Cánovas del Castillo

[742] Cánovas del Castillo (spr. kastiljo), Antonio, span. Staatsmann und Historiker, geb. 8. Febr. 1826 in Malaga, 8. Aug. 1897 in dem Badeorte Santa Agueda von einem italienischen Anarchisten ermordet, machte sich als Dichter bekannt und erhielt wegen seiner historischen und belletristischen Schriften einen Sitz in der Akademie. 1851 übernahm er die Redaktion der konservativen Zeitung »Patria«, ward 1854 Mitglied. der Cortes, war 1860–64 wiederholt Minister unter der Herrschaft der liberalen Union, und trat an die Spitze der Partei, die nach Abdankung der Königin Isabella (1870) die jüngere bourbonische Linie auf den spanischen Thron zurückführen wollte, was im Dezember 1874 endlich glückte. Alfons XII. ernannte C. zum Ministerpräsidenten. Er brachte 30. Juni 1876 die neue Verfassung zu flande, welche die Ansprüche des Klerus befriedigte, ohne die liberalen Grundsätze völlig zu verleugnen, und strebte vor allem danach, dem Lande nach den zerstörenden Bürgerkriegen Ruhe zu verschaffen. Der Mehrheit in den Kammern war C. sicher; er überwarf sich aber mit dem König, indem er sich weigerte, die Tochter des Königs zur Prinzessin von Asturien ernennen zu lassen. So trat C. im März 1881 zum zweitenmal zurück. Er war seitdem Führer der konservativen Partei in den Cortes. 1884 wurde er wieder Ministerpräsident, gab aber nach dem Tode des Königs Alfons XII. seine Entlassung. Am 26. Dez. 1888 ward C. Präsidem der Cortes und schloß sich 1890 im Namen der konservativen Partei der Forderung des allgemeinen Stimmrechts an. Nach der Entlassung des Ministeriums Sagasta wurde er von der Regentin Maria Christine mit der Bildung eines neuen Kabinetts beauftragt (6. Juli 1890), welches das allgemeine Stimmrecht durchführte, zugleich aber auch zum System des Schutzzolles überging. Durch Uneinigkeit in seiner eignen Partei wurde er im Dezember 1892 zum Rücktritt genötigt, wurde aber schon 1895 wieder an die Spitze der Geschäfte berufen. Doch konnte er weder den Aufstand in Cuba und auf den Philippinen beendigen, noch die innern Schwierigkeiten bewältigen. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Estudios literarios« (Madr. 1868, 2 Bde.), »Historia del dominio austriacoen España« (1869), eine Biographie des Dichters Serafin Estébanez Calderon, seines Oheims (das. 1883, 2 Bde.), »Problemas contemporáneos« (das. 1884, 2 Bde.) und »Estudios del reinado de Felipe IV.« (das. 1888–90, 3 Bde.). Auch leitete er die Redaktion der »Historia general de España«. Vgl. V. C. Creux, Antonio C., sa carrière, ses œuvres, sa fin (Par. 1898); Pons, Canovas del Castillo (Madr. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 742.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: