Zur Betätigung eines Webstuhls wird die aus einer die Breite des Gewebes bestimmenden, oft sehr großen Anzahl von Kettenfäden gebildeten, auf einer Walze (Kettenbaum) A (Fig. 1) aufgewickelten Kette über einen sogen. Schleifbaum a geführt, dann etwa 1,52,5 m lang zwischen a und f wagerecht ausgespannt und an der Stelle C in das Gewebe verwandelt, das über den sogen. Brustbaum f geleitet, von der Walze B (Zeugbaum, Waren-, Leinwand-, Tuch-, Seidenbaum) aufgewickelt wird.
Zur Verwandlung der Kette in das Gewebe erfolgt zunächst an der Stelle C das Einbringen der Schußfäden in der Art, daß bei jedem Durchgang ein Teil der Kettenfäden über und der andre Teil unter demselben liegt, wobei an den Längskanten die Egge (Salband, Salleiste, Webkante) entsteht. Dazu wird der eine Teil der Kette in die Höhe gehoben, der andre Teil gesenkt und durch den hierdurch entstandenen Raum b c d e (Fach) der Schußfaden vermittelst eines schiffchenartigen Werkzeugs u (Schütze, Weberschütze, Weberschiffchen) hindurch gebracht (Einschießen. Eintragen).
Das infolge der Kettenteilung gebildete Fach besteht aus Oberfach b c d und Unterfach b e d. Nach dem Eintragen muß der Schußfaden mit großer Regelmäßigkeit an den vorhergehenden angeschoben (Schlagen, Anschlagen) und endlich nach und nach das fertige Gewebe auf den Zeugbaum aufgewickelt sowie die stetig nachfolgende Kette abgewickelt werden. Zum Aufwickeln des Gewebes unter gleichzeitigem Abwickeln der Kette dient entweder nur ein eingesteckter Pflock, der von Zeit zu Zeit vom Weber wie ein Hebel in Bewegung gesetzt wird, oder bei bessern Webstühlen ein nach jedem Einschlagen von dem Webstuhl aus in Tätigkeit tretender Weberegulator, der die höchste Ausbildung beim mechanischen Webstuhl (Fig. 20) erhalten hat. Ein Sperrad k mit Sperrklinke verhindert das Zurückdrehen des Zeugbaums. Um dabei die Kette genügend gespannt zu erhalten, ohne die zur Fachbildung erforderliche Nachgiebigkeit aufzuheben, ist um den Kettenbaum eine mit Gewichten g belastete Schnur zur Bremsung desselben geschlungen (Rutschgewicht).
Zur Auf- und Abbewegung der Kettenfäden zum Zweck der Fachbildung stehen je nach der Gewebeart verschiedene Vorrichtungen in Gebrauch. Für glatte und geköperte Gewebe dienen Schäfte und Tritte (zusammen Geschirr, Werk genannt). Die Schäfte s s bestehen (Fig. 2) aus zwei parallelen Latten n, n, zwischen denen Schnüre i i (Litzen, Helfen, franz. lisses) gespannt sind, die in der Mitte Schleifen oder kleine Ringe o o (Maillon, Auge) aus Metall oder Glas haben, durch welche die Kettenfäden hindurchgezogen sind. Diese Schäfte hängen vertikal beweglich im Webstuhl, gewöhnlich an Schnüren oder Riemen r r, die über Rollen m laufen. Unten im Webstuhl liegen sodann einarmige Hebel t t (Tritte), die durch Schnüre mit den Schäften verbunden sind. Indem der Weber abwechselnd auf den einen und den andern Tritt tritt, bewegen sich die Schäfte auch abwechselnd auf und ab, nehmen die betreffenden Kettenfäden mit und erzeugen somit das Fach. Zum Weben der leinwandartigen Zeuge sind nur zwei Schäfte erforderlich, in welche die Fäden 1, 3, 5, 7, 9 etc. und 2, 4, 6, 8 etc. eingezogen werden; für dreibindigen Köper gebraucht man 3 Schäfte mit 3 Tritten, weil immer ein Drittel der Kette für sich bewegt werden muß, für 4, 5, 6bindigen Köper 4, 5, 6 Schäfte mit 4, 5, 6 Tritten etc. (daher 3, 4, 5, 6schäftiger Köper)._ Das Durchbringen des Schußfadens erfolgt mit den Weberschützen (Schiffchen, Fig. 3 und 4), Behältern aus Holz oder Eisen, die an beiden Enden spitz auslaufen und im Innern eine mit Garn bewickelte, um eine Achse b (Seele) drehbare Spule a oder einen zum Aufstecken von Kötzern s geeigneten Dorn d d tragen und von Hand (Handschütze) oder mittels einer sogen. Peitsche H B mit Treiber T (Fig. 6, Schnellschütze) abwechselnd von links und rechts durch das Fach geschleudert werden, wobei sich das aus der Schütze austretende Garn g abwickelt. Zur Erleichterung ihrer Bewegung laufen die Schnellschützen sehr häufig auf Rollen r r (Rollschützen).
Nachdem der Schußfaden eingetragen ist, muß derselbe gerade gestreckt an den vorhergehenden angeschoben werden. Zu dieser Arbeit dient der Kamm (Riet, Blatt, Rietblatt), der (Fig. 5) aus zwei parallelen, durch Querhölzer c zu einem Rahmen vereinigten Doppelstäben b b besteht, zwischen denen in vollständig gleichem Abstand eine entsprechend große Anzahl dünner Stäbchen a (Riete, Rohre, Zähne) aus gespaltenem Rohr oder plattgewalztem Draht befestigt sind, deren Zwischenräume die Kettenfäden aufnehmen. Dieses Blatt bildet zugleich einen wesentlichen Teil der Lade (Fig. 6), die an Schwingen S mit dem Prügel P auf dem Webstuhl mit Spitzen Z Z schwingend aufgehängt ist. Von dem Weber nach vorn bewegt, bewirkt die Lade die richtige Lage des Schußfadens, indem dieser vor dem Rietblatt R hergetrieben (geschlagen, angeschlagen) wird. Dabei dient das Rietblatt zugleich zur Führung und Parallelhaltung der Kettenfäden und eine sogen. Schützenbahn L L an dem Ladeklotz K für eine sichere Unterlage für die durchfliegende Schütze. Damit das Gewebe überall gleich breit und ohne Längsfalten ausfällt, wird dasselbe durch besondere Breithalter (Spannstab, Tempel) in der Schußrichtung gespannt.
Ein gewöhnlicher Spannstab (Fig. 7) besteht aus zwei durch eine Schnur verbundenen Holzstäben a, b, die auf die Breite des Gewebes eingestellt, mit den an den Enden angebrachten Spitzen in die Zeugegge eingesteckt, niedergedrückt und durch den Vorreiber c in der Zeugebene festgehalten werden. Bei mechanischen Webstühlen kommen selbsttätige Breithalter verschiedener Art in Verwendung.
Einen Handwebstuhl neuester Anordnung zeigt Fig. 8. In einem aus hölzernen Ständern und Riegeln zusammengesetzten Gestell liegt bei a der Kettenbaum, bei f der Brustbaum und bei i der Zeugbaum. Letzterer wird mittels des Handhebels 1 mit Sperrzahn und Sperrad k nach Bedürfnis vom Weber zum Zweck der Zeugaufwickelung, der Kettenbaum a zum Abwickeln der Kette e vermittels des Hebels g, der durch einen in den Ständer h einzusteckenden Stift festgestellt wird, gedreht. Die Schäfte n sind an den Rollen m aufgehängt, mit den Tritten t verbunden und werden durch besondere Hebel o (Quertritte) geführt. Die Lade p s wird von zwei Bügeln v getragen und zwar auf Spitzen oder Zapfen. Zum Eintragen dient die an Stiften q aufgehängte Peitsche u und zum Sitz für den Weber das bei w sichtbare schräge Sitzbrett, dessen Höhenlage durch zwei seitwärts angebrachte Haken geregelt wird. Um diesen einfachen Webstuhl leicht und schnell zum Weben mit mehreren Ketten (s. unten) einrichten zu können, sind bei d und c an den Ständern b noch zwei Garnbaumlager vorhanden; desgleichen befindet sich in einem Nebengestell y bei r noch eine Vorrichtung zur Anbringung eines sogen. Kontermarsches, einer Verbindung von Hebeln, die zum Teil oben (Obertritte), zum Teil unten (Untertritte) im Webstuhl liegen und durch eine Hebelübersetzung dem Weber das Treten erleichtern.
