|
[83] Mein Gott, durch deine Liebe ward ich wund,
Und schmerzend zittert noch die tiefe Wunde,
Mein Gott, durch deine Liebe ward ich wund.
Mein Gott, getroffen hat dein Schrecken mich,
Noch bebt in mir das Brandmal deines Donners,
Mein Gott, getroffen hat dein Schrecken mich.
Mein Gott, ich sah, dass alles eitel ist,
Und in mir auferbaut ist deine Glorie,
Mein Gott, ich sah, dass alles eitel ist.
Ertränk mein Herz im Strome deines Weins,
Mein Leben schmilz zu Brot auf deinem Tische,
Ertränk mein Herz im Strome deines Weins.
Nimm du mein Blut an, das ich nicht vergoss,
Nimm du mein Fleisch, das unwert ist des Leidens,
Nimm du mein Blut an, das ich nicht vergoss.
Nimm meine Stirne, die in Scham erglüht,
Zum Schemel hin für deine heil'gen Füsse,
Nimm meine Stirne, die in Scham erglüht.
Nimm meine Hände, die dir nicht gedient
Zu edlem Weihrauch und zu glüh'nden Kohlen,
Nimm meine Hände, die dir nicht gedient.
[84]
Nimm du mein Herz, das nur vergeblich schlug,
Zu zucken in dem Dorn der Leidensstätte,
Nimm du mein Herz, das nur vergeblich schlug.
Nimm meine Füsse, sünd'ge Wanderer,
Dass sie zum Rufe deiner Gnade eilen,
Nimm meine Füsse, sünd'ge Wanderer.
Nimm meiner Stimme lügenhaften Klang
Zu heil'gem Mahnwort und zu tiefer Reue,
Nimm meiner Stimme lügenhaften Klang.
Nimm meiner Augen trügerisches Licht,
Dass es in Tränen des Gebets verlösche,
Nimm meiner Augen trügerisches Licht.
O du des Opfers und der Gnade Gott,
Wo ist der Quell des undankbaren Herzens
O du des Opfers und der Gnade Gott.
Du Gott des Schreckens, Gott der Heiligkeit,
Weh dieser dunkle Abgrund meiner Sünde!
Du Gott des Schreckens, Gott der Heiligkeit.
Du Gott des Friedens und des sel'gen Glücks,
All meine Angst und all mein banges Irren,
Du Gott des Friedens und des sel'gen Glücks.
[85]
Herr, du weisst alles das, ach alles das,
Wie ganz verarmt ich bin in diesem Leben,
Herr, du weisst alles das, ach alles das.
Doch was ich habe, Gott, will ich dir geben.
Buchempfehlung
Der lyrische Zyklus um den Sohn des Schlafes und seine Verwandlungskünste, die dem Menschen die Träume geben, ist eine Allegorie auf das Schaffen des Dichters.
178 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro