Anmärkungen über seinen Simson.

[493] Zur ersten Einteilung


Des ersten Buches.

Fürst Abdon] der eilfte Richter über Israels Kinder nach Mose / war ein Sohn Hillels oder Elels / wie ihn Flavius Josef / der Jüdische Geschichtschreiber nennet / von Pireaton oder Faraton / aus Efraims Stamme / bürtig. Er hatte vierzig Söhne / und dreissig Kindskinder / die allesamt auf jungen Eselsfüllen / als Landesjunkern / einher trabeten. Seine Herschaft über das Volk Gottes währete nicht länger / als acht jahre: wie im Buche der Richter / am Ende des 12 Hauptstükkes zu lesen. Und hierzu füget obgemeldter Geschichtschreiber / in der 9 Abteilung seines 5 Buches von den Jüdischen Altheiten / noch dieses: Bei ihm (dem Abdon) finden wir nichts Denkwürdiges / als die Vielheit seiner Kinder. Dan der Friede / der zu seiner Zeit in höchster Blühte stund / gab ihm keine Gelegenheit etwas tapferes und ruhmwürdiges zu verrichten. Er hatte vierzig Söhne / und dreissig Enkel: und ward / wan er ausritte / mit diesen siebenzig auserlesenen Reitern begleitet. Die hinterlies er alle bei Leben / üm das 1191 Jahr vor der Heilgebuhrt.

Die Boßheit nahm Oberhand.] Der Begin des 13 Hauptstükkes im 1 Buche der Richter lautet hiervon also: die Kinder Israels tähten fürder übel vor dem HErrn: und der HErr gab sie in die Hände der Filister vierzig Jahre. Flavius Josef aber gedenket keiner Boßheit / deswegen das Volk GOttes diese Strafe leiden müssen; indem er / in der 10 Abteilung obangeführten[493] Ortes / folgender gestalt schreibet: nach dieses (des Abdons) Tode / überwältigten die Filister das Israelische Volk / und machten es ihnen schatzbar vierzig Jahre lang.


Zur 2 Einteilung.


Aus diesem Frieden keumete die Wohllust auf /] die ein. Lokaas ist zu allem Bösen / zu allem Muhtwillen / zu allen Untugenden: weil dadurch die Menschen /eben als durch einen Hahmen die Fische / gefangen werden; wie / dem Plato zur folge / Plautus und Tullius von ihr gantz einstimmig / und schier mit einerlei Worten urteilen / wan sie sagen / und zwar jener / in seinem Kaufmanne / VOLUPTAS EST MALORUM ESCA, QUÒD EÂ NON MINUS HOMINES, QUÁM HAMO CAPIANTUR PISCES; dieser aber /in seinem Kato dem ältern / MALORUM ESCA VOLUPTAS, QUÂ HOMINES CAPIUNTUR, UT HAMÔ PISCES. Nichts anders wil auch eben derselbe Tullius andeuten / wan er in seinem 5 Buche an den Attikus schreibet: MAXIMAS VIRTUTES jacere OPORTET, VOLUPTATE DOMINANTE, wo die Wohllust herschet / müssen die grösten Tugenden unterliegen: und im 2 Buche seiner Freundespflichte /VOLUPTATES, BLANDISSIMÆ DOMINÆ, SÆPE MAJORES PARTES ANIMÆ À VIRTUTE DETOR QUENT, die Wohllüste seind so liebreitzende / so hertzentzükkende Herscherinnen / daß sie oftmahls die meisten Teile der Seele von der Tugend abziehen: wie auch in seinem Kato dem altern / IN VOLUPTATIS REGNO VIRTUS CONSISTERE NON POTEST, im Reiche der Wohllust kan die Tugend nicht bestehen: welchen Spruch Salust folgender gestalt etwas kurtzbündiger gefasset / IN REGNO VOLUPTATIS VIRTUTI NON EST LOCUS, im Wohllustreiche findet die Tugend keine stat: weil den Wohllüsten / und der Tugend zugleich niemand zu dienen vermag; wie man anderswo lieset. Ja eben dahin zielet Seneka / wan er in seinem 52 Sendeschreiben schreibet: QUIDAM SE VOLUPTATIBUS IMMERGUNT, QUIBUS IN CONSUETUDINEM ADDUCTIS, CARERE NON POSSUNT: & OB HOC MISERRIMI SUNT, etliche vertieffen sich in den Wohllüsten / durch Angewohnheit so sehr / daß sie derer nicht entbähren können: und daher seind[494] sie die armsäligsten Menschen: wie auch mehrgemeldter Tullius / wan er die Wohllust / in seinem 1 Buche von den Satzungen / also abmahlet: IMITATRIX EST BONI VOLUPTAS, MALORUM MATER OMNIUM, CUJUS BLANDITIIS CORRUMPUNTUR, QUÆ NFATURÂ SUNT BONA, die Wohllust ahmet dem Guhten nach / wiewohl sie eine Mutter ist alles Bösen; die durch ihre Schmeuchlungen / was von Gebuhrt Guht ist / verbastert. Daher hat die Natur / wie Erasmus von Roterdam meinet / die Menschen keiner töhtlichern Haupt- und Gift-seuche / dan der Wohllust / unterwerfen können; indem aus diesem Brunnen /alle Laster / und alles Elend Menschlichen Lebens hervorkwällen. Aber / was noch am allerschlimsten ist / wie süße sie sich bei uns eingeschlichen / so bitteren Nachschmak / wan sie den Rükken kehret / lesset sie hintersich: ja sie flühet / und uns bleibet / an ihre stat / aller der Jammer bei / darein sie uns gestürtzet. Darum ist es wohl alzuwahr / was mehrerwähnter Tullius / aus dem Musonius / schreibet: SI QUID FECERIS HONESTUM, CUM LABORE, LABOR ABIT, HONESTUM MANET: SI QUID TURPE, CUM VOLUPTATE, TURPITUDO MANET, VOLUPTAS ABIT, wan du was Ehrliches / mit Arbeit /ausgerichtet hast / so verschwindet die Arbeit / und die Ehre bleibt: aber auf eine schändliche Taht / mit Wohllust verrichtet / bleibet die Schande / und die Wohllust verschwindet. Darüm INDURANDUS EST ANIMUS, & À BLANDIMENTIS VOLUPTATUM PROCUL ABSTRAHENDUS, sol man das Gemüht gleich als erhärten / und von den Schmeuchlungen der Wohllüste weit abziehen / schreibet Seneka in seinem Sendeschreiben.


Diese Stille war ihm ein Lokaas zum Bösen.] Eben dahin zielet zugleich mit dieser des Kato Spruch:


NAM DIUTURNA QUIES VITIIS ALIMENTA MINISTRAT.

Der Unfug nährt und mehrt und heuft sich eben /

wan wir zu lang' in stiller Ruhe leben.


wie auch der Redner Demostenes / wan er saget: ie sicherer und ruhiger man ist / ie eher sündiget man.

So schläget auch das Guhte.] BONARUM RERUM CONSUETUDO PESSIMA, Gunter Dinge Gewohnheit schläget zum schlimsten[495] aus / saget fast auf diesen Schlag Publius Sirus / in seinen Gaukel- und Possen-sprüchen. Auch zielet fast eben dahin der Franzosen NUL SOULAS SANS HELAS, keine Freuden ohne Leiden / oder den Freuden folgt Leiden. Eben hierher gehöret mit / was Tullius / in seinem Buche von den Satzungen / saget: BONUS ANIMUS IN RE MALÂ. DIMIDIUM MALI, ein guhtes Gemüht in einer bösen Sache / befindet sich halb Böse /oder ist die Helfte des Bösen.


Zur 3 Einteilung.


Zu gar zu guhten und friedlichen Tagen gehören starke Schultern.] Dan das Alzuviel / das Garzuviel / oder das Ubermaß des Guhten ist so ein Böses Ding / daß alle Boßheit daraus entstehet; wie Teognis in seinen Sprüchen spricht. Daher saget auch Plautus: NIMIA OMNIA NIMIUM EXHIBENT NEGOTIUM, alles Alzuviel macht dem Menschen alzuviel zu schaffen. Ja die Uberviel- und Ubervolheit ist eine Mutter alles Trotzes / und Muhtwillens. Τίκτει Κόρος ὕβριν, SATIETAS FEROCIAM SIVE PETULANTIAM PARIT, seind Solons / und aus ihm des Teognis Worte / bei dem Timäus. Selbst ist sie eine Feindin der Natur. So urteilet von eben derselben Hippokrates / wan er im 2 Buch seiner Artzneisätze setzet: πᾶν τὸ Πολυ τη Φύσει πολέμιον OMNE NIMIUM NATURAE INIMICUM. Daher schreibet Tullius / in seinen Tuskelischen Fragen: AJUNT NIMIA RESECARI OPORTERE, NATURALIA RELINQUI, man sagt /das Alzuviele müsse man abschneiden / und das Natürliche bleiben laßen: wie auch Plutarch / in seinem Kamillus: ἡ δὲ ευλάβεια, καὶ Τὸ Μηδὲν ἄγαν ἄριστον, die Frömmigkeit / und das Nichtzuviel ist das allerbeste. Dieses Nichtzuviel / Μηδὲν ἄγαν, welches Terentz / in seinen Schauspielen / auf lateinisch NE QUID NIMIS gegeben / ist / nach dem Urteile des Sokrates / wie Laertz meldet / die eigne Tugend der Jünglinge: ja es stund / als ein sonderlicher Lehrspruch / im Delfischen Götzenhause / mit unter andern ausbündigsten Sprüchen angeschrieben. Wir Hochdeutschen sagen darvor gemeiniglich: Alzuviel ist ungesund / Alzuviel zerreist den Sak / Alzuvieles[496] Spannen zerbricht den Bogen / Alzuscharf macht scharticht / und dergleichen: welche sämtlich eben so viel bedeuten / als Nichtzuviel; weil man durch beiderlei Sprüchwortsweisen von der Un- oder Uber-mäßigkeit ab- und zur Mäßigkeit an-zumahnen pfleget. Auch gehöret zu gemeldtem Nichtzuviel oder Nichtzusehr dieses des Juvenahls Dichtband aus seinem 11 Schimpfgedichte:


ATQUE VOLUPTATES COMMENDAT RARIOR USUS,


Der seltne Wohllustbrauch macht nur die Wohllust gut;

die sonst vol Boßheit stekt / und Böses würkt / und tuht.


Noch gehöret hierher / was ich zum 11 / und 36 Gemälde des 1 Teils meiner Horazischen Sittenlehre gefüget:


1. Die Wohllust wohnt in dir / nicht in der Schöhnheit Zierde /

Natur hat keine Schuld. Sie gibt zwar die Begierde /

doch durch Gewicht und Maß. Wer mehr tuht / als sie wil /

der findt / in seiner Lust / noch Wind / noch Wetter stil.


2. Die Ubertaht in Pracht / im Tantz' / in Lieb' / im Weine

hat vor so kurtze Wonn' ein alzulanges Leid.

Schmertz / Reu / und Weh gehn auf nach diesem Wohllustscheine /

wie nach der Sonne folgt der Wolken Düsterheit.


Zur 4 Einteilung.


Müßiggang würkt aller Tugenden Untergang.] Σχολὴ τερπνὸν κακόν, der Müßiggang ist ein angenehmes Ubel / sagt Euripides / in seinem Hippolitus. Ja der Müßiggang ist es / der die Wohllust / und aller ahrt Boßheit / wie ihn der gelehrte Roterdammer beschrieben / zur Friedenszeit nähret: dessen anmuhtiges Gift die Tugend erstikket / dessen Ledigkeit nichts Guhtes schaffet / doch dem Menschen so viel zu schaffen giebet / daß er sich aus allen den Unheilen / darein er ihn gleichsam eingewikkelt / schweerlich wieder auszuwiklen vermag. Daher hat jener Dichtmeister sehr wohl gesagt:


BLANDÆQUE VENENO

DESIDIÆ VIRTUS, PAULATIM EVICTA, SENESCIT.[497]


Des Ledigganges süßes Gift /

das Hertz und Muht und Seele trift /

wird algemach der Tugend mächtig /

und macht sie alt / und schwach und schmächtig.


wie auch Sofokles / wan er von diesem guhtscheinendem Ubel also geurteilet: der ledige Lediggang gebähret nichts Guhtes. Auch ist GOtt von den Lediggängern entfernet. Eben dahin zielet auch Lukan / wan er / in seinem 4 Buche / spricht: PRAVAM SEMPER DANT OTIA MENTEM, der Müßiggang giebt allezeit ein verkehrtes Gemüht. Dan wie der Fleis reich machet / so macht der Unfleis / im Lediggehen / ein verdorbenes Gemüht / sagt schier eben also der Verfasser des Buches an den Herennius; dessen eigene Worte folgende seind: DILIGENTIA COMPARAT DIVITIAS, NEGLIGENTIA CORRUMPIT ANIMUM. Hierher gehöret dieses bekante Sprichwort: HOMINES NIHIL AGENDO MALÈ AGERE DISCUNT, die Menschen lernen / durch nichts tuhn / böses tuhn: wie auch / was Ennius sagte: OTIO QUI NESCIT UTI, PLUS NEGOTII HABET, QUÀM CÙM EST NEGOTIUM IN NEGOTIO, Wer der Muße nicht zu gebrauchen weis / der hat mehr Unmuße / dan in der Unmuße selbsten ist / oder der macht ihm mehr Mühe / als wan die Mühe mitten in der Mühe ist: welches die Griechen / bei dem Suidas /in diese drei Worte gefasset / Πράγματ᾽ ἐξ ἀπραξίας, EX OTIO NEGOTIUM (OTIUM NEGANS OTIUM) aus der Muße komt Unmuße / oder Muße hägt Unmuße; dem unser Hochdeutsches Lust häget Last / welches ich ümgekehret / Last häget Lust / in der Edlen Rosenzunft / zu meinem Zunftspruche gewehlet /nicht ungleich. Nirgend andershin zielet auch eben derselbe Ennius / in den Atehnischen Nächten des Gellius / oder Agellius / wie ihn etliche nennen / wan er spricht: OTIUM QUI MALÈ COLLOCAT, PLUS MOLESTIAE SIBI EX IGNAVIÂ ADSCISCIT, wer die Muße übelanwendet / der wendet ihm / aus dem Müßiggange / nur Unmuße zu / oder der schaffet ihm / im Lediggange / mehr zu schaffen / als ihm die Geschäfte selbst schaffen.

Durch ihn werden die Muhtigsten Muht- die Mächtigsten Macheloß.] Der Franzosen Sprichwort ist: NE SOIS PAS[498] PARESSEUX, SI NE VEUX ESTRE DISERTEUX; welches ich also erklähre:


Wan du wilst Muht und Bluht und Guht erhalten /

so laß bei dir die Faulheit ja nicht schalten.


dem seind diese folgende zwei des Kato nicht ungleich:


CONSERVA POTIUS, QUÆ SUNT TIBI PARTA LABORE.

CUM LABOR IN DAMNO EST, CRESCIT MORTALIS EGESTAS.


Erhalte / was du hast / durch Fleis und Schweis / erworben:

komt der erst nach Verlast / so bist du schon verdorben.


Der Sin ist: es fället dir viel leichter das mit Arbeit erworbene / durch Arbeit / zu erhalten / als durch eben dieselbe das mit Faulheit verlohrne zu ersetzen; weil alsdan das Armuht sich mehret.


SEGNITIEM FUGITO, QUÆ VITÆ IGNAVIA FERTUR:

NAM CÙM ANIMUS LANGUET, CONSUMIT INERTIA CORPUS.


Ergib dich nie dem müßig-faulem Leben /

das weder Muht / noch Stärke dir kan geben.


Durch ihn gerahten die stärksten Stahtswesen zum Falle.] IGNAVIA PESTIS MAXIMA REIPUBLICÆ, die Faulheit ist die gröste Giftseuche des gemeinen Wesens / sagt der gelehrte Roterdammer. Und Katul schreibet an seine Lesbie: OTIUM REGES PRIUS, & BEATAS PERDIDIT URBES, das Faulentzen in lediger Zeit hat die Könige / samt den glüksäligen Städten / in das Verderben gestürtzt. Hierher zielet auch Demostenes / wan er saget: der Glüksfal fället behände von einer Seite zur andern /bald auf die guhte / bald auf die böse: was aber durch der Menschen Faulheit und Nachläßigkeit geschiehet /dem folget die gewisse Niederlage / mit dem endlichen Verderben. Ein so gar böser Unstern feuret / bei so süßer lediger Zeit / über unserem Heupte / daß er uns alles Böses / was in einigem Stahtswesen kan gefunden werden / verkündiget / oder vielmehr andreuet. Da heisset es dan wohl recht / NUL OR SANS ESCUME, kein Gold ohne Schaum; wie die Franzosen sprichwortsweise zu sagen pflegen: indem der güldne Freudenblik der[499] Friedensmuße so ein abgescheumtes verderbliches Wesen / wiewohl durch unsere selbsteigene Verwahrlosung / mit sich schleppet. Dan da werden die Stahtsordnungen verunachtsamet / ja fallen endlich gar über einen Hauffen. Da heist es dan wieder / OU MANQUE POLICE, ABONDE MALICE,


Wo der Staht verliert den Zaum /

da findt alle Boßheit Raum /


nach dem Französischen / und unserem Sprichworte. Da werden alle heilsame Satzungen mit Füßen geträhten. Da tuht einieder / was ihn lüstet. Da lebet /ja herschet schier einieder nach seinem verkehrten eigenem Sinne. Und dan heist es abermahl: OU SENSUALITÉ DOMINE, EST FORT PROCHE LA RUINE, wo die Sinligkeit herschet / ist der Untergang sehr nahe.


Herscht der eigne Kopf und Sin /

fält der Staht zu Trümmern hin.


Dagegen stehet ein Staht / dessen Volk in stähter Arbeit bleibet.] Dan die Arbeit / sagt Xenofon / im 2 seiner Lehrbücher / ist eine Führerin des glüksäligen Lebens. Und πόνου χωρὶς ουδὲν ευτυχει, ohne die Arbeit ist nichts glüklich / seind des Sofokles Worte / in seiner Elektra: der auch dieses Lehrgebot giebet: μοχϑειν ἀνάγκη τους ϑέλοντας, die glüksälig sein wollen / müssen arbeiten: welches Salust im Lateinischen mit folgenden Worten ausgedrükket: QUI FELICES ALIQUANDO ESSE VOLUNT, LABORARE DEBENT. Zur Arbeit wird auch der Mensch /nach Adams Falle gebohren; wie der Vogel zum Flügen. Ja GOtt selbst hat ihm / schon im Paradiese / die Arbeit auferlegt / daß er / im Schweisse seines Angesichtes / sein Broht essen solte. Hieraus flüßen gleichsam diese / des Epicharms Worte / bei dem Stobäus: Τῶν πόνων πολοῦσιν ἡμιν πάντα τ᾽ ἀγαϑὰ οἱ ϑεοί, durch die Arbeit verkauffen uns die Götter alles / was Guht ist: wie auch / was Timokles / bei eben demselben Stobäus / spricht: ἄνϑρωπός ἐστι ζωον ἐπίπονον φύσει, der Mensch ist / seiner Gebuhrt nach / ein arbeitsames (wo nicht vielmehr arbeitsäliges) Tier. Keine gebrahtene Taube komt ihm in den Mund geflogen. Kein Ding erlangt er / ohne[500] die Arbeit / sagt Fozilides: Und Xenofon / im 6 B. seiner Griechischen Begäbnisse: alles / was süße / was angenehm ist /wird durch Arbeit zu wege gebracht. Alles / was schön ist / wird durch unendliche Arbeit erlangt /seind des Euripides Worte; welche Diodor der Sikuler also erklähret: alles / was schön / und dem Menschen wunderbar ist / wird durch Arbeit / und Gefahr erhalten. Seneka stimmet mit ein / wan er schreibet: NATURA PULCHERRIMAE CUIQUE REI LABO REM PRAEPOSUIT, die Zeugerin der Dinge hat über oder für ein iedes der schönsten unter ihnen die Arbeit gesetzt. Ja die Arbeit ist selbst eine Mutter des ehrlichen Nahmens; wie sie Euripides nennet. Darüm φεύγων πόνους, φεύγει καὶ τιμάς, wer Arbeit ausschläget / schläget auch die Ehre aus / sagte Tuzidides.


ATRIA PRIMA LABOR, TECTI PENITRALIA VIRTUS,

SERVAT. IN EXTREMÂ PARTE LOCATUR HONOR.


seind des Mantuans Dichtbände / die wir also erklähren:


Die Arbeit geht voran / die Tugend in der Mitte:

die Ehre folgt zu letzt / mit langsam-leisem Tritte.


Eben derselbe giebt uns auch / im 2 B. seiner Wälder / folgenden Saffischen Satz:


OTIUM CLARI FUGIUNT HONORES.

NOBILES DUCIT LABOR AD TRIUMPHOS.

SUDOR INSIGNES ITER AD CORONAS MONSTRAT APERTUM.


Kein' Ruhm / noch Ehre wird / durch Müßiggang / erlanget /

Kein' edle Siegespracht. Daß man mit Krohnen pranget /

mit Ehre / Ruhm / und Preis' / im Siegsgepränge geht /

das macht die Arbeit nur / die niemahls stille steht.


Fast auf diesen Schlag schläget sein Seitenspiel der gelehrte Verien:


NON NISI PER MAGNOS AD PRÆMIA MAGNA LABORES

ITUR: AT IGNAVIS NULLA CORONA DATUR.


Nicht / als durch sauren Fleis und Schweis /

erlangt man einen süßen Preis.

Kein fauler Kopf verdient die Krohne /

die bloß der Arbeit wird zu Lohne.[501]


Auch zielet abermahl eben dahin / wiewohl auf geistliche Weise / mehrangezogener Mantuan / wan er also singet:


NON NISI PER MULTOS VOLUIT DEUS ESSE LABORES

AD SUA REGNA VIAM, NEC SLDERA SEGNIBUS OFFERT.


GOTT wil den Weg zum Himmel hin

nicht ohne Mühe wandeln laßen.

Kein träger Fuß / kein fauler Sin

naht iemahls sich den Sternenstraßen.


Zur 5 Einteilung.


Von diesem Solon schreibet Alex(ander) von Alex(ander) in seinem 3 B. daß er dieselben / welche / durch Faulentzen / und böse Tükke / den Leuten überlästig waren / allezeit mit schweeren Strafen zu belegen erkennet. Eben derselbe gedenkt auch alda /im 13 Hauptst. des Drakonischen Gesetzes wider den Müßiggang.

Von den Sardischen Gesetzen meldet Elian / im 4 B. seiner mancherlei Geschichte.

Der Atehner Satzung führet / unter andern Einsetzungen der Alten / in seinem 2 B. Valerius Maximus mit an; wie auch Stobäus / in seiner 42 Rede.

Von den Nabatäern giebet uns Nachricht obgemeldter Alex(ander) von Alex(ander) im 13 Hauptst. seines 3 B.


Zur 6 Einteilung.


Der Lukaner strengen Satzung wider das Laster des Faulentzens / und üppigen Lebens gedenket Nikolaus / in seinem Buche von den Sitten der Völker; wie auch Stobäus / in seiner 42 Rede.

Die den Müßiggängern.] Wer diesen Leuten guhtes tuht / der entzihet ihm dadurch selbst das Guhte / ja tuht ihm selbst Böses. Daher sagt Teognis:


Δείλους δ᾽ εὖ ερδοντι δύω κακά: τῶν τε λὰρ αυτοῦ

χηρώσει πολλῶν, καί χάρις ουδεμία.[502]


Zwei Ubel schaff' ich mir / der Faulen Guhtes tuh:

die Mindrung meines Guhts / und Undank noch darzu.


Von den Massiliern bezeuget dieses Valer(ius) Max(imus) im 2 B. von den Satzungen der Alten.

Keiser Wentzel ward / seiner Faulheit wegen / vom Reichsgebiete verstoßen: wie Volaterran / im 23 Buche / wie auch Nikolaus Witte von Liljenau / unter den Deutschgesinten der Selbliche / in seinem Röhmischen Adler / und Kuspinian / im 2 Teil von den Röm(ischen) Keisern / bezeugen. Eben dieselben haben auch geuhrkundet / daß Keiser Romahn der Jüngere / des Romahns Laukapenus des ältern Tochtersohn / seines faulen und wohllüstigen Lebens wegen / dem Heerführer Josef Bringen das Reich übergeben müssen.


Zur 7 Einteilung.


Der dreiköpfichte Höllenhund / Kerver oder Zerber / Κέρβερος oder CERBERUS, wie er von den Dichtmeistern insgemein genennet wird / war eigendlich eine selbsterdichtete oder zum wenigsten ümgestaltete vielköpfichte Schlange / oder vielmehr ein Schlangenhund; welcher vor Plutons Höllenburg / in einer fünsteren Höhle / das Höllentohr zu bewahren / sol gelegen / und den Eingehenden überaus geschmeuchelt /die Ausgehenden aber gefressen / oder doch / mit erschröklichem Geklaffe / ihnen den Ausgang verwehret haben. Daher schreibet Hesiodus / in seinem Gedichte von der Göttergebuhrt / von der 769 Zeile bis auf die 775 / unter andern folgender Gestalt:


δεινὸς δὲ κύων προπάροιϑε φυλάσσει;

νηλειής, τέχνην δὲ κακὴν ἔχει: ἐς μὲν ἰόντας

σαίνει ὁμῶς ουρη τε καὶ οὔασιν ἀμφοτέροισιν:

ἐξελϑειν δ᾽ ουκ αὖτις ἐᾷ πάλιν, ἀλλα δοκεύων

ἐσϑίει, ὅν κε λάβησι πυλέων ἔκτοσϑεν ἰόντα

ἰφϑίμου τ᾽Ἀίδεω καὶ ἐπαινῆς Περσεφονείης.


welches / schier von Worten zu Worten verhochdeutscht / also lautet: aber ein rauer grimmiger Hund hühtet vor der Tühre; der eine böse tükkische Ahrt an sich hat. Den Eingängern[503] schmeuchelt er zwar mit dem Schwantze so wohl / als mit beiden Ohren: aber er lesset sie nicht wieder hinaus gehen; sondern lauret / und frisset einen ieden / den er / im ausgehen aus der Tühre des starken Plutons / und der ansehnlichen Proserpine / betrappet.

Diese greuliche Schlange hat Homerus / wie Pausanias bezeuget / zum allerersten einen Hund genennet; vielleicht daher / weil sie voran drei Köpfe / die den Hundesköpfen nicht ungleich / sol gehabt haben: wiewohl er sonsten von ihrer Gestalt nichts gemeldet /gleichwie die folgende Dichter getahn: die ihr so viel /doch der eine mehr / der andere weniger Köpfe / ja selbst den Nahmen Kerver oder Zerber zugeeignet.

Von gemeldten drei Hundesköpfen scheinet es auch entsprossen zu sein / daß die meisten alten Dichtmeister / ja Tullius selbsten / in seinen Tuskelischen Fragen / diesem Ungeheuer nicht mehr / als nur drei Köpfe / zugeschrieben / und es darüm gemeiniglich das dreiköpfichte / dreischnauzichte / wie auch dreizüngichte / und dreihälsichte genennet. Als / unter andern / Sofokles / wan er / in seinem Trachinischen Heldenspiele / also saget: τόνδ᾽ ὑπὸ χϑονὸς Ἅιδου τρίκρανον σκύλακ᾽ ἀπρόσμαχον τέρας δεινῆς Εχίϑνης ϑρέμμα; welches Tullius / im 2 B. seiner Tuskelischen Fragen / mit folgenden Lateinischen steigenden Bänden ausgedrükt:


HÆC À TARTAREÂ TENEBRICÂ ABSTRACTUM PLAGÂ

TRICIPITEM DUXIT HYDRÂ GENERATUM CANEM.


das ist / diese Faust hat den dreiköpfichten Hund /den die Schlange (Echidna / die Schlangenfrau / die Halbschlange / Halbfraue war / dem Tifon) gebohren / aus der fünsteren Hölle hervorgezogen; wie auch Virgiel / im 6 B. vom Eneas:


CERBERUS HÆC INGENS LATRATU REGNA TRIFAUCI

PERSONAT, ADVERSO RECUBANS IMMANIS IN ANTRO,


der ungeheure Höllenhund Zerber erfüllet dieses Höllenreich mit dem Gebälle seines dreifachen oder dreischnauzichten Rachens; indem er in der nächstgelegenen Höhle lieget / und lauret: und Tibullus / in seinem 3 Buche:[504]


NEC CANIS ANGUINEÂ REDIMITUS TERGA CATENÂ

CUI TRES SUNT LLNGU Æ, TERGEMINUMQUE CAPUT.