Aus Fig. 9 geht das Wesentlichste einer Schaftmaschine hervor. Das wichtige Werkzeug derselben ist die Platine (Fig. 10), die entweder aus Holz A oder Stahldraht B hergestellt und durch eine Schnur (Korde) s mit dem Schaft im Webstuhl verbunden wird. Sämtliche Platinen ruhen in Reihen auf einem festen horizontalen Brett p (Platinenbrett) unmittelbar über ebensoviel Löchern, durch welche die Korden s hindurchgehen und geführt werden. Damit sich die Platinen nicht um sich selbst drehen, gleiten die hölzernen zwischen flache Stäbchen, während die Drahtplatinen bei u aufgebogen sind, um einen Stab r aufzunehmen. Zum Heben der Platinen dient eine einfache Schiene m (Messer), die (Fig. 9) in einem vertikal beweglichen Rahmen R (Messerkasten) sitzt, der in der Regel an einem zweiarmigen horizontalen Hebel E F hängt, dessen Arm F eine abwärts hängende, mit einem Fußtritt verbundene Schnur aufnimmt, so daß der Weber die Hebung der Schäfte mit Einem Tritt bewirkt (Trittmaschine).
Es kommt hierbei nun darauf an, diejenigen Platinen aus dem Bereich der Messer zu bringen, die mit den Schäften nicht gehoben werden sollen. Von allen zu diesem Zweck erfundenen Einrichtungen ist diejenige am einfachsten und daher am häufigsten in Gebrauch, die in Fig. 9 skizziert ist. Jede Platine p ist durch eine Öse eines horizontalen Drahts n (Nadel, Stößel) gesteckt, der bei e durch ein Brett (Nadelbrett) geht und in dem sogen. Federhaus h mit einer Spiralfeder umgeben ist, die sich gegen den Splint i stützt und die Nadel stets von links nach rechts drängt, so daß die Platine p vertikal steht. Wird nun diese Nadel von rechts nach links geschoben, so gelangt die Platine in die gezeichnete schiefe Lage und bleibt daher liegen, wenn das Messer m gehoben wird. Zur Hervorbringung dieser Bewegung der Nadeln dient das viereckige Prisma N, das an zwei Schwingen 1 hängt und im Bogen gegen die Nadeln geschlagen wird und zwar infolge der Einwirkung einer Rolle, die an einem Arm des Messerkastens sitzt, sich mit diesem hebt und senkt und in einer Kulisse g gleitet, die mit den Schwingen 1 fest verbunden und so gekrümmt ist, daß bei der Hebung der Rolle ein Ausschwingen und bei dem Niedergang ein Anschlagen des Prismas gegen die Nadeln erfolgt. Damit ferner beim Anschlagen des Prismas nur jene Nadeln zurückgehen, deren Platinen nicht gehoben werden sollen, haben sämtliche vier Seiten des Prismas den Nadeln gegenüber so viel Löcher, als Nadeln vorhanden sind, so daß es nur notwendig ist, in einer gewissen Reihenfolge diejenigen Löcher zu bedecken, die mit den genannten Nadeln korrespondieren. Zu diesem Zweck benutzt man Streifen von dünner, fester Pappe (Karten), die sich vor die Anschlagseite des Prismas legen, und in der sich nur an jenen Punkten Löcher befinden, wo beim Anschlag des Prismas die Nadeln nicht getroffen werden sollen. Um für alle neuen Fachbildungen, die entsprechenden, auf besondern Kartenschlagmaschinen erzeugten Karten der Reihe nach vorzurücken, vereinigt man sie zu einer Kartenkette 1, 2, 3_..... 0 etc., hängt diese über das Prisma N und läßt letzteres bei jeder Schwingung eine Wendung um 90° ausführen, weshalb dasselbe um die Längsachse drehbar in den Schwingen 1 hängt. Das Wenden selbst vermittelt einer der zwei Wendehaken oder Hunde c k oder c1 k1, in Verbindung mit der Laterne, womit man vier Stifte bezeichnet, die in den vier Ecken der quadratischen Grundfläche des Prismas sitzen, nacheinander gegen den Haken n des Hundes treten und, von diesem zurückgehalten, die Wendung vollziehen. Je nachdem der obere oder untere Wendehaken vermittelst einer beide verbindenden Schnur k k1 zum Angriff gebracht wird, dreht sich das Prisma verschieden herum und gestattet somit eine Rückwärtswiederholung der Schäftehebung zur Bildung sogen, gestürzter (aus zwei symmetrischen Hälften bestehender) Muster.
