon.«

»Gute Pferde halten lange in die Zeit«, sprach Wolf. »Unser Herr nimmt die guten von hier immer mit nach Jugelbach, und läßt die da, welche langhaarig sind. Eure Reiter auf dem Anger haben auch kleine langhaarige Pferde gehabt.«

»Diese Pferde waren in dem Kriege sehr brauchbar«, sagte Witiko.

»Ich weiß es, weil sie Waldpferde sind, und genügsam und arbeitsam, und weil sie gut klettern können«, sprach Wolf, »das Pferd, auf dem Ihr gekommen seid, ist fein.«

»Mir hat es der Herzog Wladislaw gegeben«, antwortete Witiko.

»Bei uns ist kein Krieg«, sagte Wolf, »und wenn ich bei Euch bin, werde ich mit Euch in den Krieg gehen, und mir Geschenke und Pferde erwerben.«[780]

»Wenn du im Kriege tüchtig bist, wird es dir nicht fehlen«, sagte Witiko.

»Ich werde tüchtig sein«, antwortete Wolf.

»Und nun, Wolf, hast du noch andere Dinge an mich?« fragte Witiko; »denn sonst muß ich mich von dir verabschieden.«

»Nein, verabschiedet Euch nur, und ich danke Euch für alles, und alles wird recht werden, und gehabt Euch wohl, hoher Herr«, sagte Wolf.

»Gehabe dich wohl«, sagte Witiko.

Und Wolf sprang wieder über die Steine zwischen den Stämmen davon, wie er gekommen war. Witiko aber ging seines Weges weiter.

Am siebenten Tage verabschiedete er sich von dem Waldhause Heinrichs von Jugelbach, und ritt nach Friedberg zurück.

Zwei Tage darauf brachte ihm der alte Peter den Brief seiner Mutter.

Witiko lohnte den alten Peter, und dieser begab sich auf den Heimweg.

Nun ließ er Zeichen in Bäume seines Waldes schlagen, daß sie gefällt würden, wenn es an der Zeit wäre. Dann begann er an einer Stelle reuten zu lassen, und machte den Anfang, einen hölzernen Hof für Rinder zu bauen, und dann ritt er zu seiner Mutter nach Přic, und blieb eine Woche dort. Hierauf begab er sich wieder nach Friedberg zu dem Baue seiner Burg.

Der Bau ging schnell fort, weil immer viele Menschen daran arbeiteten, und immer neue freiwillig herzu kamen.

Und ehe die Blätter der Birken gelb wurden und die Blätter der Buchen rot, ragte der Bau mit den Gerüsten wie ein großer viereckiger Turm von dem Saume des Waldes empor, daß er weither gesehen werden konnte. Man vermochte ihn von den Berggipfeln des Landes im Mittage[781] bis von den Höhen an den Donauufern aus zu erblicken, man vermochte ihn von den Gipfeln der Wälder an der Moldau, und von dem Tale der Moldau oberhalb Plan bis Friedberg hinunter zu erblicken, und die Mädchen von Plan stiegen auf den Kreuzberg, um den Bau Witikos recht deutlich erschauen zu können.

Quelle:
Adelbert Stifter: Gesammelte Werke in sechs Bänden, Band 5, Wiesbaden 1959, S. 707-782.
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