Auch nicht der Höllenhund / dessen Rükken mit einer Schlangenkette ümgeben / und der drei Zungen / und einen dreifachen Kopf hat. Ja Horatz selbsten beschreibet diesen Höllenwächter / wiewol er ihn anderwärts ein hundertköpfichtes Untier nennet / im 3 B. seiner Leierlieder / gleichesfals mit drei Zungen / wan er saget:


CESSIT IMMANIS TIBI BLANDIENTI

JANITOR AULÆ

CERBERUS: QUAMVIS FURIALE CENTUM

MUNIANT ANGUES CAPUT EJUS, ATQUE

SPIRITUS TETER, SANIESQUE MANAT

ORE TRILINGUI.


Zerber / der abscheulich-greulichen Höllenburg Tohrhühter / wich dir selbst aus dem Wege / da du ihm liebkosetest: wiewohl üm seinen grimmigen Kopf herüm hundert Schlangen schlingern / auch ein giftiger Ahtem / und stünkender Eiterschaum aus seinem dreizüngichtem Rachen flüßet.

Eben also eignet ihm Ovidius auch drei Zungen oder vielmehr drei Hälse zu / wan er spricht:


EXORANDA CANIS TRIA SUNT LATRANTIA COLLA,


Man mus des Höllenhundes drei bällende Hälse / das ist drei Köpfe / darzu erbitten.

Weil aber mehrgemeldtes Greueltier / nach dem gemeinen Wahne / wie es Apollodor / in seinem 2 B. beschreibet / einen Drachen- oder Schlang-schwantz /und nicht allein drei Hundesköpfe / sondern auch auf dem Rükken unterschiedliche Schlangenköpfe gehabt; daher Katullus / am itzt angeführten Orte / seinen Rükken mit einer Schlangenkette gleichsam ümwunden / ja Horatz auch seinen Kopf mit hundert Schlangen / die üm denselben / an Haare stat / gezottelt und geschlottert / abgemahlet: so hat ihm Hesiodus fünfzig Köpfe zugeeignet. Seine Worte lauten / in seiner Göttergebuhrt / hiervon also:[505]


Δεύτερον αὖτις ἐτίκτεν ἀμήχανον, οὔτι φατειόν,

Κέρβερον, ὠμηστὴν, Ἀίδεω Κύνα χαλκεόφωνον,

πεντηκοντακάρανον, ἀναιδέα τε, κρατερόν τε,


darnach gebahr sie (die eben itzund erwähnte Halbjungfrau Echidna / aus dem Beischlafe des Sturmwindes Tifons) wieder den grimmigen / unfreundlichen /und fressichten Zerber / des Plutons gewaltigbällenden / funfzigköpfichten / unverschähmten und starken Hund.

Ja Isazius dichtet ihm gar noch eins so viel an /nähmlich hundert Köpfe / wan er also schreibet: alda /(in der Hölle) sagen sie / sollen der Menschen Seelen sein; welche des Plutons Hund / der hundert Köpfe hat / bewahret. Sie sagen auch überdas / er heisse die Ankommenden Seelen mit liebeln wilkommen: aber die Ausgehenden treibe er zurük. Darüm wan sich etwan eine zu entschnappen unterstünde / die ergriffe er straks / und freße sie auf.

Hiemit stimmet auch Horatz überein / wan er / im 2 B. seiner Leiergesänge gemeldten Hundes mit folgenden Worten gedenket:


QUID MIRUM? UBI ILLIS CARMINIBUS STUPENS

DEMITTIT ATRAS BELLUA CENTICEPS

AURES; & INTORTI CAPILLIS

EUMENIDUM RECREANTUR ANGUES,


was für ein Wunder ist es? indem das hundertköpfichte Tier / über diese Lieder (der Saffo / und des Alzäus) bestürtzt / seine schwartze Ohren lest hängen; und die Schlangen / die in den Haaren der Rasereien /oder Höllischen Plagegespänster verwürret liegen /und krübbeln / sich daran erlustigen.

Wiewohl nun alles dieses / was die alten Dichter ihrem Kerver oder Zerber zueignen / sie mögen ihn als einen Drachen oder eine Schlange / oder aber als einen Hund / oder auch als einen Schlangenhund / das ist Halbhund / und Halbschlange / beschreiben / überal für ein Mährlein und Dichtwerk gehalten wird; so scheinen sie doch den Faden hierzu nicht bloß aub ihrem müßigen Gehirne / sondern zugleich und zuförderst aus zweierlei wahrhaftigen Geschichten / welche sie / ein einiges[506] Mährlein daraus zu schmieden / ihrer Gewohnheit nach / zusammen und durcheinander gemischet / angesponnen zu haben.

Nähmlich wan sie ihren Kerver oder Zerber / als eine Schlange oder Halbschlange / oder aber als ein Untier / mit vielen Schlangen und Nattern gleichsam bewachsen / beschrieben / das ist aus der Lakonischen Geschicht von der ungeheuren Tenarischen Schlange geflossen: welche / wie Pausanias und Hekatäus uhrkunden / in einer tieffen / schlammichten / und fünstern Kluft oder Gruft / vol abscheulichen Geheules und Gereusches / des Tenarischen Vorgebürges /nicht weit von Sparta / ihr Schlaufloch gehabt / und so giftig gewesen / daß sie / durch ihren Bis / iederman / der ihr zu nahe gekommen / von Stunden an getöhtet; daher sie auch ohne Zweifel den Nahmen Kerver / Κέρβερος, welches aus, Κρεόβορος, das ist Fleischfresser gebildet zu sein scheinet / indem sie zu gleich das Fleisch der ertöhteten Menschen und Tiere gefressen / bekommen / ja endlich gar der Höllische Hund / von ihrem abscheulichtöhnenden und gleich als klaffendem Gezische / genennet worden. Ja es stärket mich in solcher Meinung noch dieses / daß die Alten gemeldte Kluft für den Eingang zur Hölle gehalten; wie / unter andern / Virgiel seinen Wahn hiervon frei heraus bekennet / wan er / im 4 B. seines Gedichtes vom Feldbau / mit folgenden Worten sich hören lesset:


TÆNACRIAS ETIAM FAUCES, ALTA OSTIA DLTIS,


das ist / auch den Tenakrischen Schlund / das hohe Tohr des Höllenwühterichs. Hierzu komt auch / daß man gedichtet / Herkules habe diese Schlange / durch eben dieselbe Tenakrische Kluft oder Höhle / herauf aus der Hölle geführet: da sie dan / so bald sie das Tagesliecht erblikket / einen abscheulichen giftigen Schaum auf das Erdreich gespiehen; daraus die Tol- oder Teufels-wurtz / welche sonst auch Wolfswurtz /und Eisenhuht / von den Griechen aber und Lateinern ACONITIS genennet wird / sei aufgewachsen: wie Strabo / in seinem 8 Buche / bezeuget.

Wan sie aber eben demselben Kerver die Gestalt eines Hundes[507] angedichtet / oder ihm einen dreifachen Hundeskopf zugeeignet / des haben sie aus der Begäbnis des Piritous / welcher Ixions / des unglüklichen Königes der Lapiter in Tessalien / eben so unglüklicher Sohn und Nachsas im Reiche war / genommen. Dieser Piritous entführete / mit dem Teseus / des Atehnischen Königes Egeus / aus der Etra / Sohne /und Nachsassen / wie Strabo im 9 B. meldet / die weltberufene schöne Helene: die nachmahls auch Paris geraubet; da dan / aus ihren durch Reue entstandenen Trähnen / das zur Liebe reitzende Kraut / wan es im Weine getrunken wird / welches / nach ihrem Nahmen / die Griechen ελένιον, die Lateinei auch HELENIUM, ja wir selbsten / wiewohl etwas verändert / Aland / als sagte man Helend / nennen / entsprossen zu sein Alexander Kornelius / in seinen Frigischen Begäbnissen / aufgezeichnet.

Weil aber Piritous die Geraubte seinem Gefährten /dem Teseus / der sie durch das Loß gewonnen / zu besitzen überlaßen muste; so muste Teseus dagegen /aus Kraft ihrer zuvor erneuerten und fester geschlossenen Freundschaft / und ihres, unterlichen mit einem Eidschwuhre bekräftigten Vergleichs / dem Piritous /im entführen einer andern dergleichen Schönheit /wiederüm hülfliche Hand leisten. Dem zur folge begab sich dan dieses getreue Freundepaar in das Epirische oder Tesprotische Reich / zum Könige der Molossen / dem Adoneus / welcher zugleich Pluto und Dis / oder Aistes und Orkus Ines / dessen aus der Zeres fürtreflich schöne Königliche Tochter Proserpine zu rauben. Dan weil der Königliche Vater / unter andern großen und starken Hunden / die man in Molossien / daher es auch diesen Nahmen bekommen / in großer Mänge fand / einen gewaltig-ungeheuren Kettenhund / der Kerver hies / hatte / mit dem alle Freuer der Proserpine zuvor fechten musten / ehe man den Zutrit ihnen vergönte; da sie dan von ihm / sofern sie den kürtzern zogen / alsobald gefressen warden: so wolte Piritous sein Leben keines weges so lüderlich auf die Wageschahle setzen; sondern entschlos sich itztgenente Königliche Schöne mit List zu entführen. Doch diese List mislung. Der Anschlag schlug fehl. Die Sache brach aus. Beide / Piritous und Teseus /warden gefangen: ja jener dem Kerverhunde[508] / der ihn auch auffraß / wie Seneka / in seinem Herkules / meldet / straks vorgeworfen; dieser aber / weil ihn die Sache des Piritous selbst nicht eigendlich anging / mit dem Leben begnadigt / doch gleichwohl / bis auf des Herkules Ankunft / der ihn erlösete / gefänglich gehalten.

Auf itzterzehlte Weise haben diese Begäbnis zwar Plutarch / in seinem Teseus / und Zezes / im 2 hunderte seiner Geschichte / der Nachwelt hinterlaßen. Aber Pausanias meldet / in seinen Attischen Händeln / daß Piritous und Teseus die Proserpine nicht mit List zu rauben sich unterfangen; sondern sie hetten den König der Molosser mit gewafneter Macht / ihm die Königliche Tochter abzuzwingen / überfallen: da dan Piritous / mit seinen meisten Völkern / in der Schlacht geblieben / Teseus aber gefangen worden.

Aus dieser Begäbnis haben die alten Dichter nachmahls / unter andern / gedichtet / daß gemeldte beide Helden sich, hinunter in die Hölle begeben / und dem Pluto seine Gemahlin die Proserpine zu entführen unterwunden: welches dan Virgiel / in seinem 6 B. vom Eneas / selbsten berühret / wan er also spricht:


NEC VERÖ ALCIDEM ME SUM LÆTATUS EUNTEM

ACCEPISSE LACU; NEC THESEA, PIRITHOUMQUE:

DÎS QUANQUAM GENITI, ATQUE INVICTI VIRIBUS ESSENT.

TARTAREUM ILLE MANU CUSTODEM IN VINCLA PETIVTT,

IPSIUS À SOLIO REGIS TRAXITQUE TREMENTEM.

HI DOMINAM DITIS THALAMO DEDUCERE ADORTI.


Auch war es mir nicht lieb (redet der Höllische Fährman Karon) den ankommenden Herkules wie auch den Teseus / und Piritous mit auf den Höllenflus zu nehmen: ob sie schon von den Göttern gezeuget / und einer unüberwindlichen Tapferkeit waren. Dan jener hat den Höllischen Wächter (Kerver) in die Fessel geschlagen / und von des Höllischen Königes Reichsstuhle selbst / dahin er sich zitternde begab / weggerissen: ja beide haben sich gar die Gemahlin des Plutons aus seinem Ehbette zu entführen unterfangen.[509]

Zudem haben auch eben dieselben Dichtmeister ihren Höllenflus Acheron selbsten aus dieser Gegend / da sich gemeldte Geschicht mit dem Piritous und Teseus begeben / genommen. Dan daß ein sogenenter Flus aus dem Epirischen Seebusem Acheruse / bei der Stadt Heraklee / nicht weit von Sinape / sich ergossen / und bei demselben ein Ort / den man für den Eingang zur Hölle gehalten / gewesen / dadurch auch Herkules den Höllenhund Kerver sol herauf geschleppet haben / bezeuget Aretades / im 2 B. seiner Mazedonischen Geschichte / und Apollonius / in seinem 2 Buche / sowohl selbst / als dessen / und Nikanders Anmärker / wie auch Pomponius / Nimfis / und Strabo / im 5 Buche.

So sehen wir dan alhier / aus itzt angeführten / augenscheinlich genug / daß der alten Dichtmeister Künstelwerk nicht allezeit ein solches eiteles und leeres Dicht- oder Mährlein-werk sei / darunter gar nichts wahres verborgen / wie etwan die alten Spinweiber herzuschwatzen pflegen; sondern mehrern teils entweder aus wahrhaftigen Geschichten / oder aus der Angebohrenheit der Dinge / oder auch aus der Sittenlehre / ja zuweilen aus allen dreien zugleich geflossen.

Was die Angebohrenheit oder angebohrene Kraft der Dinge betrift / so darf ich schier sagen / daß sie durch ihren dreischnauzichten Höllenhund Kerber /indem sie gedichtet / daß ihn Tifon / dadurch sie die Hitze der Sonne verstehen / mit der Echidna / das eine Natter heisset / die ein gantz kaltes Ungeziefer ist /gezeuget / die Gebuhrt der Natürlichen Dinge gleichsam abbilden wollen: weil diese Gebuhrt aus der Vermischung solcher hitzigen und kalten Eigenschaft oder Sotabnigkeit eigendlich entstehet.

Wan sie ferner dichten / daß der Höllenhund den Eingehenden geschmeuchelt / und die Ausgehenden abgeschrökket und zurük getrieben; so scheinet es /daß sie dadurch die Eigenschaft der Natur bezeichnen wollen: welche den Eingehenden in das Leben liebkoset / den Ausgehenden aber widerstrebet / als eine solche / die aus eigner Ahrt das Sterben scheuet.

Auch kan die fünstere schlammichte Höhle / darinnen Kerver sein Lager gehabt / auf die Unwissenheit seiner selbst /[510] und den Unflaht / daraus alles entsprüßet / gedeutet werden: wo man hierdurch nicht lieber die fünsteren Gräber verstehen wil; darinnen auch die Nattern / welche man dem Kerver angedichtet / gern zu wohnen / und das Fleisch der Abgeseelten / wie von ihm gemeldet wird / zu verzehren pflegen: daher auch der Höllenhund Kerver / das ist Fleischfresser /genennet zu sein scheinet.

Was endlich die Sittenlehre betrift / darinnen kan mehrgemeldter Höllenhund nichts besser und eigendlicher abbilden / als den Geldgeitz / und die Begierde des Reichtuhmes: weil sein Herr selbsten sowohl / als dessen Sohn / der auch deswegen / wie Aristofanes /und Timokreon melden / vom Jupiter geblendet zu sein scheinet / wiewohl es Teokritus / und Plato leugnen / über die Reichtühmer geherschet: daher dan jener Pluto und Dis / dieser aber Plutus / beide vom Reichtuhme genennet worden. Dan wie Kerver den Ankommenden Seelen sein Wohlgefallen / mit Ohrenspitzen und Schwantzwedeln / den Weggehenden aber sein Misfallen / mit erschröklichem Bällen / bezeuget: so empfänget der Geitzhals den ankommenden Reichtuhm mit großen Freudenbezeigungen; wan er aber nur etwas darvon missen / und ausgeben sol / ob es auch schon die höchste Nohtwendigkeit erfordert /alsdan ist er so karg / so filtzicht / so hündisch / und ahrtet dem Höllenhunde so eigendlich nach / daß er darwider bället / und bälvert / ja für Widerwillen schier tol zu werden beginnet.

Wie ferner aus diesem Untiere schier unzehliche Schlangen und Schlangenköpfe hervorrageten; so sprüßen aus dem Geitze / dem eigenen Brunnen alles Ubels / schier unzehlige Laster und Sünden / ja nicht weniger Gefährligkeiten. Wie eben dasselbe in einem düsteren unflähtigem Schlaufloche hausete; so hauset auch der Geitz / als das allerhäslichste Laster / in einer fünstern und garstigen Seele / ja der Geitzige gesellet sich zu keinen / als unflätigen Garsthämmeln /und lieget / mit der Sündennacht ümfangen / gleich als im stünkenden Modder aller Untugenden versunken: da er weder ihm / noch dem Nächsten dienet /und weder seine / noch eines andern Ehre suchet.[511]

Wie endlich mehrgemeldtes Greueltier mit drei Hundesköpfen zugleich bället / zugleich beisset / zugleich frisset; so siehet man den Geitzhals / mit dem dreifachen Hauptlaster der Vergessenheit GOttes / des Nächsten / und seiner selbst / sich zugleich wider GOtt / zugleich wider seinen Nächsten / und zugleich wider sich selbst versündigen: wo man nicht vielmehr durch seine drei Hundesschnautzen / mit meinem Simson / den Müßiggang / die Sünde / und den Zorn GOttes / das dreifache Ubel im Menschlichen Leben; oder aber noch vielmehr / mit dem seeligen Luhter /die Sünde / das Gesetz / und den Tod / darunter die erste zur Geschicht / das zweite zur Sittenlehre / der dritte zur Natur kan gezogen werden / verstehen wolle.


Zur 8 Einteilung.


Nichts in der Welt ist leichter / als Sündigen.] Der Weg zur Untugend / seind des Plato Worte / ist leicht / aber zur Tugend schweer: weil wir alle von Natur heimlich und öffendlich zu sündigen geneugt seind; wie Diodor saget. Hierher gehören mit diese des Tullius Worte: HUMANUM EST ERRARE, SED FERINUM PERSEVERARE IN ERRORE, Irren ist Menschlich; aber im Irtuhme verharren ist Viehisch: welche anderwärts eben derselbe / etwas verändert /folgender gestalt ausspricht: CUIVIS EST HOMINIS ERRARE: NULLIUS, NISI INSIPIENTIS, PERSEVERARE IN ERRORE, einieder Mensch irret: aber keiner / als ein Tohr / bleibet im Irtuhme. QUILIBET MORTALIUM ERRORIBUS OBNOXIUS, einieder unter den Sterblichen ist den Irtühmern unterworfen /sagt fast auf eben den Schlag Guikziardien. Salomon zielet eben dahin / wan er / im 20 h. seiner Sprüchwörter / also spricht: wer kan sagen / ich bin rein in meinem Hertzen / und lauter von meinen Sünden? Wie auch Job im 24 Hauptst. seines Buchs: wer wil einen Reinen finden / da keiner rein ist: und Esaias im 64 h. seiner Weissagung: Wir seind alzumahl / wie die Unreinen / und alle unsere Gerechtigkeit ist vor GOtt / wie ein unflähtiges Kleid.[512]


Zur 9 Einteilung.


An ihres GOttes stat ehreten sie fremde Götzen.] TURBATA RELIGIO POLITIAM TURBAT, der verunruhigte Gottesdienst verunruhigt den Staht / sagt Lipsius / in seinem Buche vom Gottesdienste. Ja er füget hinzu: À NULLÂ RE MAJUS PERICULUM IMPERIIS & SCEPTRIS, QUÀM AB INNOVATÂ & INSIMULATÂ RELIGIONE, nichts bringt den Herschaften und Königen grössere Gefahr / als der veränderte und heuchlerische Gottesdienst. Hierher gehöret auch dieses des Tullius: PIETATE ADVERSUS DEOS SUBLATÂ, FIDES ETIAM, & SOCIETAS GENERIS HUMANI, & UNA EXCELLENTTSSIMA VIRTUS, JUSTITIA, TOLLATUR NECESSE EST, wo der Gottesdienst aufgehaben wird / da mus auch die Treue / mit der Geselschaft des Menschlichen Geschlächts / und, die fürtreflichste Tugend / die Gerechtigkeit / zugleich nohtwendig aufgehoben werden.

Darum übergab Er sie.] FELIX GRIMINIBUS NULLUS ERIT DIU, keiner / der sich mit Lastern beschmützet / wird lange glüksälig sein / sagt Ausonius: dem Juvenal / in seinem 4 Schimpfgedichte zustimmet / wan er schreibet: NEMO MALUS FELIX, kein Böser ist glüksälig. Hierher gehöret auch dieser Stahtsspruch: CRESCENTIBUS PECCATIS, INDE USQUE AB INITIO CREVIT SERVITUS, & IMPERIORUM ASPERITAS, wo die Sünde zunimt / da hat allezeit vom Begin an die Dienstbarkeit / und harte Herschaft zugenommen: NUL VICE SANS SUPPLICE, kein Laster ohne Strafe / ist der Franzosen Sprichwort: dem nicht ungleich / was Horatz in seinem 5 Leierliede des 4 B. saget: CULPAM PŒNA PREMIT COMES, die Strafe folgt der Sünde straks auf den Hakken nach. Ja es reimet sich hierher am allerbesten / was ebenderselbe im 2 Leierliede seines 3 B. singet:


SÆPE DIESPITER

NEGLECTUS, INCESTO ADDIDIT INTEGRUM.

RARÒ ANTECEDENTEM SCELESTUM

DESERUIT PEDE PŒNA CLAUDO,


Der verunachtsamte Gott Jupiter hat oftmahls den Keuschen / mit dem Unkeuschen / den Unschuldigen /mit dem Schuldigen[513] / gestraft. Die verzügerte Strafe /wiewohl sie gleich als auf Steltzen gehet / folget dem Bösewichte doch allezeit auf dem Fuße nach. Auf diese Worte habe ich auch mein Absehen gehabt / als ich zum 20 Gemälde meiner Horazischen Sittenlehre /folgende Reimbände fügte:


Die Rache schleicht dir nach / gleich als mit Kröplem Gange:

doch steht sie nimmer stil. Verweilt sie sich was lange /

so streicht sie schärfer zu / und bringt die Straf' und Pein /

dir / der du andre strafst / doch endlich zweifach ein.


Zur 12 Einteilung.


Dessen Gebuhrt.] Hiervon meldet das Buch der Richter im 13 Hauptst. wie auch der mehrangeführte Jüdische Geschichtschreiber Flav[ius] Jos[ef] in der 10 Abteil. seines 5 Buches.

Ja als der Sonne selbst ihres Heiles.] Durch hiesige Worte zielen wir so wohl auf Simsons Nahmen / als auf Jakobs des Ertzvaters Weissagung. Diese lautet /im 48 Hauptst. des 1 B. Mos(e) / da er seinen letzten Willen oder vielmehr Segen seinen Söhnen giebet /also: Dan wird Richter sein in seinem Volke / wie ein anderes Geschlächt in Israel. Dan wird eine Schlange werden auf dem Wege / und eine Natter auf dem Steige / und das Pferd in die Ferschen beissen / daß sein Reiter zurükfalle. HERR / ich warte auf dein HEIL. Hiervon kan Val(erius) Herberger / in der 58 Uberdenkung seines 4 Teiles von den Großen Tahten GOttes / gelesen werden. Der Nahme Simson aber heisset in seiner Grundsprache / nach der meisten Gottsgelehrten Verdeutschung / soviel als Sonneman / oder /wie ihn andere erklähren / ihre / nähmlich der Israeler / Sonne / oder aber die Sonne derselben / SOL EORUM: weil er / Simson selbsten / des Volkes Israels Landessonne sein solte / und solcher sein Nahme שמשון zweifelsfrei aus dem Worte שמש, das ist Sonne / gebildet; darinnen auch dieses שמשות FENESTRÆ, die Fenster / da die Sonne durchhinscheinet / seinen Uhrsprung findet: wiewol Flav(ius) Josef / und ihm zur folge der Wälsche Pallavizien / in seinem Simson / diesen Nahmen vom Ebräischen[514] Worte שמיר, oder /wie es Sebast(ian) Münster schreibet / שמר, das bei dem Jeremias / im 17 Hauptstükke / so viel heisset /als שמן ROBUSTUS, TERRIBILIS, stark / erschröklich / oderaber als חזק FORTTS, ROBUSTUS, tapfer, kräftig / wie auch / im 3 Hauptst. des Ezechiels /ein Demant / herzuleiten scheinen; daher sie ihn dan beiderseits SAMSON, als wan im Ebräischen geschrieben stünde שמשון, und nicht SIMSON aussprechen. Des Pallaviziens / durch den Herrn von Stubenberg / unter den Durchleuchtigen Fruchtbringenden den Unglüksäligen / verhochdeutschte Worte seind hiervon folgende: mit dem Nahmen SAMSON / welcher Kräftig oder Stark heisset / richteten sie ihm die Ehrenseule auf / ehe dan er noch das Fußgestelle seiner herlichen Siege gelegt hatte. Fast eben also schreibet auch Flav(ius) Josef im 5 B. der Jüdischen Altheiten: NATO DEINDE INFANTI SAMSON EST NOMEN INDITUM, QUOD ROBUSTUM SIGNIFICAT: QUI MOX EGREGIÂ ANIMI AC CORPORIS INDOLE PRÆDITUS, PRO-MISSO CAPILLITIO, VICTUS QUE SOBRIETATE DIVINUM NESCIO QÜID PRÆ SE FEREBAT, dem erstgebohrnem Knaben ward nachmahls der Nahme Samson /welches stark heisset / gegeben: und er / dessen Gemühts- und Leibes-gaben fürtreflich waren / schien straks ich weis nicht was götliches / durch sein abhängendes langes Haar / und seine sehr mäßige Lebensweise / anzuzeigen.


Zur 13 Einteilung.


Simson Danssohn.] Also verdeutschen wir des Simsons Ebräischen Bei- oder Zu-nahmen בדן, BEDAN, den ihm der Verfasser des 1 Buchs Samuels / im 12 Hauptst. giebet / und der seelige Luhter selbst / in seiner Hochdeutschen Ubersetzung behalten / wan er also schreibet: da sandte der HERR Jerub Baal /Bedan / Jeftah / und Samueln; und er errettete euch von eurer Feinde Händen ümher / u.s.f. Dieser Nahme Bedan / das ist der Sohn des Dans / ist aus zwei Wörtlein בן und דן, Ben und Dan zusammengezogen /und darinnen das erste נ oder N / hinter dem Wörtlein oder Wortgliede בן, BEN, das ist Sohn / weggeworfen. Dergleichen Ausstoßung des נ oder N bei gemeldtem Wörtlein / die in der Ebräischen Sprache /[515] sonderlich in Bildung der Eignen Nahmen / nichts neues oder ungemeines ist / befindet sich / unter andern /auch im Kartagischen Nahmen בענק, BEANAK; welches volkommen ענק־בן, BEN-ANAK, das ist der Sohn Anaks oder Anakssohn / wie man sonst eigendlich einen Riesen / sonderlich einen solchen / der einer aus Anaks Nachkommen ist / zu nennen pfleget /heissen solte. Ja selbst im Wörtlein,בת, BATH, das ist eine Tochter / welches aus בנת, BENETH gebildet / fället eben dasselbe vor. Hierbei können wir nicht unterlaßen beileuftig zu erinnern / daß die Griechen /aus dem eben itzund angeführten verzwiktem WORTE BEANAK, erstlich / wie es scheinet / nach ihrer gewöhnlichen Weise / PHEANAK, darnach gar φοίνιξ, und aus diesem die Lateiner wiederüm PHŒNIX, ja selbst ihr PŒNUS und PUNICUS gebildet. Und also ist endlich ausfündig gemacht / daß der Föniker oder Fönizier Nahme / über dessen Erklährung Skaliger / Füller / und viel andere hochgelehrte Sprachengrübler ihre Köpfe tapfer zerbrochen / nirgend andersher gebildet worden / als aus dem einigen ענק־בן, BEN-ANAK, das ist Anakssohn / oder ענק־בני, BENE-ANAK, das ist Anakskinder.


Zur 14 Einteilung.


Tugend kennet keinen Haustrümmel.] Hierher gehöret / was Putean / in seiner 9 Rede saget: CÙM NIMIUM DESIDET DITIORIS INDOLIS VIGOR IN SINU MATERNO, CONTABESCIT. PEREGRINA-TIONE DELENDA PARENTUM INDULGENTIA, UT À PUERITIÂ JUVENTUTIS ILLE GENIUS DISCERNATUR. ALIOS ANNOS ALII MORES DECENT, & ALIOS MORES ALII ANNI DOCENT. SEMPER ILLE PUER, QUI DOMI EST; QUI EXTRA PATERNI AGELLI AMBITUM SOLEM NON VIDIT, wan ein wakkeres Gemüht / im mütterlichen Schoße / zu lange faulentzet / wird es schläfferig und schmächtig. Durch Reisen in die Fremde /mus man der Eltern Verzährt- und Verhähtschelung entwohnen; damit der Jugendgeist von der Kindheit unterschieden werde. Anderen Jahren geziemen andere Sitten / und anderen Sitten dienen andere Jahre. Der zu Hause lieget / und ausserhalb seines väterlichen Erbländleins die Sonne nicht siehet / bleibt alzeit ein Kind:[516] wie auch was eben derselbe / an gemeldtem Orte / weiter redet: OPUT HERBAS & FRUCTUS NATURÆ DELQUIO SEROTINAS, PRO-CURATO CALORE, PRÆCOCES REDDIMUS; ITA MENTEM LICETPORTUNÂ PEREGRI NATIONE, wie man Kreuter und Früchte / die aus eigner eingebohrner Schwachheit spähte zu zeitigen pflegen / indem man ihnen Wärme verschaffet / zeitig machet; so wird auch das Gemüht / durch Reisen zu rechter Zeit / in der Fremde gezeitiget.


Zur 15 Einteilung.


Sein Zarea.] So heisset Simsons Gebuhrtsstadt / da sein Vater Manoah oder / wie ihn Flav(ius) Josef nennet / Manoches / aus dem Geschlächte Dans bürtig /wie im 13 Hauptstükke des Buchs der Richter gemeldet wird / wohnete. Zwischen dieser Stadt / und Estaol war das Dannische Läger.


Zur 19 Einteilung.


Als er das erste Morgenroht hinter ihm schimmern sahe.] Hier sagen wir nicht ohne Uhrsache / hinter ihm. Dan Simson / der in das Filisterland zog / welches / nach seinem Vaterlande zu rechnen / gegen Abend zu lag / hatte freilich den Morgen oder Aufgang der Sonne hinter seinem Rükken: wie aus des Esaias Worten erscheinet / wan er in seinem 9 Hauptst. also schreibet: der HERR wird ihre Feinde zu Hauffe rotten / die Sirer / (die nach dem Morgen zu liegen) vornen her / und die Filister / (die gegen Abend an sie grentzen) von hinten zu / daß sie Israel fressen / u.s.w.


Zur 20 Einteilung.


Die fünf Kreuse des Filisterlandes.] Daß dieses Land in fünf sonderliche Fürstentühmer oder Kreuse sei unterschieden gewesen / kan man / unter andern / aus dem Beginne des dritten Hauptst. im B. der Richter leichtlich abnehmen; da der Verfasser desselben also schreibet: Dis seind die Heiden / die der HERR lies bleiben / daß Er an ihnen Israel versuchte; das nicht[517] wuste üm die Kriege Kanaans: und daß die Geschlächter der Kinder Israels wüsten und lerneten streiten / die vorhin nichts darüm wusten. Nähmlich die fünf Fürsten der Filister / u.a.m. Ja noch deutlicher meldet hiervon Samuel im 6 Haubtst. seines 1 Buchs; da zugleich die fünf Hauptstädte des Filisterlandes / in denen die fünf Kreusfürsten Hof hielten /nahmkündig gemacht werden. Seine Worte seind diese: da die fünf Fürsten der Filister zugesehen hatten / zogen sie wieder gen Ekron. Dis seind aber die güldenen Aerse / welche die Filister dem HERRN zum Schuldopfer gaben: Asdod oder Azot einen /Gasa oder Gaza einen / Asklon oder Askalon einen /Gat oder Get einen / und Ekron oder Akkaron einen: und die güldenen Meuse / nach der Zahl aller Städte der Filister unter den fünf Fürsten / u.s.f. Daß aber gemeldte fünf Kreuse der Filister sich dazumahl zu Timnat versamlet gehabt / bezeuget Flav(ius) Josef /in seinem 5 Buche / mit folgenden Worten; als er (Simson) erwachsen war / begleitete er seine Eltern nach Tamna (wie er Timnat nennet) da die Filister eben ihre Zusammenkunft hielten.


Zur 21 Einteilung.


Timnat heisset ein Bild.] Wir lesen in heiliger Schrift von vier unterschiedlichen Städten / welche diesen oder dergleichen Nahmen geführet. Die erste / deren im 1 Hauptst. des 1 Buchs der Zeitgeschichte gedacht wird / war die Hauptstadt der Kinder Edoms / und ein Sitz ihrer Fürsten. Althammer nennet sie / in seinem Buche von den Eigenen Nahmen der heiligen Schrift /THIMNA, Hieronimus aber / in einem dergleichen Werklein / THAMNA. Die andern drei waren / durch das Loß / drei unterschiedlichen Geschlächtern der Kinder des Israels zugefallen: nähmlich die eine dem Stamme des Juda / die andere dem Stamme des Efraims / die dritte dem Stamme des Dans; wiewohl dieser Stam / zu Simsons Zeiten / die seinige noch nicht in würkliche Besitzung gebracht. Die erste dieser drei nennet das Buch des Josua / schier am Ende des Hauptst. Timna / Hieronimus aber / in seinem Werklein von den Ebräischen Oertern / Tamna oder THAMNA, sonsten vom[518] Schafeschähren des Ertzvaters Juda bekant. Die zweite / die an der Nordseite des Berges Gaas / auf dem Gebürge der Kinder des Efraims lag / und dem Josua / dessen Begräbnis sich auch alda befunden / zum Erbteile gegeben worden / ward von den Filistern nicht nur schlechthin Timnat / sondern auch / und öfter Timnat-Heres / חרס־תמנת das ist ein Sonnenbild / oder die Stadt des Bildes der Sonne / von den Israelern aber nachmahls /indem sie das Wörtlein Heres ümkehreten / oder hintersich zurüklasen / סרח־תמנת Timnat-Serah / oder Timnat-Sarah / das ist ein stünkendes Bild / oder eine Stadt des stünkenden Bildes / wie im Buche des Josua das 24 Hauptst. andeutet / genennet. Die dritte /nähmlich dieselbe / die dem Stamme des Dans zugeteilet war / und von der alhier gehandelt wird / nennet das Buch der Richter straks im beginne des 14 Hauptst. Timnat / das Buch des Josua aber im 19 Hauptst. Timnata / und Althammer / in seinem obangeführten Buche / ebenmäßig THIMNATHA, auch Tamna /Flav(ius) Josef Tamna. Und hierbei / darf ich schier sagen / haben die Filister oder auch Israeler allezeit das Wort קרית, das ist eine Stadt / verstanden; also daß der volkommene Nahme vielleicht תמנת־קרית, Kirjat-Timnat / das ist die Stadt des Bildes / heissen sollen: weil sie sonsten solches Wort bei etlichen an dern Nahmen ihrer Städte stähts auszusprächen pflegten: als wan sie sagten /, ספר־קרית Kirjat-Sefer / das ist die Stadt der Lehre / oder סנה־קרית, Kirjat-Sanna /die Stadt des Gesetzes / oder ארכי־קרית, Kirjat-Arche /URBS ARCHIVORUM, die Stadt des Ertzschreines; welche drei Nahmen die einige Stadt Debir / im Stamme des Juda / führete: wie auch ארבע־קרית, Kirjat-Arba / die Stadt der Viere / oder des Arba / der sie erbauet; die ebenmäßig im Stamme des Juda lag / und nachmahls den Kindern des Levi eingereumet ward: welche sie / nach dem Nahmen des Sohns Kalebs /Hebron הברון genennet: und den בעל־קרית, Kirjat-Baal / sonst auch בעלה und יערים־קרית, eine Stadt der Hiveer / im Stamme des Juda. Ja wer wil in Abrede sein / daß oberwähnte vier Städte nicht darum also genennet worden; weil man in dieser dieses / in jener jenes Götzenbild / oder auch etliche zugleich / für andern Städten geehret.[519]


Zur 23 Einteilung.


Hebe / welche vor Alters / wie Pausanias / in seinen Korintischen Geschichten / meldet / auch Ganimede /und nachmahls bei den Lateinern JUVENTAS, das ist die Jugend / weil man sie für eine Göttin und Vorsteherin der Jugend / und des jugendlichen Wohllebens hielt / genennet worden / war eine Tochter des Frigischen Jupiters / des Tros / Königes zu Trojen / oder /wie Echemenes gemeinet zu haben scheinet / des Kretischen Jupiters / des Minos / und der Frigischen /oder aber Kretischen Juno / das ist Königin: welche /nachdem sie sich / im Gastmahle des Apollons / durch starken Wein zu sehr erhitzet / einen Lattichsalat gegessen / und damit die überflüßige Hitze / die sie zur Empfängnis und Gebuhrt untüchtig / und unfruchtbar gemacht / gleichsam abgekühlet / und so wohl gemäßiget / daß sie mit dieser Hebe schwanger geworden. Weil nun die gebohrne Tochter überaus schön war /hat sie gemeldter Jupiter / wie Homerus / im 4 Buche seines Heldengedichtes von Trojen / meldet / nicht allein zu seiner Tafeldienerin und Mundschenkin bestellet / sondern auch gar zur Vorsteherin der Jugend gemacht / und nachmahls selbst dem Herkules / wie eben derselbe Homerus / im 11 Buche seines Heldengedichtes vom Ulisses / bezeuget / sobald er in den Himmel aufgenommen worden / vermählet. Daß sie aber / im Tafeldienen / sol gestulpert / und einen solchen Fal getahn haben / daß sie das jenige / was die natürliche Zucht verborgen haben wil / ohnvorsichtig / im beisein aller Umstehenden / entblößet / und der schöne Jüngling Ganimedes deswegen an ihre stat /zum Mundschenken bestellet worden; hierdurch haben die Alten Dichtmeister ohne Zweifel auf den Abgang der Jugend / und des Sommers / den Hebe bezeichnet / und die Ankunft des Alters / und Winters /dadurch Ganimedes verstanden wird / ein Auge gehabt: wo man nicht lieber sagen wil / daß Hebe /damit ihr hinfort solches Unglük nicht wieder zustoßen möchte / ihre leichten und leichtlich aufflügenden Frauenkleider in Manskleider verändern / und sich also in einen Ganimedes gleichsam verstellen müssen. Aber hiervon wird[520] mein Dichterischer Sternhimmel am 92. 93. und 94 Bl. im Wassermanne / und im Antinous am 180 Bl. wie auch Natalis Komes / im 5 Hauptst. seines 2 Buches von den Erklährungen der Dichterischen Mährlein / und Ravisius Textor / im 8 B. seines Schauplatzes / am 839 Bl. ein mehres berichten.

Omfale / eine Königin in Lidien / hatte den Herkules / durch ihre Schönheit / dermaßen entzükt / daß er / ihr zu gefallen / wie Donatus / bei dem Terentz / angemärket / selbst gesponnen; indem sie / an stat des Spinkorbes und Wokkens / Pfeil und Keule / ja an stat Weiberkleider / die Leuenhaut / welche sonst Herkules zu tragen pflegte / zur Dekke gebrauchete: welches ihm dan seine Dejanire / bei dem Oviden /sehr hoch aufgemutzet / und als eine große Schande zugerechnet. Daher schreibet auch Propertz / in seinem 3 Buche:


OMPHALE IN TANTUM FORMÆ PROCESSIT HONOREM,

LYDIA GYGÆO TINCTA PUELLA LACU,

UT QUI PACATO STATUISSET IN ORBE COLUMNAS,

TAM DURÂ TRAHERET MOLLIA PENSA MANU.


Omfale / die Lidische Jungfrau / die im Gigischen Seebusem sich gebadet / hat die Schönheit ihrer Gestalt zu so hohen Ehren gebracht / daß derselbe / der die zwo Seulen in der befriedigten Welt aufgerichtet /das ist Herkules / mit so harter Faust den weichen Wokken zog.

Jole war des Euritus / Königes in Etolien Tochter; die dem Herkules versprochen / aber nachmahls wieder versaget ward: weil ihr Bruder / der ihn beschuldigte / daß er seine vorige Frau / die Megäre / zusamt den Kindern / die er mit ihr gezeuget / umgebracht /solches abgerahten. Daher verwandelte sich dan die Liebe des Herkules in einen so heftigen Zorn / daß er der Geliebten Vaterland zu grunde verwüstete / ja den Vater selbsten / mit seinen Söhnen / töhtete; wie Virgiel / im 8 Buche seines Heldengedichtes vom Eneas /bezeuget / und Servius darbei noch ein mehres angemärket. Nach dieser grausamen Taht / oder vielleicht noch mitten in derselben / sol sich die Königliche Tochter Jole selbst von der Mauer herab gestürtzet haben; wie Plutarch aufgezeichnet.[521]

Briseis war eine sehr anmuhtige schöne Jungfrau /oder vielmehr Magd von Laresse / aus Frigien; welche / nachdem sie gefangen worden / dem Achilles /des Königlichen Fürstens Peleus / und der Tetis Sohne / dem Tapfersten aller Griechen / wie ihn Homerus / im 9 B. seines Heldengedichtes von Trojen /beschreibet / und derselben Feldherrn vor Trojen /durch das Loß zufiel; aber ihm nachmahls / durch den Mizenischen König Agamemnon / des Königs Menelaus Bruder / den Tullius einen König aller Könige nennet / abhändig gemacht ward: daher dan Achilles /aus großem Unwillen / wie sehr man ihn gebähten /wie reichlich man ihn beschenket / ja selbst bedreuet /keines Weges mehr fechten wollen / bis er endlich vernommen / daß sein liebster Spiesgeselle / durch den Hektor / erschlagen sei. Dessen gedenket Horatz /im 4 Leierliede seines 2 Buches / mit folgenden Worten:


– – PRIUS INSOLENTEM.

SERVA BRISEIS NIVEO COLORE

MOVIT ACHILLEM.


Die Magd Briseis bewegte / durch ihre schneeweisse Farbe / den zuvor verwägenen und tapfermühtigen Achilles: wie auch Mantuan / wan er spricht:


ÆSTUAT, AMISSÂ BRISEIDE, MAGNUS ACHILLES,

LANGUET, & ARGOLICIS FERRE RECUSAT OPEM.


Der große Achilles brennet für Zorne / ja er lesset die Hände sinken; und versaget den Argoliern seine Hülfe; nachdem er seine Briseis verlohren. Hiervon kan auch Homerus / im 1 B. seines Heldengedichtes von Trojen / wie auch Ovidius / im 11 seiner Verwandlungsbücher / und im 8 seiner Sendeschreiben /gelesen werden.

Andromede war des Mohrenkönigs Zefeus / und der Kassiope Tochter; welche bei der Stadt Joppe /wegen der Hofart ihrer Mutter / die sich gerühmet die Nereinnen an Schönheit zu überträffen / an eine Klippe fest gebunden / und einem ungeheuren Walfische zu verschlingen vorgesetzt / vom Argolischen Königlichen Fürsten aber / dem Perseus / des Argischen Jupiters Prötus / und der Danae Sohne / von dieser Gefahr[522] erlöset / und geehliget ward: wie Herodotus / im 7 B. Euripides / in seiner Andromede / Kares / im 2 B. Strabo / im 1 und 16 B. Plinius / im 13 und 31 Hauptst. des 5 B. und im 5 Hauptst. des 9 Buchs seiner Natürlichen Geschichte / Vossius / im 30 Hauptst. des 1 B. vom Götzendienste / wie auch Aristides / Dionisiokles / Pindarus / Hesiodus / Simonides / in seinem Perseus / Ovidius / Libanius / Verulamius / und viel andere so wohl Geschicht- als Gedicht-schreiber mehr bezeugen. Aus dieser des Perseus / und der Adromede glüklichen Ehe ward / unter andern Kindern /derselbe Perseus gebohren / von dem die Perser / wie Herodotus / im 7 B. uhrkundet / ihren Uhrsprung gewonnen / und die Pfeile / wie Plinius im 56 Hauptst. seines 7 B. bezeuget / zum allerersten erfunden worden. Sonsten gedenket auch dieser Geschicht Propertz / im 1 B. mit diesen Worten:


QUALIS & ACCUBUIT PRIMO CEPHEIA SOMNO,

LIBERA JAM DURIS COTIBUS ANDROMEDA.


und dan im 2 B. wan er spricht:


ANDROMEDE MONSTRIS FUERAT DEVOTA MARINIS.

HÆC EADEM PERSEI NOBILIS UXOR ERAT.


Daß endlich nicht nur Andromede / mit ihrem Perseus / sondern auch ihr Königlicher Vater Zefeus / ja selbst ihre Mutter / die übermühtige Kassiope / an den Himmel / unter das Gestirn / gesetzt worden / darvon geben uns Nachricht Aratus / Higinus / Manilius /Dezimator / und alle dieselben / die von den Gestirnen oder Sternzeichen geschrieben. Zuvoraus aber kan hierbei mein Dichterischer Sternhimmel / da ich alles weitleuftig ausgeführet / und was noch erdichtetes in hiesiger Geschicht etwan sein möchte / durch dasselbe / was sich wahrhaftig begeben zu haben scheinet / zu erklähren mich bemühet / bei den Sternzeichen des Zefeus / der Kassiope / der Andromede / und des Perseus / vom 114 Blatte / bis auf das 124; wie auch mein Güldener Regen / ein Gedicht dem Göttlichen Ferdinanden dem Dritten Kristsäligsten Andenkens /auf dem Reichstage zu Regensburg / im 1653 Jahre gewiedmet / gelesen werden.[523]


Zur 24 Einteilung.


Sobald dem Gesichte der Zügel gelaßen wird.] Darüm sagt Isokrates / oder / wie andere wollen / Perikles /als er den Sofokles / einen schönen Jüngling / alzusehr loben höhrete / wie Plutarch im Lebenslauffe der zehen Redner angemärcket: ου μόνον δει τὰς χειρας ἔχειν παρ᾽ αυτω, ἀλλὰ καὶ τους ὀφϑαλμους, es geziemet sich nicht allein die Hände / sondern auch die Augen in seiner Gewalt zu haben.


Zur 31 Einteilung.


Der Weinstok ümarmet ja / aus Liebe / den Ulmbaum.] Daher sagt Ovidius:


HÆC QUOQUE QUÆ JUNCTÂ VITIS REQUIESCIT IN ULMO,

SI NON JUNCTA FORET, TERRÆ ACCLINATA JACERET.


Auch dieser Weinstok / der an der angefügten Rüster ruhet / wan er nicht angefüget were / würde zur Erde niedergesunken ligen. Der Ulmbaum / oder die Ulme /der Ilmenbaum oder die Ilme / welche Wörter / alle viere vom Lateinischen ULMUS gebildet / wird auch gewislich / aus keiner andern Uhrsache / bei uns / mit unserem eigenen rechtdeutschem Worte / Rüster oder Rustbaum / das ist Ruhebaum / genennet / als weil der Weinstok / mit seinen Reben / so gern an der Rüster hänget / und ruhet oder rustet. Es wollen zwar etliche zwischen den Ilmen / und Rüstern einen Unterscheid machen / als wan es zweierlei Beume weren: aber sie irren; indem jener Nahme / wie schon gesagt /aus dem Lateinischen ULMUS flüßet / dieser aber der Hochdeutschen eigener ist / damit sie eben denselben Baum / den die Griechen πτελέα, die Lateiner ULMUS, auch wir zu weilen / ihnen zur Folge / Ulmbaum / Ulme oder Ilmenbaum / oder auch Ilme / nen nen / zu benahmen pflegen. Die Franzosen heissen ihn ORME, die Wälschen OLME, beide gleichmäßig nach dem Lateinischen ULMUS; die Niederdeutschen aber gemeiniglich IEPENBOOM, welches aus dem Hochdeutschen Iffenbaum oder Iffenholtz / oder vielmer Jeper / wie eben derselbe Ulm- oder Rust-baum an etlichen Oertern des Hochdeutschlandes auch heisset / gebildet ist. Sonst gebrauchen die Niederdeutschen[524] gleich so wohl / als wir / das Wort RUSTBOOM, das ist Ruhebaum: dan Rust / als sagte man Ruhest / Ruhst / daher Rühester / Rühster / oder auch Rast heisset bei ihnen / wie bei uns / eben so viel / als Ruhe; wiewohl es bei unsrem gemeinen Völklein öfter für Rost / RUBIGO, FERRUGO, ÆERUGO, den das Eisen / aus langer Rust oder Ruhe / wan es nicht genützet wird / zu bekommen pfleget / verstanden wird. Doch die Niederdeutschen schreiben nicht RUST oder RUSTE, wan es so viel heissen sol / als Rost / RUBIGO; sondern, ROEST, zum Unterscheide des Wortes RUSTE, welches bei ihnen so viel / als Ruhe / bedeutet. Zu unsern Zeiten ist es zwar / so viel als ich gesehen / nicht gebreuchlich / daß man die Wein- oder Reben-stökke neben die Rüstern zu pflantzen pfleget / und sie an denselben hinauf wachsen lesset: gleichwohl ist es nicht zu leugnen / daß sie / aus einer verborgenen unterlichen Liebe / beide gern beieinander stehen und wachsen wollen; da hingegen die Weinstökke / wan man sie zu nahe neben andere Beume pflantzet / ausgehen und verdorren. Und daß es vor Alters üblich gewesen / haben wir eben itzund aus des Ovidius Worten vernommen. Ja neben mehr andern so wohl Geschicht- als Gedicht-schreibern /bezeuget es noch eigendlicher Virgiel selbsten / der ein fürtreflicher Ahrtforscher gewesen / wan er spricht:


SEMIPUTATA TIBI FRONDOSA VITIS IN ULMO EST.


Du hast einen halbbeschnittenen Weinstok an einer grühnenden Rühster stehen.

Der Magneht oder Liebestein.] Wir nennen alhier diesen Stein den Liebestein: weil er aus einer sonderlichen verborgenen Kraft und Eigenschaft / ja gleich als aus einem heimlichen Triebe der Liebe / das Eisen an sich ziehet / oder / wo es ihm zu schweer / und unbeweglich fället / gleichwohl allezeit sich darnachzu wendet: wie man in dem Schifzeiger siehet / da die Spitze der Nahtel / mit einem solchen Steine versehen / stähts nach Mitternacht zu weiset. Ja man drehe und kehre den Schifzeiger / wie man wolle / so wird diese Spitze gleichwohl wieder nach dem Nordstriche /dahin der Stein so begierig verlanget / zulauffen: vielleicht darüm / weil nach Mitternacht zu / wie die[525] Naturkündiger gemeiniglich meinen / das meiste Eisenwerk pfleget gegraben zu werden. Aus diesen und keinen andern Uhrsachen haben ihm auch die Franzosen eben einen solchen Nahmen gegeben / nähmlich AIMANT, das ist Liebende / als wolten sie sagen / der liebende Stein / das eben so viel ist / als Liebestein. Und darüm irret derselbe gröblich / der / in einem Französischen Wortbuche / das Wort AIMANTIN, eben als wan es aus DIAMANTIN gebildet worden /auf Lateinisch ADAMANTINUS giebet; wie auch FOI AIMANTINE, FIDEM ADAMANTINAM, für MAGNETICAM, das ist ein magnetischer / Gott gleichsam mit starker Kraft an sich ziehender Glaube / und nicht Demantischer; wiewohl er seiner harten Tauerhaftigkeit und Beständigkeit wegen / sonsten auch also könte genennet werden. Anders nennen ihn die Hochdeutschen auch einen Segelstein / und die Niederteutschen SEYLSTEEN; weil die Schiffer nach desselben Anweisung im itztgemeldten Schifzeiger so wohl bei Nacht / als bei Tage / mitten auf der weitesten und breitesten See / da sie sonst nicht wissen könten / wo sie weren / ohne Sorge fortsegeln können. Aber sein gemeinester Nahme / den er bei uns hat /nähmlich Magneht / ist vom Griechischen μαγνῆτις des Galenus / oder μάγνης des Porfirius / oder aber μάγνησσα des Kallimachs Worte / oder auch aus dem Lateinischen MAGNES, MAGNÉTIS, gebildet: wel che sämtlich ihren Uhrsprung vom Völkernahmen der Magneten / oder dem Landesnahmen Magnesien / da dieser Stein in großer Mänge wächset / wie Laertz meinet / oder wie Plinius im 16 B. schreibet / von seinem Erfinder / der Magnus geheissen / bekommen. Von seiner ziehenden Wunderkraft / wie ihm gleichwohl der Knoblauch / wan er mit desselben Safte bestrichen wird / wie Plutarch in seinen Aufgaben angemärket / benimt / scheinet er bei dem Plinius im 10 Hauptst. des 37 B. auch SIDERITIS, σιδερίτης genennet zu sein; eben wie von der Stadt Heraklee ἡρακλεῶτις bei dem Hesichius / oder ἡρακλεια, HERACLIUS LAPIS, der Heraklische Stein / oder der Herakleer. CALAMITA PIETRA ist sein Nahme bei den Wälschen: wiewohl CALAMITES bei den Lateinern ein ander Stein ist.

Ja selbst der Salmander.] So ist der gemeineste Nahme dieses[526] giftigen Ungeziefers / das im Feuer zu leben gewähnet wird / und einer Heidexe nicht ungleich ist / in allen Europischen Sprachen; daher wir ihn auch alhier behalten wollen: unangesehen / daß es im Hochdeutschlande sonsten auch ein Molch / und an etlichen Oertern ein Mahlen / oder Moldwurm /und Olm genennet wird. Neben dem σαλαμάνδρα, daher der Lateinische SALAMANDRA, und unser Salmander sprüßet / hat er bei den Griechen zugleich den Nahmen μόγγη; bei den Franzosen aber PLUVI NE, das ist ein Regenwurm / weil er den Regen verkündiget / und MIRTIL, wie auch SOURD, vielleicht weil er taub / auch als stum / dahin vermuhtlich der Nahme μόγγη zielet / zu sein scheinet. Von dessen Eigenschaft kan Aristoteles / Galenus / Plinius / Elian /und Dioskorides / im 67 Hauptst. seines 2 B. wie auch im 5 Hauptst. des 6 B. gelesen werden.


Zur 34 Einteilung.


Die Augen / als Fenster zum Hertzen.] Derer Gestalt und Blikke des Hertzens Gedanken / ja alle desselben Heimligkeiten verrahten. Dahin zielet Filostratus /wan er saget: Πολλὰ μὲν ὀφϑαλμοὶ τῶν ἀνϑρωπίνων ἤϑων ερμηνεύουσι, die Augen zeigen die Menschlichen Sitten gemeiniglich an.


Zur 40 Einteilung.