Infolge ihrer ausgedehnten Verwendung zum Weben kleingemusterter Stoffe auf Kraftstühlen hat die Schaftmaschine eine vielseitige Ausbildung erfahren, so daß man sie nunmehr in Anpassung an die Wirkungsweise der Webstühle einteilt in Geschlossenfach-, Offenfach- und Halboffenfach-Schaftmaschinen, je nachdem dieselben den Fachwechsel nach jedem Schuß vor oder nach dem Anschlagen der Lade oder in der Weise vollziehen, daß ein Teil des Faches, z.B. die Hälfte, geschlossen wird. Außerdem unterscheidet man Einhub- und Doppelhubschaftmaschinen, je nachdem die Bewegung der Schäfte von der Schaftmaschine mittels nur eines Hebemessers in das Hoch- öder Tieffach oder mittels zweier Messer und zweier Platinen in abwechselnder Bewegung, d.h. derart bewegt werden, daß das eine Messer bei ungeradzahligen, das andre bei geradzahligen Schüssen einwirkt, um einen raschen Gang des Webstuhls zu ermöglichen, indem bei dieser Anordnung der Schaftwechsel schon beginnt, bevor das Einschießen und Anschlagen vollendet ist. Zur Erklärung mag die in Fig. 11 skizzierte Doppelhubschaftmaschine dienen, die zahlreichen Ausführungen zugrunde liegt. Jeder Schaft S hängt an einem Hebel a b, der durch den Arm c an den Hebel d angeschlossen ist, der die zwei Platinen e, f mit den Nadeln g, h trägt. Zwei in Schlitzen geführte Messer i, k sind mit dem gleicharmigen Doppelhebel 1 m verbunden, der mittels des Armes n und Schubstange n o von der drehenden Kurbel y der Welle x in Schwingung versetzt wird und während eines Schusses die Messer einmal hin und her schiebt.
Die Nadeln g, h stützen sich auf die Fallhebel p, q, die durch ihr Gewicht die Nadeln und Platinen heben und außerhalb des Bereichs der Messer halten, wodurch der Schaft S im Tieffache bleibt. Werden jedoch die Hebel p, q durch Stifte t auf der Kartenkette s gehoben, so geraten die Platinen in den Bereich der Messer i oder k und bewirken die Hebung des Schaftes S, so daß die Hebung von der Anbringung der Stifte t auf s abhängt. Gelangt je ein Messer zur Wirkung, so erfolgt die Hebung des Schaftes S; treten beide Messer in Tätigkeit, so geht das eine Ende von d so weit vorwärts als das andre zurück; demnach bleibt der Mittelpunkt von d an seinem Platz und der Schaft S im Oberfach. Dadurch bleibt ein Offenfach so lange, bis ein Wechsel der Stiftenkette durch den Schalthaken u eintritt, der das Kartenprisma r nach jeder zweiten Tour wendet, wobei die Feder v die Stellung sichert.
Aus der Verbindung der Schaftmaschine mit dem sogen. Harnisch ist endlich die Jacquardmaschine (Fig. 12 u. 13) hervorgegangen. Der Harnisch besteht der Hauptsache nach aus einem Brett H (Harnischbrett, Chorbrett, Löcherbrett), das, über die ganze Kette K reichend, im Webstuhl festliegt und in mehreren (420) parallelen Reihen so viel Löcher enthält, als Kettenfäden vorhanden sind. Durch diese Löcher gehen die Fäden a (Heber, Arkaden) als Verlängerungen der Litzen 1, die in Maillons die Kettenfäden K aufnehmen und durch Gewichte b gespannt werden. Oberhalb des Harnischbretts H bindet man die Heber a an etwas stärkere Schnüre c (Korden) nach der Regel an, daß alle Heber, deren Litzen gemeinschaftlich gehoben werden, vereinigt an eine Korde kommen. Diese Korden endlich gehen durch das Platinenbrett P an die Platinen p, die der Raumersparnis halber in mehreren parallelen Reihen aufgestellt sind, weshalb natürlich auch die Nadeln in ebensoviel Reihen untereinander liegen und das Prisma i sowie die Karten (Jacquardkarten, Fig. 14) gleichfalls mit ebensoviel Löcherreihen und der Messerkasten M mit ebensoviel Messern versehen sein müssen. Daß der an den Gurten k, k hängende Messerkasten mittels des um die Welle w schwingenden Hebels s h und der Zugschnur S bewegt wird und die Bewegung in oben erklärter Weise durch r auf E und die Prismaschwingen g überträgt, sowie daß F das Federhaus, u und u1 die Wendehaken mit der Schnur z bezeichnen, bedarf nur der Andeutung.
