[130] Hinab zur unendlichen Ebene taucht
Rotglühend der volle Mond.
Des Morgens erster Odem behaucht
Mit feuchtem Kusse die silbergrauen
Erschauernden Roggenauen.
Wie schmacht ich, die schwülen
Vergrämten Sünderschläfen
Im tauigen Schoße des Feldes zu kühlen!
Wenn nur die zischelnden Ähren
Nicht herbe Beichtiger wären!
Doch zwischen den Ähren, du flatternde bleiche
Blüte des Mohnes, üppige, weiche,
Zu dir will ich gehen.
Sündige Blüte, du wirst mich verstehen.
Dein gütig Neigen,
Dein sanftes Schweigen,
O ich weiß, was es spricht:
»Getrost, mein Liebling! Laß dein reuig Mühen
Und bette dich her zu mir! Ob es bricht,
Das fromme Korn, du scheue die Sünde nicht!
Wir sündigen, weil wir blühen.
[131]
Vergiß die Welt, die uns Unkraut schilt!
Versenke die Seele versöhnt und mild
In meine barmherzige Blüte!
Laß heimlich uns trinken die duldsame Güte
Des Mondes/ und rings vom weiten Gefild
Unendlich heilige Ruhe!«