Knochenentfettung

[334] Knochenentfettung. – Man hat wohl schon früher Knochen entfettet, doch in den weitaus meisten Fällen nur altes, mehr oder weniger verdorbenes Knochenmaterial dazu verwendet, so daß man lediglich Fett für technische Zwecke erhielt, niemals aber für den menschlichen Genuß taugliches. Die Entfettung der älteren Knochen mittels Auskochens oder durch Extraktion mittels flüchtiger Lösungsmittel ist eine Verwertung für sich, dagegen soll hier die Ausnutzung frischer Knochen ins Auge gefaßt werden. Hauptbedingung ist, daß die Knochen frisch sind, dann ist auch ein wohlschmeckendes und bekömmliches Fett zu erwarten. Die im Haushalte geübte Art der Fettgewinnung durch längeres Auskochen der zersägten, mit der Hake nur unvollkommen zerkleinerten Knochen ist nur unvollständig, bedarf der Verbesserung, die bereits in die Wege geleitet ist; ansehnliche Mengen Knochenfett lassen sich überall gewinnen, wo nicht zu kleine Mengen Material vorhanden sind bezw. abfallen. Nach angestellten Versuchen ergaben die lediglich zerkleinerten Knochen beim einfachen Auskochen 5,35%. beim Erhitzen im Autoklaven 9,73% Fett. Zu Knochenmehl zermahlene Knochen hingegen ergaben beim Auskochen 16,5%. im Autoklaven erhitzt dagegen nur 12,39% Fett. Hieraus geht die große Bedeutung, die der Zerkleinerung zukommt, deutlich hervor. Die Art des Kochens wurde nochmals überprüft und es ergaben sich annähernd gleiche Resultate auch im Autoklaven, es genügt demnach auch das einfache Auskochen vollständig. Hellriegel verwendet für die Knochenfettgewinnung besonders gebrühte Knochen in mittels Handmühle vermahlenem Zustande und kocht dieselben ohne Anwendung von Druck aus. Freilich unter Einhaltung gewisser Vorsichtsmaßregeln und Kunstgriffe, wodurch eine Ausbeute von 25% an angewendeter Substanz von reinem, geruchlosem 100 prozentigen Speisefett erhalten wird. In dieser Weise lassen sich ganz angemessene Mengen Fett erhalten. Dabei bleibt der ausgekochte Knochenschrott noch als besonders wertvolles Futtermittel für Jungvieh, Hühner und Enten, es kann auch als Düngemittel dienen. Ing.-Chem. Merz sagt über Verwertung von Küchenknochen: Diese werden nur dort gesammelt, wo sie in größeren Mengen anfallen und aufgespeichert bis 10000 kg beisammen sind, um an Leim- und Düngemittelfabriken abgegeben zu werden. In Haushaltungen werden die Abfälle einfach verbrannt. In beiden Fällen aber wertvolles Material verwüstet und im ersteren noch sanitätswidriger Versand vorgenommen. Merz hatte schon früher angeregt, einen Sammeldienst einzurichten, bei dem nicht nur in größeren Speiseanstalten u.s.w. sondern auch in Haushaltungen wöchentlich wenigstens einmal die Knochen eingesammelt und in einer städtischen Anstalt vereinigt werden, in der sie entfettet und getrocknet werden. Erst in diesem sterilisierten Zustande sollen die Knochen auf Futtermittel verarbeitet oder weiter transportiert werden dürfen. Die Gemeinden würden durch den Erlös für das gewonnene Fett (etwa 10%), das hauptsächlich zur Seifen-, Kerzen- und Glyzerinfabrikation verwendet wird, und für das bessere, weil vor Fäulnis geschützte Knochenmaterial, nicht nur die aufgewendeten Kosten reichlich decken sondern ohne Zweifel auch größere Gewinne erzielen können. Ein großer Gewinn und Fortschritt wäre damit auch in volkswirtschaftlicher und hygienischer Beziehung erreicht. Für Genußzwecke taugliches Knochenfett aber ist nur zu erhalten, wenn die Knochen in jeder Verbrauchsanstalt von Fleisch, in jedem größeren Haushalt in völlig frischem Zustande vermählen und das Mehl oder Schrott einfach mit Wasser ausgekocht wird. Vgl. a. den Art. Knochenfett.

Andés.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 334.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: