Bureaukratīe

[614] Bureaukratīe (franz.-griech., »Schreibstubenherrschaft«), Bezeichnung für eine kurzsichtige und engherzige Beamtenwirtschaft, der das Verständnis für die praktischen Bedürfnisse des Volkes fehlt; Formenkrämerei, Beamtenherrlichkeit, Herrschaft des grünen Tisches, »Geheimratsherrschaft« (Bismarck). Auch eine solche Beamtenschaft und ihre Angehörigen nennt man B. Der Boden der B. ist der Absolutismus. Das bureaukratische Regiment kennzeichnet die Zeit des Polizeistaates, der polizeilichen Bevormundung des Volkes während des 18. und auch noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrh. Die Begründung der konstitutionellen Regierungsform, das freie Vereins- und Versammlungsrecht, die Bedeutung der Presse für die öffentliche Erörterung der Staatsangelegenheiten, die Anerkennung des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden und höhern Gemeindeverbände sind Momente, die ein bureaukratisches Regiment in der Gegenwart ausschließen. Die Ausdrücke B. und Bureaukratismus werden auch als gleichbedeutend mit der Bezeichnung »bureaukratisches System« gebraucht (s. Bureaukratismus).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 614.
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