Seelenlos

[39] Sie sagen, du hast keine Seele,

Arm bleiche Birkenmaid.

Du kauerst starr und stumm

Auf düster struppiger Heid.


Du kauerst in der Öde,

Ein ausgestoßen Kind.

Dein Haargezweige zaust

Der rauhe Märzenwind.


Sein mürrisch Brausen wogt

Durch Heidekraut und Ginster.

Ins weite Nebelgrau

Pilgern Wolken finster.


Eine Krähe treibt im Sturm

Taumelig vorbei;

Heiser und erstickt

Ihr grimmer Klageschrei ...


Kein Bettelkind, o Birke,

Ist also arm und bloß;

Es hat eine Seele, zu weinen/

Dich heißen sie seelenlos.
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Und doch, in tiefer Öde

Spürst du die hohe Trauer

Als Seelenfrösteln süß,

Wollüstig kühlen Schauer.


Du kauerst starr und stumm

Auf düster struppiger Heid.

Sie sagen, du hast keine Seele,

Arm bleiche Birkenmaid.

Quelle:
Bruno Wille: Der heilige Hain. Jena 1908, S. 39-41.
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