Das Bett

[123] Wenn ich mich schlafen lege,

So fällt mir manchmal ein,

Wieviel ich dir verdanke,

Du treuer Ruheschrein.


Du schaust mich an so grübelnd

Mit deiner Bretterstirn,

Als möchtest du erzählen,

Als wäre Holz wie Hirn.


Auf deinem breiten Rücken

Trugst du mich manche Nacht.

Ein halbes Leben hab ich

In deiner Hut verbracht.


Ich kam aus dunklem Schoße

Zum Lichte, zart und klein;

Sie legten mich vertraulich

In deine Pflege ein.


Was ich mit schwerer Zunge

Im Schlafe ausgeplauscht

Von bunter Träume Wispern,

Hast duldsam du belauscht.
[124]

Wenn mich Gespenster würgten,

Wenn ich in Klüfte fiel/

In deinem sanften Pfühle

Fand ich mein tröstlich Ziel.


Die Seufzer, wenn des Sturmes

Gewimmer mich gequält/

Und, weißt du noch? die Küsse/

Du hast sie all gezählt.


Du Zeuge voller Andacht,

Wenn schaffend ich gewacht,

Wenn ich, vom Geiste trunken,

Dem Liede nachgedacht.


Wenn schlotternd ich getaumelt,

Die Schläfe fieberschwül,

Hast du mein Haupt gebettet

In deine Kissen kühl.


Dereinst, wenn ich so liege,

Dann kommt der Rudermann,

Der deine treuen Planken

Zur Barke wölben kann.
[125]

Du trägst mich leise schaukelnd/

Fahr wohl/ durch schwarze Flut

Zum Eiland der Zypressen,

Wo sich so selig ruht.

Quelle:
Bruno Wille: Der heilige Hain. Jena 1908, S. 123-126.
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