Kirchentag

[58] Kirchentag (evangelischer K.), kirchlicher Verein, der 1848 zu dem Zweck gegründet wurde, der drohenden Auflösung des kirchlichen Wesens zu begegnen und dem Ultramontanismus sowie dem Liberalismus gegenüber eine Vertretung der evangelischen Christenheit in Deutschland zu bilden. Der Verein entstand durch den auf dem Sandhof bei Frankfurt a. M. besprochenen und 23. Sept. 1848 in Wittenberg gestifteten Kirchenbund. Auf Wicherns (s. d.) Antrag wurde mit jedem K. ein Kongreß für innere Mission verbunden. Als erste Präsidenten wurden v. Bethmann-Hollweg und Stahl erwählt. Kirchentage wurden seitdem gehalten: 1849 in Wittenberg, 1850 in Stuttgart, 1851 in Elberfeld, 1852 in Bremen, 1853 in Berlin, 1854 in Frankfurt, 1856 in Lübeck, 1857 in Stuttgart, 1858 in Hamburg, 1860 in Barmen, 1862 in Brandenburg, 1864 in Altenburg, 1867 in Kiel, 1869 in Stuttgart, 1872 in Halle. Während sich die strengen Lutheraner immer von dem K. ferngehalten haben, zogen sich seit 1857 auch Hengstenberg und Stahl mit ihrem Anhang von demselben zurück; aber auch Schenkel, Lipsius u. a. sind auf spätern Kirchentagen nicht mehr erschienen. Ein Versuch, dem K. die streng lutherischen Elemente zuzuführen (1871), mißglückte, und der K. verlor an Bedeutung, seitdem die Kirchenregierungen auf der Eisenacher »Deutschen evangelischen Kirchenkonferenz« (s. d.) ihre gemeinsamen Angelegenheiten zu besprechen anfingen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 58.
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