Dísĕntis

[44] Dísĕntis, schon früh als Disertinum oder Disiert, »Einöde«, gedeutet (rätoroman. Mustèr, von monasterium), Luftkurort (mit einem sehr leichten Eisensäuerling) und Benediktinerabtei im Oberlande des schweizer. Kantons Graubünden, an der Vereinigung des aus dem Tavetsch herabkommenden Vorder- und des Medelser Rheins, 1156 m ü. M. gelegen, ist Knotenpunkt der Poststraßen über die Oberalp nach Andermatt und über den Lukmanier nach Biasca im Kanton Tessin, mit (1900) 1355 Einw. – Die Abtei, angeblich um 614 durch Siegbert, einen Gefährten Columbans, gegründet, erscheint urkundlich erst 766 im Testamente des Bischofs Tello von Chur. Durch Schenkungen und Vermächtnisse erwarb der Abt die Landeshoheit im obern Vorderrheintal und grundherrliche Rechte im Urserntal und beteiligte sich nebst der Gemeinde D. an der Gründung des obern oder grauen Bundes 1395 und 1424. Im Mai 1799 legten die Franzosen bei einem Aufstande des Bündner Oberlandes das Kloster in Asche, wobei Archiv und Bibliothek verbrannten. Am 28. Okt. 1846 brannte das Kloster abermals ab. Jetzt enthält das wieder erstandene Gebäude eine katholische Erziehungsanstalt. Im Dorfe befindet sich eine romanische Buchdruckerei. Vgl. Carhannes, Das Kloster Dissentis vom Ausgang des Mittelalters bis 1584 (Stans 1899); Wettstein, Zur Anthropologie und Ethnographie des Kreises D. (Zürich 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 44.
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