1. August 1914

[719] Es wurde still.

Ein ganzes Volk, es hielt mit einem

Den Atem an. Doch stockte keinem

Darum des Herzens Schlag.

So ging der Tag.

Dann senkt sich feierlich und milde

Der Abend über die Gefilde,

Und heiter blinkt und fern

Ein heller Stern,

Als wenn er's heut wie immer fände:

In allen Hütten müde Hände

Und gute Rast

Nach heißer Arbeit Last.

Horcht!

War's nicht, als hätt' ein Ruf geklungen,

Ein Ton, als wie aus Erz gedrungen?

Da, – wieder! Auf!

Auf zu den Waffen! Auf!

Nun geht es brausend durch die Wälder,

Nun dröhnt es über stille Felder:

Die Wehr zur Hand!

Und schützt das Vaterland!

Auf springt das Volk, es reckt die Glieder,

Und keine Sorge drückt uns nieder.

Komm, was es sei!

Von Ungewißheit frei

Wir wollen es gemeinsam tragen

Und heute schon als Bestes sagen,

Daß man uns Hand in Hand[719]

Als Brüder fand.

Dem Kaiser, der dies Wort gegeben,

Wird Dank in jedem Herzen leben.

Und jetzt, – hurra!

Du Mutter uns, – Germania!

Quelle:
Ludwig Thoma: Gesammelte Werke in sechs Bänden. Band 6, München 1968, S. 719-720.
Lizenz:
Kategorien: