Zur Führung der Reit- und Wagenpferde mit der Hand gehören: Der Halfter, ein von Lederriemen, Gurtband oder Schnur gefertigtes Gestell, das dem Kopfe des Pferdes angelegt wird, um dieses mittels des Halfterriemens,_-Stricks oder der Kette während der Ruhe zu befestigen oder bei Transporten zu führen.
Die Trense, ein einfaches, in der Mitte mit einem Gelenk, an den Seiten mit je einem Ringe zur Aufnahme der Zügel und des Kopfgestells versehenes Mundstück, das in ein einfaches Lederkopfgestell festgeschnallt wird. Bei der Knebeltrense befinden sich Eisenstäbe (Knebel) zu beiden Seiten des Gebisses, die das Durchziehen des Gebisses durch das Maul verhindern sollen. Die Trense wirkt direkt und damit aufrichtend auf den Unterkiefer des Pferdes, während die Kandare beizäumend wirkt.
Die Kandare (Fig. 1) besteht aus dem Hauptgestell (b Genickstück, c Kandarenbackenstück, d Trensenbackenstück, e Stirnriemen, f Kehlriemen, g Nasenriemen), dem Gebiß (l Kandare, i Kinnkette, a Unterlegetrense) und den Zügeln (h Kandaren-, k Trensenzügel). Das Gebiß oder die Stange besteht aus dem Mundstück mit der Zungenfreiheit und den Ballen, die auf den Kinnladen liegen, sowie den Stangen oder Scheren, in die oben (Oberbaum) die Backenstücke eingeschnallt sind und die Kinnkette eingehakt ist; in die untern Enden (Unterbaum oder Anzug) sind die Zügel eingeschnallt. Die Kandare wirkt hebelartig; durch das Anziehen der Zügel dreht sich das Gebiß um die Ballen, wobei diese auf die Laden einen Druck ausüben, sobald die Kinnkette in der Kinnkettengrube anliegt. Die Kandare wird sowohl Reit- als Wagenpferden angelegt, bei erstern zugleich mit der Unterlegetrense, bei letztern mit der Aufsatztrense, weshalb häufig zum Einschnallen des Kandaren- wie Trensengebisses ein gemeinschaftliches Hauptgestell dient. Von der richtigen Zäumung des Pferdes hängt, besonders bei nur mittelmäßigen Reitern, zum großen Teil das gute Benehmen und die Bequemlichkeit des Pferdes ab. In der Hand solcher Reiter ist die gebräuchliche Zäumung mit der Kinnkettenkandare kein geeignetes Reitmittel, da sie infolge ihrer Konstruktion sehr schmerzhaft auf das Maul des Pferdes wirkt, und dieses demnach ruiniert, bez. das Pferd aus Schmerz zum Durchgehen bringt. Die Form und Konstruktion der Kandare ist deshalb seit den Tagen des neuern Mittelalters vielfachen Umwandlungen unterzogen worden. Die neuesten Erfindungen sind die von Schoenbeck u. Spohr, die statt der Kinnkette einen Lederriemen eigner Konstruktion und Anbringung bei veränderter Form der Kandare eingeführt haben (Fig. 2, Schoenbeck-Kandare).
Wenngleich diese Zäumungsart sich auch durchaus bewährt hat (sie ist auch bei der preußischen Armee fakultativ eingeführt), so ist sie doch noch nicht allgemein geworden. Die Wahl der Kandare für jedes einzelne Pferd ist in bezug auf die Form und Empfindlichkeit seines Maules von höchster Wichtigkeit (weich- und hartmäulig), und im allgemeinen pflegt man weichmäulige Pferde leicht, hartmäulige schärfer zu zäumen. Mit Bezug darauf wirken kurze Stangen leicht, längere schärfer, und zwar im Verhältnis zur richtigen Länge des Oberbaumes (Fig. 3, b, a), des Teils über, und zu dem Unterbaum (a, c), des Teils unter dem Gebiß, welch letzteres hierbei maßgebend ist. Als einzig rationelles Mundstück für alle Kandaren ist nur das sogen. hohle V-Mundstück ohne Zungenfreiheit, der Form des innern Maules angepaßt, anzusehen. Die Kinnkette wird schon um deshalb stets falsch wirken, weil sie außer dem beabsichtigten Druck auf Zunge und Laden auch noch einen unbeabsichtigten, sehr schmerzhaft wirkenden auf die Kinnkettengrube hervorbringt. Die Kandare stellt einen einarmigen Hebel dar, der beizäumend wirkt, und der mit nur einer Hand geführt werden kann. Die Länge der Kinnkette ist für die richtige Zäumung maßgebend. Ist dieselbe zu kurz eingelegt, so daß die Stangen parallel zur Maulspalte stehen, so strotzt die Kandare (Fig. 4), der Hebeldruck wird ein zu unvermittelter, daher zu scharf. Ist sie zu lang eingelegt, so fällt die Kandare durch (Fig. 6), der Hebel bleibt fast ohne Wirkung und wirkt nur noch bremsend. Richtig liegt die Kandare im Maul, wenn Zügel und Stangen miteinander einen rechten Winkel (Zügelwinkel, Fig. 5, b) bilden. Viele Pferde lassen sich deshalb, ihrer Form des Maules und der Stellung des Halses entsprechend, nur schwer richtig zäumen. Die Höhe des Oberbaumes der Kandare muß gleich der Höhe der Laden (meist ca. 5 cm) sein; ist der Oberbaum kürzer, so fällt die Kandare durch, ist er länger, so steigt die Kinnkette über die Grube hinaus, oder die Kandare strotzt. Die Form der Stangen ist sehr verschieden, meist aber gerade oder S-förmig, und auf die Wirkung an und für sich ohne Einfluß. Man wählt die S-Form, wenn das Pferd dazu neigt, bei den geraden Stangen dieselben mit den Zähnen oder Lippen festzuhalten, zu fangen, was durch die genannte Form verhindert wird. Bei geraden Stangen bedient man sich des sogen. Schaumriemens, der, an den Stangen befestigt, durch einen Ring der Kinnkette läuft.
Ein Mittelding zwischen Kandare und Trense ist der Pelham, eine Kandarenzäumung mit gebrochenem Gebiß ohne Unterlegetrense, die ihrer unkorrekten Wirkung wegen nicht zu empfehlen ist.
Alle Zügel und Zäume außer denen von Trense und Kandare heißen Hilfszügel und finden meist bei schwierigen Pferden, wenn auch nicht immer mit Glück, Verwendung. Der Kappzaum ist eine Art Nasenband, das durch ein Kopfstück in seiner Lage auf dem Nasenbein oberhalb der Nüstern erhalten wird, und das auf seiner äußern Fläche Ringe zum Einschnallen der Zügel trägt. Der Kappzaum diente früher zur Dressur der Pferde, kommt jetzt aber leider nur noch selten zur Anwendung. Der feste Sprungzügel wird mit einem Ende unter dem Bauch in den Sattelgurt oder mit zwei Enden an der rechten und linken Seite des Sattels, mit dem andern am Unterkiefer in den Nasenriemen eingeschnallt. Der laufende Sprungzügel oder Schlaufzügel ist nicht am Nasenriemen befestigt, sondern läuft durch denselben, bez. durch die Trensenringe in die Hand des Reiters. Ebenso wird der Martingal mit seinem einfachen Ende in den Bauchgurt geschnallt; das andre Ende ist gespalten und trägt an den Enden zwei Ringe, durch welche die Trensenzügel genommen werden, deren Wirkung so wagerecht nach hinten oder etwas nach unten gerichtet ist. Beim Zäumen des Pferdes ist zu beachten, daß Hauptgestell und Kandare richtig liegen, d.h. daß der Kehl- und Nasenriemen nicht zu fest angezogen sind, und daß das Mundstück zu beiden Seiten des Maules nur um 1 cm hervorsteht. Auch soll das Trensengebiß der Maulbreite entsprechen.
