Verschlafenes Glück

[14] Und wie ich mich erhub vom Heu,

Und wie mein Blick ging staunend um,

Da schlug aufs Herze mir die Reu:

O weh, du hast verschlafen

Den ganzen Sonntag schier/ wie dumm!


Und wie mein Blick ging staunend um,

Stund dort mein Schatz und sah zurück/

An eines Fremden Arm, wie dumm/

Mein Seelenschatz vom Himmel/

Sein dürstend Auge leer von Glück!


Verdürstend sah mein Schatz zurück:

»Was schliefest, Närrchen, auch so lang!

Verträumt ist unser Liebesglück,

Im Sinken schon die Sonne ...

Ade! Mir ist wie dir so bang.«/


Was schliefest, Närrchen, auch so lang!

Und was nun weiter? Bleib im Traum!

Beliebt vielleicht ein Schlendergang,

Recht einsam, ohne Hoffen?

Vielleicht zu Totenackers Saum?


Ja, was nun weiter? Bleib im Traum!

Die Welt geht ihren starren Gang,

Und Zährenfluten lindern kaum,

Wo mädchenschwach ein Schätzchen

Mit seinem harten Schicksal rang.
[15]

Die Welt geht ihren starren Gang.

Wohin? Mein armer Kopf ist irr.

Mag sein, mir wäre minder bang,

So ich noch könnte beten.

Ich hab's verlernt, vom Heuduft wirr.


Wohin? Mein armer Kopf ist irr.

Denk' wohl, ich bette mich aufs neu

Zum süßen Duft ins Halmgewirr,

Und von verblichnen Blumen

Träum ich zu Tode mich im Heu.

Quelle:
Bruno Wille: Der heilige Hain. Jena 1908, S. 14-16.
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