Weil einerseits bei der Jacquardmaschine jeder Kettenfaden seine eigne Platine haben kann und anderseits die Zahl der Karten unbegrenzt und die Kartenkette leicht auszuwechseln ist, so ist mit dieser Maschine die Möglichkeit gegeben, jede noch so komplizierte Figur, also vollständige Bilder, Porträte, Wappen, Landschaften u. dgl., zu weben. Für die weitaus größte Zahl von in der Praxis vorkommenden Fällen genügen. 100, 200, 4001500 Platinen, wonach die Maschinen Hunderter, Zwei-, Vier-, Fünfzehnhunderter genannt werden.
Von den zur Erzeugung besonderer Gewebe dienenden Webstühlen sei hier vor allen der Gazestuhl zum Weben der Gaze erwähnt. Da bei diesem Gewebe (Fig. 15) zwei Nachbarkettenfäden sich zwischen den Schußfäden so kreuzen, daß ein Faden (in der Figur der weiße) stets oben (Stückfaden, Stückkette), der andre (in der Figur der schwarze) stets unten (Polfaden, Schlingfaden, Polkette) bleibt, so muß der Webstuhl so eingerichtet sein, daß sich bei jeder Fachbildung ein Polfaden um einen Stückfaden schlingen kann.
Zu dem Zweck sind beide Ketten auf besondere Bäume gewickeltund jede für sich in einen Schaft gezogen: die Polkette in den Polflügel p, die Stückkette in den Stückflügel s (Fig. 16, 17 und 18). Außerdem gehen die Polfäden noch durch einen halben Schaft a, dessen Litzen am Ende Glasringelchen tragen (Perlkopf) und an der linken Seite der Stückfäden abwärts und an der rechten aufwärts laufen, um hier die Polfäden aufzunehmen. Bildet man nun zunächst auf gewöhnlichem Wege mit p und s ein Fach (Fig. 17) und zieht dann den Perlkopf a in die Höhe, so muß sich jeder Polfaden p um einen Stückfaden herumbewegen, also das sogen. Kreuzfach (Fig. 18) machen. Indem abwechselnd durch das erste (offene) und durch das zweite (gekreuzte) Fach durchgeschossen wird, entsteht das Gewebe g.
Um dabei zu verhindern, daß bei der Bildung des Kreuzfaches die Stückfäden mit heraufgezogen werden, geht während dieser Arbeit ein Stab b (Padurstock) nieder, legt sich auf sämtliche Kettenfäden und hält dadurch auch die Stückfäden zurück. Beim Samt- und Plüschweben sind die zum Pol bestimmten Kettenfäden ebenfalls auf einen eignen Baum gewickelt und in einen besondern Schaft eingezogen, der aufwärts bewegt wird und dadurch ein besonderes Fach (Polfach) bildet, in das die Nadeln (Samtnadeln) eingelegt werden, die nach dem Herausziehen einen Schlauch zurücklassen, der aufgeschnitten die Samtdecke liefert.
Bei den mechanischen Webstühlen erfolgen sämtliche Bewegungen in richtiger Aufeinanderfolge und Größe durch mechanische Vorrichtungen, die ihren Antrieb von Transmissionswellen oder besondern Motoren (Elektromotoren etc.) erhalten. In Größe und Einrichtungen sowie einzelnen Teilen je nach ihrer Bestimmung sehr verschieden, sind sie dennoch auf die Anordnung eines Handwebstuhls zurückzuführen, dessen wesentliche Bestandteile sich beim Kraftstuhl wiederfinden. Eine Konstruktion des mechanischen Webstuhls, welche die allgemeine Einrichtung erklärt und auch besonders zum Weben mehrschäftigen Körpers bestimmt, führen Fig. 19 u. 20 in der Vorderansicht und im Vertikalschnitt vor Augen. Man erkennt sofort in K den Kettenbaum mit der Kette a, in J den Streichbaum, in c den Zeugstreichbaum und in I den Zeugbaum.