Fehlet es dan deinem Geschlächte an Jungfrauen.] Hiervon redet das Buch der Richter im 14 Hauptst. wie folget: Sein Vater und seine Mutter sprachen zu ihm: ist dan nun kein Weib unter den Töchtern deiner Brüder / und in deinem gantzen Volke / daß du hingehest / und nimst ein Weib bei den Filistern / die unbeschnitten seind? Und hierbei hat L(ukas) Osiander angemärket: als wolten sie sagen / wir verwundern uns /was du damit meinest / daß / da du wohl köntest eine ehrliche Jungfrau aus deinem Stamme / oder doch sonst aus dem Israelischen Volke bekommen / du dir dannoch unter dem Gottlosen Volke der Filister ein Weib aussuchest / welches von dem Bunde Gottes /der durch die Beschneidung bestähtiget worden / entfernet ist. Auch schreibet eben hiervon[527] Flavius Josef also: als die Eltern sich weigerten / indem sie ihm vorhielten / sie sei eines andern und gantz widerwärtigen Geschlächtes / wie auch / daß der Gottesdienst eine solche Hochzeit nicht zuliesse; da überwand sie gleichwohl des Jünglings Hartnäkkigkeit / und brachte es so weit / daß die Jungfrau mit ihm verlobet ward.


Zur 46 Einteilung.


War es dem Josef.] Diese Heurraht des Josefs beschreibet Moses in seinem 41 Hauptst. des 1 Buchs. Auch wird eben dieselbe in meiner Assenat weitleuftiger ausgeführet.


Zur 47 Einteilung.


Scheuete sich Moses.] Diese gantze Geschicht erzehlet eben derselbe Moses im 2 und 18 Hauptst. seines 2 Buches / wie auch im 12 Hauptst. des 4 Buches.


Zur 48 und 52 Einteilung.


Die meinen Augen gefället.] Hiermit wird gezielet auf Simsons eigene Worte / die er zu seinen Eltern redet /wan er / im erstangezogenem Orte des Buchs der Richter / also saget: gib mir diese; dan sie gefället meinen Augen.


Zur 58 Einteilung.


Aber es war beiden Eltern noch zur Zeit verhohlen.] Hiervon meldet ebenmäßig das Buch der Richter / in der folge / folgender Gestalt: aber sein Vater / und seine Mutter wusten nicht / daß es vom HERRN were. Dan Er suchte Uhrsache an den Filistern. Die Filister aber herscheten zu der Zeit über Israel.


Zur 59 Einteilung.


Da den Fal des ersten Mansbildes / und zugleich aller nach ihm das allererste Weibesbild veruhrsachte.] Durch dieses Weibesbild verstehen wir die Eva: welche vom Homerus / im 19 B. seines Heldengedichtes von Trojen / Ate / und vom[528] Hesiodus / in seinem ersten Buche der Werke und Tage / Pandore genennet wird. Des Homerus Worte seind diese:


Πρέσβα Δίος ϑυγατήρ Ἄτη, ἥ πάντας ἀᾶται

ουλομένη, etc.


FILIA PRIMA JOVIS, QUÆQUE OMNES PERDIDIT, ATE

PERNITIOSA, etc.


Die erste Tochter des Jupiters / die schädliche Ate /die alle (Menschen) ins Verderben gebracht. Diesen Nahmen Ἄτη, Ate hat Homerus ohne Zweifel aus Adam / als wolte er Ade / Ada / oder Adame / das ist die Adamin / sagen / gebildet; weil er vielleicht vom rechten Nahmen dieser ersten Fraue / der Eva war /nicht gehöret. Sonst stimmet er mit der Geschicht des Adams und der Even zimlich überein; indem er saget /daß Ate / die der Anfang und Uhrsprung alles Böses sei / den Klügesten unter allen Menschen betrogen. Fast eben also tuht an gemeldtem Orte Hesiodus / der auch im 3 Buche von der Göttergebuhrt / das Weib aus dem Zorne Gottes gebohren zu sein saget / und es καλὸν κακόν, das ist das guhte Ubel / nennet; wie es Zirillus wider den Julian mitangeführet: wiewohl Paläfatus / und Fulgentz sein Gedichte von der Pandore ander wärtshin ziehen.


Zur 60 Einteilung.


Jesabel / Achabs des Königs in Israel Gemahlin /deren Geschicht das 19 und 24 Hauptst. des 1 Buches der Könige beschreibet.

Atalia / Jorams des Königes in Juda Gemahlin /und Tochter des Amri / Königs in Israel; welche vom Flav(ius) Josef / im 7 Hauptst. des 9 B. von den Altheiten der Jüden / Gotalia / und Achabs Tochter / weil sie desselben verkehrten Sitten folgete / genennet wird. Was sie für ein Gott- und heil-loses Leben geführet / zeiget das 8 und 11 Hauptst. des 2 B. der Könige / wie auch das 22 und 23 Hauptst. des 2 B. der Zeitgeschichte genug an.

Helene / des Tindars / eines Oebalischen oder Lakonischen Königs / und der Lede Tochter / des Pollux Schwester /[529] und Gemahlin des Menelaus / Königes zu Sparta. Diese ward / ihrer überausgroßen Schönheit wegen / zweimahl entführet: erstlich / als ein Freulein / vom Teseus / wie wir droben / bei der 7 Einteilung /schon angemärket; darnach / als eine Gemahlin des Spartischen Königes / vom Paris / des Priams / Königes der Trojer / und der Hekube Sohne / den man nachmahls / seiner tapferen Tahten wegen / Alexandern genennet. Aus hiesiger letzten Entführung entstund der zehenjährige Krieg der Griechen mit den Trojern: in welchem auch die gewaltige Stadt Troje selbst eingeäschert ward. Die gantze Geschicht hat Homerus / unter andern / sehr herlich beschrieben. Auch gedenket derselben Ovidius in seinen Gedichten sehr oft; desgleichen Propertz / wan er in seinem 2 Buche schreibet:


OLIM MIRABAR, QUÒD TANTI AD PERGAMA BELLI

EUROPÆ ATQUE ASIÆ CAUSA PUELLA FUIT.


Vor diesem war ich verwundert / daß eine junge Frau (nähmlich die Helene) eines so gewaltigen Europischen und Asischen Krieges vor Pergama (das ist Troja) Uhrsache gewesen.

Hippodamie / eine Tochter des Oenomaus / Königes der Elider und Piser; welchen Pelops / der Frigische König / weil er ihm diese Tochter zu vermählen abgeschlagen / mit einer großen Kriegesmacht überfiel.

Noch eine andere Hippodamie / des Piritous Gemahlin / welche die vom Weine trunkene Zentauren entführet / veruhrsachte den gewaltigen Krieg / der zwischen ihrem Ehherrn / und den Entführern entstund. Daher nennet sie auch Propertz / in seinen Gedichten / Isomachen / das ist eine Stteitführerin / wan er schreibet:


QUALIS & ISOMACHE LAPITHÆ GENUS HEROINE

CENTAURIS MEDIO GRATA RAPINA MERO.


Aspasie / eine gelehrte Mileserin / und Beischläferin des Perikles / welcher das Atehnische Stahtswesen vierzig Jahre beherschet / war die Uhrsache zu zween heftigen Kriegen: nähmlich zum Samischen / weil die Samier den Milesern feind waren; und dem Peloponnesischen / wie Plutarch / und Aristofanes bezeugen.[530]

Lavinie / des Königs Latinus Tochter / und Gemahlin des Eneas / veruhrsachte den bluhtigen Krieg zwischen dem Eneas / und Turnus / ihren beiden Freuern; wie Pontan / im 4 Buche von den Sternen angezeichnet.

Arsinoe / des Egiptischen Königes Ptolemäus Tochter / und des Mazedonischen Lisimachs Gemahlin / verreitzte ihren Ehherrn so weit / daß er den Agatokles / ihren Stiefsohn / unangesehen daß er dem Vater viel Kriege glüklich ausgeführet / mit Gifte hinrichtete; wie Volaterran meldet.

Anaxarete / eine wunderschöne Jungfrau / die aus Königlichem Bluhte herentsprossen / fiel dem Ifis /der sie überaus liebete / so hart / daß er vor ihrer Tühre sich erhing; wie Ovidius im 14 seiner Verwandlungsbücher erzehlet.

Deianire / des Etolischen Königes Tochter / war nicht allein die Uhrsache des Krieges zwischen dem Herkules / und Achelous / wie auch des Gefechtes zwischen eben demselben Herkules / und dem Nessus / sondern auch dieselbe / die den Herkules / ihren Ehherrn selbsten ümbrachte; wie Sofokles in seinem Rasenden Herkules / als auch. Perottus / und Seneka /der Heldenspielschreiber / bezeugen. Der letztere bricht unter andern mit diesen Worten heraus.


O TURPE FATUM! FÆMINA

HERCULEÆ NECIS AUCTOR FERTUR.


O welch ein schändlicher Glüksfal! Eine Frau wird gesagt des Herkulischen Todes Veruhrsacherin zu sein.

Berenize / des Seleuks / welcher / nach Alexanders des Großen Tode / König in Sirien ward / Stiefmutter / und Schwester des Ptolemäus / Königes in Egipten /war eine Anstifterin des Krieges zwischen ihrem Bruder / und Stiefsohne; wie Justinus im 27 Buche bezeuget.

Eurifile / des Amfiaraus / eines Griechischen Wahrsagers / Ehfraue / verriet ihren Ehherrn dem Argirischen Könige / Adrast / der ihn mit sich in den Krieg vor Tehbe führen wolte; nachdem er sie mit einem güldnen Armbande bestochen. Dan weil Amfiaraus / vermittelst seiner Wahrsagerkunst / wohl[531] wuste / daß er in diesem Kriege ümkommen solte; so hielt er sich an einem heimlichen Orte verborgen. Als er aber / durch die Verrähterei seiner Fraue / gefunden / und gezwungen ward mitzuziehen; da begegnete ihm das Unglük / das er ihm selbst geweissaget / indem er von der Erde / die sich voneinander spaltete / verschlungen ward. Dieser Geschicht gedenket Statz in seinem 1 Buche vom Tebischen Kriege / wie auch Strabo im 9 Buche / und Euformion am 267 Bl. seines 2 Teiles.

Nikostrata / des Evanders aus Arkadien Mutter /eine Wahrsagerin / und Dichterin / welche diesen ihren Sohn zum Vatermorde verreitzete; wie Tortellius meldet. Sonst wird sie von den Lateinern auch CARMENTA oder CARMENTIS genennet: weil sie die Aussprüche der Götter in Gedichte gebracht. Daher ist ein Tohr zu Rohm CARMENTALIS PORTA genennet worden / dessen Virgiel / im 8 B. seines Heldengedichtes vom Eneas / gedenket / wan er also schreibet:


ET CARMENTALEM ROMANO NOMINE PORTAM.


Nachmahls aber hat man dieses Tohr PORTAM SCELERATAM geheissen: weil dadurch dreihundert und sechs Fabier / mit fünf tausend der ihrigen / wider die Hetrusker ausgezogen / und allesamt erschlagen warden; wie Strabo / im 5 B. und Solinus / in seiner Beschreibung der Stadt Rohm / angezeichnet.

Fedra war des Kretischen Königes Minos / und der Pasifae Tochter / auch des Teseus Gemahlin. Diese hatte sich in ihren Stiefsohn / den Hippolitus / dermaßen verliebet / daß sie aus Unmuht und Verzweifelung / indem sie ihn zur Gegenliebe keines Weges bewegen konte / sich selbsten erhing; und ihn / in einem hinterlaßenen Schreiben an den Teseus / beschuldigte / daß er sie notzüchtigen wollen / und der Uhrhöber ihres Todes so sei. Daher gedachte der erzürnete Vater den Hippolitus zu erwürgen: der aber / indem er ihm entflühen wolte / von den wühtenden Pferden zerträhten ward. Dieser Begäbnis gedenken / wiewohl auf unterschiedliche Weise / Servius / Ausonius /Ovidius / u.a.m.

Hermione / des Menelaus Königs von Sparta zweite Tochter aus der Helene. Diese war so schön / daß sie / durch ihre[532] Schönheit / wonicht vielmehr Wankelmühtigkeit / den Orestes / des Agamemnons Sohn /dem sie erstlich versprochen war / bewog / den nachmahls geehligten Pirrus / des Achilles Sohn / zu töhten; damit er ihrer Besitzung genüßen möchte. Daher schreibet Marzial im 3 Buche:


DIC MIHI, QUID SIMILE EST, THAIS, & HERMIONE?


Zille / des Megarischen Königes Nisus Tochter /hatte sich in den Minos / König von Kreta / dermaßen verliebet / daß sie ihm ihren eigenen Vater / den er bekriegete / verriet; indem sie ihm sein Haar / an dessen Verluste der Verlust des Reiches hing / abgeschnitten / und seinem Feinde zugeschikt. Weil sie aber nachmahls vom Minos verschmähet ward / sol sie für großer Betrübnis / eben wie auch ihr Vater Nisus / in einen Vogel verwandelt sein worden / und zwar jene in einen uns unbekanten ihres Nahmens /dieser aber in einen Sperber / den der Nahme Nisus bezeichnet; welche beide Vogel noch heute zu Tage /dieser Begäbnis wegen / in stähter Feindschaft leben sollen: wie Servius / bei dem 6 Hürtengedichte des Virgiels / angemärket. Auch gedenket dessen / unter andern / Ovidius / mit diesen Worten:


FILIA NEVE MAGIS CAPITI SIT FIDA PARENTIS,

QUÀM TUA VEL PTERELA, VEL TUA, NISE FUIT.


Kleopatre / eine Egiptische Königliche Tochter und nachmahlige Königin / war nicht allein die Uhrsache des gewaltigen Krieges zwischen ihrem Königlichen Vater / und dem Sirischen Könige Alexandern; sondern veruhrsachte darnach auch dasselbe Kriegesunwetter / das zwischen dem Antohn / und dem Keiser Augusten entstund: indem sie den Antohn / der dazumahl Römischer Feldherr in Afriken war / beredete sie zu ehligen / und des Augusts Schwester / die seine Gemahlin war / zu verstoßen. Dan dieses nahm der Keiser so übel auf / daß er von stunden an beschlos ihn zu bekriegen. Aber Antohn kahm ihm zuvor / und machte sich mit einer gewaltigen Heersmacht auf /den August zu überrumpeln. Doch dieser schlug ihn /in einer gewaltigen Seeschlacht / und bekahm die Kleopatre[533] gefangen. Ja Antohn selbst muste sein Leben einbüßen, Gemeldtes Seetreffen beschreibet /unter andern / Virgiel / im 8 Buche seines Heldengedichtes vom Eneas / überaus ahrtig.

Tullia / des Servius Tullius / des sechsten Röhmischen Königes / Tochter / brachte bei dem Tarkwien dem Hofärtigen so viel zu wege / daß er ihren Vater ümbrachte / und sich des Reichs bemächtigte.

Fridegunde / Hülfrichs / der des Klohtars Sohn war / Gemahlin / hatte die Uhrsache / daß ihr Ehherr auf der Jagt sein Leben einbüßen muste.

Isabelle / Luchiens / eines Wälschen Grafens Gemahlin / welche Ugolien Gonzaga geschändet / war die Uhrsache des Krieges / den ihr Ehherr wider den Schänder führete.


Zur 63 Einteilung.


Tais / welche von der Hofahrt des Pfauens / der bei den Griechen Ταώς heisset / diesen Nahmen bekommen zu haben scheinet / war eine Huhre von Alexandrien / welche die Atehnische Jugend verführete / und den grausamen Brand in der Stadt Persepolis anrichtete. Hiervon schreibet / unter andern / Kurtz / in seinem Buche / wie auch Zelius / im 35 Hauptst. seines 8 Buches: und Menander / ein Griechischer Dichtmeister / hat sie / in seinen Gedichten / dermaßen heraus gestrichen / daß sie die Menandrische Tais genennet ward. Daher schreibet Propertz:


TURBA MENANDREÆ FUERAT NEC THAIDOS OLIM

TANTA, IN QUA POPULUS LUSIT ERICHTHONIUS.


Das Gedränge üm die Menandrische Tais / darinnen das Volk zu Atehn spielete / war ehmahls so groß nicht.


Zur 74 Einteilung.


Ein Leue / wan er erzürnet wird.] Hiervon schreibet Val(erius) Herberger / im 57 Hauptst. des 11 Teiles seines Werkes von den großen Tahten GOttes.[534]

Indem der Geist GOttes seinen Muht bemuhtigte.] Im 14 Hauptst. des Buches der Richter stehen hiervon diese Worte: Und der Geist des HERRN geriet über ihn / und er zerris ihn / wie man ein Böklein zerreisset: und hatte doch gar nichts in seiner Hand.


Zur 76 Einteilung.


Nachdem er ihn in die Streucher verstekt hatte.] Flav(ius) Josef schreibet hiervon / im 10 Hauptst. seines 5 Buches / also: und er warf das Aß desselben in ein Dorngehäkke / nahe bei dem Wege.


Zur 77 Einteilung.


Von einer so kühnen Taht schwieg dieser Leuenkämpfer stok-stille.] Das Buch der Richter führet hiervon diese Worte: und (Simson) sagte nicht an seinem Vater / noch seiner Mutter / was er getahn hatte. Hieraus ist zugleich genugsam abzunehmen / daß Simson seine Eltern / wie in meinem Simson angeführet wird / vor den Weinbergen verlaßen / und einen andern Weg / hinter denselben hin / genommen: ob es schon der Schreiber des itztangezogenen Buches / der Kürtze wegen / nicht ausdrüklich gemeldet.


Zur 84 Einteilung.


Auch füget sich das Wort / das dieses Band bindet /nur aus zween Buchstaben zusammen.] Dieses Wort ist / JA / darinnen der erste Buchstab / nähmlich das j / ein Mitlauter / und Weiblich ist / der zweite / nähmlich das a / dagegen ein Selblauter / und Mänlich.


Zur 110 Einteilung.


Was unter der Rose bleiben sol.] Die Rose war vor Alters ein Sinbild der Verschwiegenheit. Und darum pflegte man über die Tafeln oder Tische / sonderlich in heimlichen Raht- auch wohl Gülde-stuben / eine Rose zu mahlen / oder aus Holtze geschnitten[535] zu hängen; damit einieder sich dabei seiner Pflicht verschwiegen zu sein / sooft er sie anblikte / erinnern möchte. Und dieser Gebrauch ist ohne Zweifel daher entsprossen: weil die Rose der Liebe / derer Werke heimlich und verschwiegen wollen gehalten sein / geheiliget ist; wie aus folgenden Dichtbänden zu sehen:


EST ROSA FLOS VENERIS, CUJUS QUÒ FURTA LATERENT,

HARPOCRATI MATRIS DONA DICAVIT AMOR.

INDE ROSAM MENSIS HOSPES SUSPENDIT AMICIS,

CONVIVÆ UT SUB EÂ DICTA TACENDA SCIANT.


Die Rose ist eine Bluhme der Liebe / derer Diebstal verborgen zu halten hat sie selbsten ihrer Mutter Geschenk dem Harpokrates / das ist der Verschwiegenheit / geheiliget. Daher pfleget der Würt seinen Gästen eine Rose über den Tisch zu hängen; damit sie /was unter derselben geredet würde / zu verschweigen wüsten. Hierbei mus ich auch des Gedichtes / welches ich unlängst auf Herrn Filip Jakob Zeiters / unter den Deutschgesinten des Verschwiegenen / Hochfürstlichen Würtenbergischen Geheimverpflegers und Ertzschreinbewahrers / Zunftzeichen / Zunftnahmen und Zunftspruch verfärtigte / gedenken; weil es schier nach dem itztangeführten Lateinischen seinen Anfang gewinnet. Es lautet aber wie folget:


Die Rose / die noch roht vom Bluhte des Adonen /

auch wohl der Venus selbst / der sie geheiligt blieb /

hat Liebereitz verehrt / dem unsre Buhler frohnen /

dem Schweiger Harpokrat; damit der kleine Dieb /

und was er in der Lieb' ausübt / verschwiegen bliebe.

Drüm wird Verschwiegenheit durch Rosen vorgebildt /

durch Rosen / die zugleich ein Zeichen seind der Liebe.

Drüm ziert die Ros' auch oft der Tafeln Oberschild.

Drüm führt sie gleich also Herr Filip Jakob Zeiter /

wiewohl mit Näglichen / die weis seind / gantz ümringt /

im Schilde / das Ihm dient zu einem Tugendleiter:

darbei sein Zunftwort auch / Hierunter bleib' es / klingt.

Der Fürsten Heimligkeit mus unter Rosen bleiben /

mus mit Verschwiegenheit durchaus gehandhabt sein.[536]


Wer dieses tuht / der mag sich den Verschwiegnen schreiben mit recht und ohne scheu; der ziert den Rosenschrein. Dieser Harpokrates ist ein Weisemeister gewesen / welcher gelehret: die Verschwiegenheit sei die gröste Tugend. Daher ist sein Bildnis / welches /mit seinen auf den Mund gelegten Fingern / wie die Göttin Angerone zu Rohm / zur Verschwiegenheit anmahnete / bei dem Götzendienste der Isis / und des Serapis gebraucht worden. Daß er aus der Insel Farien bürtig gewesen / zeiget Alziat in folgenden Bänden an:


CÙM TACET, HAUD QUICQUAM DIFFERT SAPIENTIBUS, AMENS,

STULTITIÆ EST INDEX LINGUAQUE VOXQUE SUÆ.

ERGO PREMAT LABIUM, DIGITOQUE SILENTIA SIGNET,

& SESE PHARIUM VERTAT IN HARPOCRATEM.


Zur 121 Einteilung.


Daß die Bienen desselben Rachen zum Honigstokke gemacht.] Am mehrgemeldten Orte des Buches der Richter lauten die Worte hiervon also: und er traht aus dem Wege / daß er das Aß des Leuen besähe. Sihe! da war ein Bienenschwarm im Ase des Leuen /und Honig. Und er nahm es in seine Hand / und aß darvon unter Wegens: und ging zu seinem Vater / und zu seiner Mutter / und gab ihnen / daß sie auch aßen. Er sagte ihnen aber nicht an / daß er den Honig von des Leuen Ase genommen hatte.


Zur 125 Einteilung.


Auch vergaß er hierbei seiner Liebsten nicht.] Flavius Josef schreibet hiervon / im 10 Hauptst. seines 5 Buches / also: und er nahm daraus drei Honigscheiben /und überreichte sie / neben andern Geschenken / seiner Liebsten.


Zur 129 Einteilung.


Er ist die große Sonne der Gerechtigkeit.] So nennet unsern HErrn und Heiland Maleachi / wan er im 4 Hauptst. seines Buches saget: Euch aber / die ihr meinen Nahmen fürchtet / sol[537] aufgehen die Sonne der Gerechtigkeit. Eben dasselbe wil auch Johannes sagen /wan er im 21 Hauptst. seiner Offenbahrung / also spricht: und die Stadt darf keiner Sonne / noch des Mohnes / daß sie ihr scheinen. Dan die Herligkeit Gottes erleuchtet sie / und ihre Leuchte ist das Lam. Und die Heiden / die da sälig werden / wandeln in demselben Lichte. Ja der Heiland selbst wil dieses sagen / wan Er / im 8 Hauptst. der Heilverkündigung des Johannes / saget: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolget / wird nicht in der Fünsternis wandeln; sondern das Licht des Lebens haben.

Wie der Engel von ihm mit Vorbedacht sagte.] Nähmlich im 13 Hauptst. des B. der Richter: und er (Simson) wird anfangen Israel zu erlösen aus der Filister Hand.

Eine gantz volkommene und ewige Erlösung.] Hiervon redet das Sendeschreiben an die Ebräer / im 9 Hauptst. wie folget: Kristus ist kommen / daß Er ein Hoher Priester der zukünftigen Gühter sei / durch eine grössere und volkomnere Hütte. Auch ist Er nicht durch der Kälber oder Bökke Bluht / sondern durch sein eigenes einmahl in das Heilige eingegangen / und hat eine ewige Erlösung erfunden. Ja Er hat die ewige Gerechtigkeit gebracht; wie Daniel / im 9 Hauptst. seiner Weissagung / redet.


Zur 132 Einteilung.


Das heilige Kind Gottes.] Also nennen die Jünger des HErrn unsern Heiland / in ihrem Gebähte / wan sie zu Gotte dem Vater folgender Gestalt bähten: sie haben sich versamlet über dein Heiliges Kind JESUS; welchen Du gesalbet hast / u.s.f. wie die Apostelgeschicht / im 4 Hauptstükke / bezeuget. Ja der Engel Gabriel nennet Ihn gar den Allerheiligsten / wan er zum Daniel / in dessen 9 Hauptstükke spricht: siebenzig Wochen seind bestimt über dein Volk / und über deine heilige Stadt: da wird dem Uberträhten gewehret / und die Sünde zugesiegelt / und die Missetaht versühnet / – – – und der Allerheiligste gesalbet werden. Eben derselbe Gabriel ist es / der Ihn auch das Heilige Kind nennet / wan er zur Jungfrauen Marien /bei dem Lukas / im 1 Hauptstükke / folgender Gestalt spricht: der[538] Heilige Geist wird über dich kommen /und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Darüm sol auch das Heilige / das von dir gebohren wird / Gottes Sohn genennet werden.

Ja Er heiligte sich selbst für uns.] Dieses bezeuget unser Heiland von sich selbst / in seinem Gebähte zu seinem Vater / wan Er / bei dem Heilverkündiger Johannes / im 17 Hauptst. unter andern spricht: heilige sie in der Wahrheit. Dein Wort ist Wahrheit. Ich heilige mich selbst für sie; aufdaß auch sie geheiliget seind in der Wahrheit / u.s.f. Eben derselbe Johannes bezeuget auch in seinem 8 Hauptst. was / in meinem Simson / straks hierauf folget. Ja er führet zugleich /im 6 Hauptst. diese des Heilandes eigene Worte mit an: Ich bin vom Himmel kommen / nicht / daß Ich meinen Willen tuhe / sondern Dessen / der Mich gesandt hat / u.s.w. Das übrige findet man bei dem Lukas / 2. Esaias / 9.1 Pet(rus) 5. Matt(eus) 4. Offenb(arung) Joh(annes) 5. Esa(ias) 7. u.a.m.


Zur 134 Einteilung.


Sie lauerte darauf / mit unverwanten Blikken.] Hierher zielet / was Mantuan / im 1 seiner Hürtengedichte saget:


NON CELARE SUAS, NEC VINCERE FŒMINA CURAS,

NEC DIFFERRE POTEST. TANTUM LEVITATIS IN ILLÂ EST.


Zur 138 Einteilung.


Dreissig der muhtigsten Timnattischen Jünglinge.] Das Buch der Richter meldet hiervon / im 14 Hauptst. folgender Gestalt: und da sie ihn sahen / gaben sie ihm dreissig Gesellen zu / die bei ihm sein solten. Diese Worte werden / im oftangezogenem 5 Buche des Flavius Josefs / also erklähret: darnach lud er zur Hochzeit die Timnatter: welche dem Jünglinge / weil sie ihn / seiner Stärke wegen / verdächtig hielten /zum scheine der Ehren / dreissig Brautdiener aus derer Zahl / die ihm Alters halben gleich waren / zufügten / mit dem Befehle / daß sie auf ihn acht schlügen / damit er nicht etwan einen Muhtwillen verübete.[539]


Zur 142 Einteilung.


Uber Lehi.] So ward derselbe Ort genennet / da Simson nicht lange hiernach tausend Filister / mit einem Eselskinbakken erschlug; wie das 15 Hauptst. des B. der Richter / schier am Ende / beschreibet. Dagons Götzenhaus war dasselbe / das Simson über einen Hauffen warf / und dadurch mehr Filister töhtete / als er zuvor iemahls getahn; wiewohl er selbst sein Leben darbei einbüßen muste; wie im 16 Hauptst. des itzt angezogenen Buches zu lesen.

Quelle:
Philipp von Zesen: Sämtliche Werke, 17 Bände, Band 8, Berlin/ New York 1970 ff., S. 493-540.
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