Nerthus

[521] Nerthus, eine german. Göttin, von Tacitus als »Mutter Erde« bezeichnet, wahrscheinlich Stammgottheit der Ingwäonen, ward von einer Anzahl norddeutscher Völker als Göttin verehrt und hatte auf einer Insel im Ozean (Alsen?) einen heiligen Hain. Auf einem verhüllten, von zwei Kühen gezogenen Wagen hielt sie von Zeit zu Zeit Umzug bei den Völkern, die sie verehrten, und denen sie Frieden und Fruchtbarkeit brachte. Dann waren festliche Tage, und aller Streit ruhte, bis der Priester die Göttin dem Heiligtum zurückgab. Darauf wurden Wagen und Gewänder in einem See gewaschen, die Sklaven aber, die dabei Dienste leisteten, vom See sofort verschlungen (vermutlich geopfert). Da man früher nach schlechten Handschriften an der betreffenden Stelle des Tacitus Hertha (statt N.) las und Rügen für die Insel ihres Dienstes hielt, lokalisierte man dort von gelehrter Seite die Sage, was allerlei Fiktionen zur Folge hatte. N. hatte wahrscheinlich einen gleichnamigen Bruder, der su der nordischen Mythologie den alten Namen in ver Form Njord (s. d.) fortführt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 521.
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