Letzterer hängt auf zwei mit Gewichten ausbalancierten Hebeln y und erhält seine gleichbleibende Drehung von dem mit Sand überzogenen Baum (Sandbaum) S, der seinerseits von dem Sperrad W mit Hilfe der Zahnräder 4, 5, 6 u. 7 die periodische Drehung durch den von den Schwingen S, S bewegten Sperrkegel empfängt. Die Schäfte B hängen an Hebeln o, p, die in den Aufsätzen u gelagert, vermittelst der Stangen n mit den Tritten t, t verbunden sind, die, zwischen Stäben i geführt, ihre Bewegung von Exzentern X und X´ erhalten, die auf der Welle Z sitzen. Durch Federn F, F bekommen die Schäfte Spannung und ihre Abwärtsbewegung. Zum Einschießen dienen die Peitschen h, h an vertikalen Achsen, die von schnell rotierenden Daumen der Welle Z an vorstehenden Daumen kräftige Schläge aufnehmen, sich dadurch plötzlich drehen und die Arme h in Schwingung setzen, welche die in den Schützenkasten q, q befindlichen Treiber einwärts schnellen. Die auf den Schwingen S ruhende Lade L wird direkt von der Hauptwelle A mittels zweier Krummzapfen und Schubstangen g angeschlagen. Die sämtlichen Bewegungen gehen von der im Gestell G G gelagerten Hauptwelle A mit Riemenscheibe f und Losscheibe 1 aus und werden durch die Zahnräder 1, 2 u. 3 auf die Welle Z und von hier aus durch 4, 5, 6 u. 7 auf den Sandbaum so verteilt, daß nach jedem Einschlag ein neues Fach gebildet und ein Stück von dem unter dem Breithalter b herlaufenden Gewebe aufgewickelt wird.
Naturgemäß werden mit den mechanischen Webstühlen vielfach die besondern Aufgaben dienenden Vorrichtungen: Jacquard, Wechselladen etc. verbunden. Ein Bild eines solchen komplizierten Webstuhls gewinnt man aus Fig. 21, die einen Möbelstoffwebstuhl (System Schönherr, Chemnitz) mit neunfachem Schützenwechsel, Jacquardmaschine, zwei Kettenbäumen sowie einem Vordergeschirr darstellt. Bei dem Webstuhl von Seaton (Fig. 22) werden große Fadenspulen k auf dem Webstuhlgestelle aufgestellt und deren frei ablaufender Faden f durch einen Trichter b und Führungsstücke c u. d mit Hilfe einer sogen. blinden Schütze s in das Kettenfach eingetragen.
Diese Schütze hat nur schlitzförmige Aussparungen, durch die der Schußfaden hindurchläuft, um an der Eintrittsseite e auf gewöhnliche Weise die Egge (Leiste) zu bilden und den Faden doppelt ins Fach zu legen: e a g h. Indem nun die Lade bei offenem Fach anschlägt, legt sie zugleich den Faden a g über die konische Messingröhre i, die lose in der Mulde m ruht und im Innern eine Spule mit Garn trägt. Dieses Garn tritt bei a aus der Spitze der Röhre i aus und dient zur Bildung der Egge an der Zeugseite a. Zu dem Zwecke wird durch einen auf und ab bewegten Finger n das Schußgarn g bei der Rückbewegung der Lade unter der Röhre i fortgezogen und von dem aus i austretenden Garn gefangen. Sodann fliegt die Schütze unter Zurücklassung des Garnstückes a e von links nach rechts, um den Vorgang zu wiederholen, der allerdings das Eintragen eines Doppelschußfadens zur Voraussetzung hat.
Bei dem Rundwebstuhl von Herold (Fig. 23 u. 24) läuft die vertikal aufgezogene Kette K von zwei unten auswärts gelagerten Kettenbäumen B, B über zwei Streichbäume a, a und Rollen r, r für die Endfäden nach zwei Ringen b, c, um längs dieser Ringe gleichmäßig im Kreise verteilt zu werden; b ist der Verteilungs-, c der Kranzring. Zwischen c und e erfolgt die Bildung des Faches, bei e das Anschlagen des Schußfadens, also die Überführung in das fertige Gewebe f, das einen weiten Schlauch bildet, der zusammengeklappt auf den Zeugbaum Z aufgewickelt wird. Zur Bildung des Faches dienen keine vertikal bewegbaren Schäfte, sondern die Kettenfäden werden in horizontal liegende Drahtlitzen h eingezogen, die gruppenweise zu Segmentstücken vereinigt sind, die je eine Geschirrstange i aufnehmen und ebenfalls im Kreise herum verteilt werden. Da sie die Schäfte ersetzen und wie diese die Gewebeart bestimmen, so sind mindestens zwei Reihen dieser Segmente erforderlich, am vorliegenden Webstuhl vier Reihen übereinander zum Weben eines vierschäftigen Köpers angebracht. Sie sind an kleinen, aus Rollen r und Plättchen zusammengesetzten Wägelchen befestigt, die in je einer der vier übereinander liegenden eigentümlich krummbahnigen Nuten k laufen, die an der Scheibe E sitzen, die sich in Drehbewegung befindet und daher die Geschirrstangen mit den Litzen gesetzmäßig radial verschieben und das Fach bilden. Über dieser Nutenreihe sitzen in einem Blattkranzringe die Riete zu einem festliegenden Ringblatt vereinigt, das die Laufbahn für die Schützen C, C abgibt und die Kettenfäden in Ordnung hält. Die eisernen Schützen C sind der Kreisbahn entsprechend gekrümmt und zum leichten Laufen mit zwei Rollen versehen. Die Bewegung der Schützen ist eine ununterbrochene und wird durch Elektromagnete M hervorgerufen, die paarweise eine Schütze anziehen, die gewissermaßen den Anker bildet, und sich wie die Scheibe E im Kreise drehen. Zur Schonung der zwischen Anker und Magneten befindlichen Fäden erhalten die Schützen auch seitwärts Rollen und die Magnete besondere Messingkappen. Zur Ausgleichung der Drehmasse sind vier Paar Magnete vorgesehen, die gleichzeitig vier Schützen mitführen und infolgedessen die Leistung des Webstuhls vervierfachen.
Zum Anschlagen der von den Schützen eingetragenen Fäden dient ein Anschlagemechanismus bei e. Derselbe besteht der Hauptsache nach aus etwa 0,6 mm starken Stahllamellen e, die mit Einschnitten auf einen konzentrisch verlaufenden Ring gehängt sind und mit ihren langen Armen zwischen den Kettenfäden liegen, mit ihren kurzen Armen in eine Kurvennute eintreten, die an einem drehenden Radkranz D sitzt und somit die Lamellen fortwährend in Schwingung bringt, die so bemessen ist, daß die Lamellen genügend zurücktreten, um den Schußfaden sicher durchgehen zu lassen. Über den Lamellen hängen bei u zwei Ringe zur Führung des Gewebes f auf den Trichter T, der sich oben dachförmig gestaltet, so daß der Gewebeschlauch sich zu einem breiten Bande zusammenlegt, das mit Hilfe des Sandbaumes F sich auf den Zeugbaum Z aufwickelt.
Der Antrieb sämtlicher bewegten Teile geht von der vertikalen Hauptwelle y aus, die vermittelst der Kegelzahnräder z und der Nebenwelle x von der Transmission aus durch Riemen und Reibungskuppelung R in Drehung versetzt wird. Neben dieser Kuppelung befindet sich jene Bremsscheibe J mit Differenzialbremsband, das zum Bremsen des Stuhles von dem Handhebel H angezogen und gelöst wird. Außerdem wirkt dieser Hebel auf die Kuppelung R derart ein, daß die Ein- und Ausrückung von R zugleich mit dem Lösen und Anziehen der Bremse erfolgt. Zum selbsttätigen Stillstellen des Stuhles bei Fadenbruch u. dgl. tritt infolge einer Stromunterbrechung ein in N eingeschlossener Elektromagnet in Wirkung, indem er den Hebel H freimacht, der dann von einer Feder zurückschnellt und die Kuppelung R löst. S ist ein Handrad. Mit der Hauptwelle y drehen sich gemeinschaftlich die Exzenterscheibe E für die Fachbildung, das Magnetenrad M für die Schützenbewegung und das Kurvenrad D für den Anschlag, so daß die zum Weben erforderlichen Arbeiten in ununterbrochener Folge stattfinden. Demnach muß auch die Stoffaufwickelung ohne Unterbrechung erfolgen. Zu dem Zwecke wird das durch den Warenring u geführte Gewebe von zwei Walzen F, P gefaßt und zusammengelegt, um O herumgeleitet und zwischen F und Z unter entsprechendem Andruck auf Z aufgewickelt. Zur Hervorbringung dieser Bewegung dient eine unten liegende Nebenwelle, welche die Drehung von der Hauptwelle y mittels eines Schneckengetriebes erhält und durch Kettenräder x und y sowie die Kette auf das Zahnrädergetriebe 1, 2, 3 u. 4, bez. die Walzen P u. O, F übertragen; das Kettenrad p dient zum Spannen der Kette.
