Fabrikgesetzgebung [2]

[251] Fabrikgesetzgebung. In Deutschland ist für die Fabrikgesetzgebung von besonderer Bedeutung die Novelle zur Reichsgewerbeordnung vom 28. Dezember 1908 (Reichsgesetzblatt S. 667).

Durch dieselbe erfolgte eine fette Abgrenzung des Geltungsbereichs der Vorschriften des Titels VII Abschnitt IV der Gewerbeordnung zum Schütze der Fabrikarbeiter durch Erstreckung auf alle gewerblichen Betriebe mit einer bestimmten Arbeiterzahl unter Beseitigung des schwer festzustellenden Fabrikbegriffs, und zwar der Vorschriften über Lohnverwirkung und Arbeitsordnungen (§§ 134–134h), auf die Betriebe mit mindestens 20 Arbeitern, der übrigen (§§ 134i–139aa) auf alle Betriebe mit mindestens 10 Arbeitern. Teils Ausdehnung, teils Einschränkung dieser Vorschrift für bestimmte gewerbliche Betriebe in § 154 sowie in § 154 a bezüglich der Bergwerke, Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebene Brüche oder Gruben, Geltung der Vorschriften auch für die Werkstätten der Tabakindustrie. – Die Lohnzahlungsbücher für minderjährige Arbeiter sind durch die Novelle vom 27. Dezember 1911 (Reichsgesetzblatt von 1912 S. 159) beseitigt. Dagegen ist jetzt in Betrieben, in denen in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden (s. übrigens auch § 154a), den Arbeitern zur Klarstellung des ausbezahlten Lohnes bei der regelmäßigen Lohnzahlung ein schriftlicher Beleg (Lohnzettel, Lohntüte, Lohnbuch u.s.w.) über den Betrag des verdienten Lohnes und der einzelnen Arsen der Abzüge auszuhändigen (§ 134 Abs. 2 der Reichsgewerbeordnung). – Die Bestimmungen des Bundesrats vom 13. Juli 1900 über die Motorwerkstätten sind hinsichtlich der Betriebe mit mindestens 10 Arbeitern aufgehoben (Art. 4 des Gesetzes vom 28. Dezember 1908). Die kaiserlichen Verordnungen über die Ausdehnung der §§ 135–139 und des § 139b der Gewerbeordnung auf die Werkstätten der Kleider- und Wäschekonfektion vom 31. Mai 1897 und 17. Februar 1904 sind noch für Betriebe mit weniger als 10 Arbeitern in Geltung. – Die Bekanntmachung betreffend den Betrieb der Anlagen der Großeisenindustrie vom 19. Dezember 1908 (Reichsgesetzblatt S. 650) enthält Vorschriften zur Ermöglichung einer statistischen Erfassung und[251] Klarstellung des Umfangs der Ueberstunden und der Sonntagsarbeit und enthält weiter Bestimmungen über die Arbeitspausen und die achtstündige Mindestruhezeit.

Köhler.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 251-252.
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