[163] Lieferungsbedingungen dienen als Grundlagen bei der Erteilung und Erledigung von Lieferungsaufträgen.
Sie umfassen neben den Vorschriften hinsichtlich Zeit und Ort der Lieferung und neben den Vereinbarungen über Leistung und Gegenleistung in der Hauptsache die Forderungen hinsichtlich derjenigen Eigenschaften des zu liefernden Gegenstandes, die bei seiner beabsichtigten Verwendung in erster Linie in Frage kommen. Im nachstehenden sollen nur die letzteren, und zwar auch diese nur für Konstruktionsmaterialien, behandelt werden. (Lieferungsbedingungen für hydraulische Bindemittel s. Normenproben, für Drähte s. Drahtprüfungen, für Papier s. Papierprüfung.) Bei Verwendung von Konstruktionsmaterialien werden vornehmlich deren Widerstandsfähigkeit gegen statische (ruhig wirkende) und gegen dynamische (stoßweise wirkende) Belastungen und die Bearbeitungsfähigkeit angesprochen. Als Gütemaß für diese Eigenschaften dienen die Zug- bezw. Druckfestigkeit (s. Druck-, Zerreißversuch), die Dehnbarkeit, der Widerstand gegen Schlag und ferner die Biegbarkeit und Schmiedbarkeit bei verschiedenen Wärmegraden. Die Werte, welche für alle diese Eigenschaften vorgeschrieben zu werden pflegen, sind meistens auf praktische Erfahrungen begründet. Sie sind in erster Linie nach den Forderungen hinsichtlich des notwendigen Sicherheitsgrades bei der Verwendung der Materialien zu bemessen, aber auch so zu wählen, daß die Erzeugung des Materials wirtschaftlich möglich bleibt. Die Notwendigkeit der Vereinigung beider Interessen hat dahin geführt, daß in gemeinsamen Beratungen zwischen Verbraucher und Erzeuger Vorschriften aufgestellt wurden, welche die von den verschiedenen Materialien für bestimmte Zwecke zu fordernden Eigenschaften entsprechend der höchsten Leistungsfähigkeit der Industrie festsetzen. Diese Vorschriften sind nach den wirtschaftlichen Bedingungen, unter denen die gleichen Industrien in den verschiedenen Ländern arbeiten, d.h. vornehmlich nach den Eigenschaften der jeweiligen Rohmaterialien und den hierdurch bedingten Verarbeitungsverfahren verschieden. Durch den »Internationalen Verband für die Materialprüfung der Technik« wird eine Vereinheitlichung der Lieferungsbedingungen angestrebt. Die zurzeit begehenden wichtigsten Lieferungsbedingungen sind die folgenden: 1. Normalbedingungen für die Lieferung von Eisenkonstruktionen für Brücken- und Hochbau, aufgestellt von dem Verbände deutscher Architekten- und Ingenieurvereine, dem Vereine deutscher Ingenieure und dem Vereine deutscher Eisenhüttenleute, Hamburg 1902 (O. Meißner). 2. Vorschriften für Lieferungen von Eisen und Stahl, aufgestellt vom Verein deutscher Eisenhüttenleute, Düsseldorf. 3. Grundsätze für die Prüfung von Schweiß- und Flußeisen zum Bau von Dampfkesseln (Würzburger Normen, 1905), Hamburg (Boysen & Maasch). [1], [2]; vgl. a. Dampfkesselfabrikation. 4. Lieferungsbedingungen der Vereinigten Preußischen und Hessischen Staatseisenbahnverwaltung. 5. Materialvorschriften der deutschen Kriegsmarine (1905). 6. Verein deutscher Eisenbahnverwaltungen. Vorschriften für die Einrichtung und Bearbeitung einer mit besonderer Rücksichtnahme auf die Materialgüte geführten Schienenstatistik. Ausgegeben von der geschäftsführenden Verwaltung des Vereins. Berlin 1903. 7. Bedingungen der Deutschen Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung. 8. Entwürfe für einheitliche Vorschriften des Deutschen Verbandes für die Materialprüfungen der Technik. 9. Vorschriften für die Lieferung von Gußeisen, aufgestellt vom Verein deutscher Eisengießereien (1904) [1], [3]. 10. Normalien zu Rohrleitungen für Dampf[163] von hoher Spannung, aufgestellt vom Verein deutscher Ingenieure (1900) [4]. 11. Bedingungen für die für die Luftschifferabteilung zu liefernden Gasbehälter. Vgl. a. Normalbedingungen.
Literatur: [1] Korrespondenz des Vereins deutscher Eisengießereien, Nr. 208, 25. Okt. 1904. [2] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1905, S. 404. [3] »Stahl und Eisen« 1904, S. 1255. [4] Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1900, S. 1481.
Rudeloff.
Lueger-1904: Lieferungsbedingungen [2]