Der zum Scheren der Kette dienende Scherrahmen (Fig. 25) besteht der Hauptsache nach aus einem etwa 1,5 m hohen Haspel a a, der vermittelst einer Schnur s von einer Handkurbel b in Umdrehung versetzt wird und die auf Spulen gewickelten Fäden von dem sogen. Spulenstock f aufwickelt. Damit sich die Fäden regelmäßig auf- und abwickeln, laufen sie bei e durch ein Kästchen (Führer, Gangführer, Katze), das durch die Schnur g regelmäßig an dem Ständer t auf und ab geführt wird, indem diese Schnur von der Welle w des Haspels je nach der Drehrichtung des letztern auf und ab gewunden wird.
Zur Bildung des sogen. Faden- und Gangkreuzes sitzen bei d die Fußnägel und bei c die Kreuznägel, um welche die Fäden derart verschlungen werden, daß die Kette oben nach einzelnen Fäden (Fadenkreuz) und unten nach Gängen (Gangkreuz) geteilt wird.
Die zum Schlichten dienenden Maschinen zerfallen in drei Teile: in den Schlichtapparat, Trockenapparat und Aufwickel- (Bäum-) Apparat, die einzeln sehr verschieden konstruiert sind und auch in der Art der Zusammenstellung große Mannigfaltigkeit darbieten.
Ein sehr gebräuchlicher Schlichtapparat (Fig. 26) besteht aus einem mit Dampfröhren versehenen Trog T, dem die Kette über eine Führungswalze r zugeführt wird, um zwischen den Walzen c, a um b herum durch die Schlichte, dann durch das Walzenpaar d, a zum Auspressen gebracht zu werden. Die Bürste s verreibt sodann die Schlichte zwischen den Fäden, die über e und f zum Trocknen auf große Dampftrommeln laufen. Die Bürste n bürstet aus s die überflüssige Schlichte wieder aus.
Zu den vollkommensten vereinigten Leim-, Trocken-, Bäummaschinen gehört die der sächsischen Webstuhlfabrik (Louis Schönherr) in Chemnitz. Die von der Schermaschine abgelieferte, auf den Baum A (Fig. 27) aufgewickelte Kette gelangt zunächst über die Zuführungswalze B zu dem Schlichtapparat C, dann durch die Walzenpresse E F und darauf über die Blechwalze 1, die Führungswalzen c und die Walze 2 in den Trockenkasten L, wo sie über die Walzen 214 der trocknenden Wirkung eines von zwei Windflügeln G und G1 erzeugten Luftstromes ausgesetzt wird. Über die Walze 14 hinweg läuft sie von 15 geführt um die Abzugswalze K und die drei polierten Schleifrohre V, V1 u. V2 auf den Kettenbaum Z, mit dem sie in den Webstuhl gelegt wird (Webbaum). Zur günstigen Wirkung trägt besonders bei, daß der Flügel G1 Luft gegen die Kette treibt, die an Heizkörpern in dem Raum J etwa 30 bis 40° vorgewärmt wird, während der Flügel G mit gewöhnlicher Zimmerluft arbeitet. Der Antrieb der ganzen Maschine erfolgt von der Welle der Riemenscheibe T und ist in der Zeichnung auf die einzelnen Teile ohne weiteres zu verfolgen.
Meyers-1905: Weben
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