Der Zaum des Wagenpferdes führt außerdem gewöhnlich, aber nicht immer zweckentsprechend, Scheuleder (Klappen) und Aufsatzzügel. Erstere, in Augenhöhe, sollen das Scheuen verhüten, indem sie den gefürchteten Gegenstand baldigst dem Gesicht entziehen. Sie entsprechen ihrem Zweck nur sehr bedingt, schaden aber den Augen des Pferdes, das sie bei den divergierenden Augenachsen zum Schielen zwingen, bedeutend, auch führen sie den Staub den Augen direkt zu und liegen meist so eng an, daß der Augenbogen gedrückt wird. Richtig sitzende Scheuklappen müssen mit ihrer Mitte sich auf der Höhe des Auges befinden und weit von ihm abstehen._ Der Aufsatzzügel, der am Genickstück des Zaumes angebracht ist, von dort durch eine stählerne Öse an der Trense, demnächst wieder zurück durch eine ebenfalls am Genickstück angebrachte metallene Schlaufe läuft und am Aufsatzhaken des Kammdeckels endet, somit also einen vollständigen Flaschenzug darstellt, soll den Kopf und Hals des Pferdes künstlich aufrichten. Er kommt hauptsächlich bei Luxusgespannen zur Verwendung. Als notwendig wird er sich unter Umständen beim Luxuszug-Zweispänner erweisen, um zwei Pferde mit verschiedener Kopfhaltung in Übereinstimmung zu setzen, und beim Coach-Viererzug, um dem Fahrer die Führung zu erleichtern. Bei allen andern Anspannungen wirkt er nur schädlich und ist ganz besonders für lange Touren und im Arbeitsdienst gänzlich zu verwerfen (s. Art. Durchgehen).
Die geschichtlichen Notizen über die Zäumung fließen ziemlich spärlich. Nach Xenophon existierten bei den Griechen zweierlei Arten von Gebissen, von denen das eine sehr scharf (Zuchtgebiß) mit einer Art von Korallen oder spitzen Stacheln daran (Wolfsgebiß), das andre weniger schmerzhaft war. Bei den Römern finden wir einen unsrer jetzigen Trense ähnlichen Zaum, der (nach Scheffer) jedoch mit einer Art von Kinnkette versehen gewesen sein soll. Wer das Stangengebiß, die Kandare oder Kanthare, erfunden hat, ist nicht bekannt geworden, ebensowenig läßt sich ergründen, woher das Wort stammt, da es in den romanischen Sprachen ganz fehlt. In der fränkischen Periode trug das schon mit Kettenpanzer gepanzerte Roß nur die Trense, während wir im Mittelalter, etwa zu Ende des 14. Jahrh., statt des bisherigen einen Zügels zwei Zügeln mit einer Kandarenvorrichtung begegnen, die sich bald zu den verschiedensten, uns außerordentlich scharf erscheinenden Gebissen ausgestaltete_ allerdings für die Ritterspiele und Turniere von gewisser Notwendigkeit. Vielfach kommt die Kandare auch mit einem eisernen Maulkorb verbunden vor. Die Zäume, meist mit sehr breiten Zügeln, waren reich mit Goldzieraten und edlen Steinen geschmückt, oft auch mit Schellen besetzt, die wir schon zu Ende des 13. Jahrh. finden. Die Gebisse der alten Kandaren besaßen eine sehr hohe Zungenfreiheit und waren oft mit allerhand Bügeln, Ringen, Walzen, Stacheln u. dgl. besetzt, aber stets gebrochen. Erst in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrh. kam das feste und viel rationeller wirkende Mundstück in Aufnahme. Im 16. Jahrh. variierte die »Bißkunst« ins Unendliche, wie uns viele »Bißbücher« zeigen. Da gab es außer der oft künstlerischen Gestaltung der Kandaren mit den unendlich langen Hebeln solche für große, tiefe, seichte, junge, alte, kleine, harte und weiche Mäuler, besonders aber solche, die über sich, unter sich und herbei zäumen. In dieser Zeit trat die Trense gänzlich in den Hintergrund, so daß selbst die Dressur der Pferde meist nur mit der Kandare unter Zuhilfenahme des Kappzaums stattfand. Diese Mode mit ihren Tendenzen erhielt sich bis zu Anfang des 18. Jahrh., worauf allmählich mit dem Ende des 18. und dem Anfang des 19. Jahrh. die extravaganten, teils den schweren Pferden angepaßten Formen mit der Zucht leichterer Schläge und der andersartigen Benutzung derselben verschwanden, um eine einfachere, besonders aber mildere Gestaltung anzunehmen, wie sie seit etwa 50 Jahren und bis heute noch im Gebrauch ist. Für Rennzwecke findet ausschließlich die Trense Verwendung.
Lueger-1904: Zaum, Pronyscher · Pronyscher Zaum
Meyers-1905: Zaum · Pronyscher Zaum
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