Zweiter Auftritt.

[185] Der Doge und Flodoardo.


FLODOARDO.

Eure Durchlaucht ...

DOGE.

Näher! näher!

Haben die verdächt'gen Bürger

Im Verhöre ausgesagt?

FLODOARDO.

Sie beharrten fest im Läugnen;

Schworen, daß der Waffenvorrath,

Der, bei ihnen, in Gewölben,

Aufgehäuft gefunden worden,

Nur für Rechnung andrer Häuser

In Italien gekauft sei.

Zwei derselben haben endlich

Auf der Folter eingestanden,

Ein venedischer Senator

Habe diese Waffenmenge

Dort durch sie verwahren lassen. –

Wider unsre Republik

Sei Verschwörung nah' am Ausbruch.

Sie versprachen, was sie wissen

Zu entdecken.[185]

DOGE.

Gott sei Dank!

Und der Name des Senators?

FLODOARDO.

Sie gelobten, ihn zu nennen.

Doch der Eine sank in Ohnmacht,

Und dem Andern machten Schmerzen

Ganz unmöglich, mehr zu sprechen.

Eben jetzt vergönnt man ihnen

Zur Erholung kurzen Stillstand.

DOGE.

Wisset Ihr der Bürger Namen?

FLODOARDO ein Papier überreichend.

Hier, mein Fürst.

DOGE den Zettel überblickend.

Ganz unbekannte!


Reicht ihm mit zärtlicher Bewunderung die Hand.


Junger Mann, dich müßt' ich lieben,

Hättest du schon meinem Herzen

Auch den Todesstreich versetzt.

Dein Entdecken dieser Waffen,

Und der tückischen Verräther,

Rettet unsre Republik.

Um den Preis vergißt man Vieles ...

Glückssohn, dem soviel gelingt,

Möchte Dir noch Eins gelingen,

Den Banditen Abellino ...[186]

Aber ... hüte selber dich

Vor des Fürchterlichen Schlingen!

Ich will einen Augenblick

Mich in mein Gemach begeben.

Bleibet hier!


Ab.


FLODOARDO allein.

Bald ist die Rolle

Bis ans Ende ausgespielt.

O mein Glück, verlaß mich nicht!

Nur noch achtundvierzig Stunden

Treu mir! dann ist's überwunden.

Es ist die Zeit, die Bank zu sprengen.

Die Verschworenen beginnen

In die Karten mir zu schielen,

Und das falsche Spiel zu wittern.

Drum zum Ziel. – Der beste Spieler

Ist zuletzt des Zufalls Spiel,

Und im feinsten Rath ist Unrath.


Quelle:
Heinrich Zschokke: Gesammelte Schriften. Band 15, Aarau 1865, S. 185-187.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Prévost d'Exiles, Antoine-François

Manon Lescaut

Manon Lescaut

Der junge Chevalier des Grieux schlägt die vom Vater eingefädelte Karriere als Malteserritter aus und flüchtet mit Manon Lescaut, deren Eltern sie in ein Kloster verbannt hatten, kurzerhand nach Paris. Das junge Paar lebt von Luft und Liebe bis Manon Gefallen an einem anderen findet. Grieux kehrt reumütig in die Obhut seiner Eltern zurück und nimmt das Studium der Theologie auf. Bis er Manon wiedertrifft, ihr verzeiht, und erneut mit ihr durchbrennt. Geldsorgen und Manons Lebenswandel lassen Grieux zum Falschspieler werden, er wird verhaftet, Manon wieder untreu. Schließlich landen beide in Amerika und bauen sich ein neues Leben auf. Bis Manon... »Liebe! Liebe! wirst du es denn nie lernen, mit der Vernunft zusammenzugehen?« schüttelt der Polizist den Kopf, als er Grieux festnimmt und beschreibt damit das zentrale Motiv des berühmten Romans von Antoine François Prévost d'Exiles.

142 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon