Zaum

[534] Zaum, 1) der Theil des Pferdegeschirres, welcher an dem Kopfe der Reit- u. Saumpferde befestigt ist u. dazu dient, dieselben zu lenken u. zu bändigen. A) Die gewöhnlichen Reitzäume (deutsche Z-e) sind entweder Stangenzäume, in welche die Stange, od. Trensenzäume (auch Trense genannt), in welche die Trense geschnallt wird. a) Erster besteht aus dem Sattel (Kopfriemen), einem breiten Riemen, welcher über dem Genick hinter den Ohren liegt, auch wohl bei Z-en für Cavallerie, bes. Offizierpferden, mit einer Hauptkette, um das Durchhauen zu vermeiden, besetzt ist. An den Sattel werden die Backenstücken festgeschnallt; diese sind zwei starke Riemen, von denen einer an jeder Seite des Kopfs herab u. bis zur Stange od. Trense herabreicht, wo er wieder in die Augen des Obergestells der Stange od. in die Ringe der Trense eingeschnallt wird. Sind die Backenstücke gleich an dem Sattel angenäht, so ist derselbe in zwei Hälften getheilt u. wird auf dem Genick zusammengeschnallt. An dem Stangenzaum ist vorn u. oben der meist bunte Stirnriemen angenäht, welcher quer über die Stirn des Kopfes reicht. Unten um die Kehle des Pferdes geht noch der Kehlriemen, welcher schmal, an seinem Ende auf der linken Seite eine Hand breit unter dem Ohre mit Schnalle u. Riemen befestigt wird; er verhindert das Abstreifen des Z-s etc. Der Nasenriemen, ein etwas breiterer Riemen, geht durch eine Strippe des einen Backenstücks über die Nase weg, auf der andern wieder durch das Backenstück u. wird unter der unteren Kinnlade des Pferdes od. vielmehr unter dem Maul desselben festgeschnallt. b) Von dem Stangenzaume häufig (ehemals immer) getrennt, noch häufiger aber mittelst des Nasenriemens od. dadurch, daß der Sattel auf[534] jeder Seite in zwei Strippen ausgeht, mit deren einer das Backenstück der Stangen, mit der andern das des Trensenzaumes festgeschnallt wird, verbunden, ist der Trensenzaum, welcher ebenfalls aus dem Hauptgestell u. den beiden Backenstücken, die in dieses u. die beiden Ringe der Trense geschnallt werden, besteht. Sämmtliches bis jetzt beschriebenes Riemenzeug heißt zusammen das Kopf-(Haupt-) gestell. c) Z-e, wo das Gebiß blos mit der Kinnkette u. mit kettenlosen Stangen, ohne Nasenriemen, an das Hauptgestell befestigt ist, heißen Halbzäume; man bedient sich deren beim Putzen, Tränken u. Schwemmen der Pferde. Der englische Halbzaum dient vermittelst einer besonderen Structur als Trense u. als Z. zugleich. d) Der Mieth'sche Dressirzaum besteht in einem Sattelstück, aus welchem sich eine Metallstange mit Stellung u. oben mit zwei beweglichen Seitenschenkeln erhebt. An diese sind die Dressirleinen befestigt, welche nach Erfordern kürzer od. länger in das Trensengebiß eingeknüpft werden. Der Zweck dieser Maschine ist junge Pferde ohne Zwang an das Mundstück zu gewöhnen u. Hals u. Ganaschen los zu machen, ihnen eine aufgerichtete Stellung u. Schulterfreiheit zu geben, ohne dem Hintertheil zu schaden, od. das Gleichgewicht zu stören. Ein neuer französischer Z. hat zur Verhütung der Verletzung der Zunge weder Gebiß noch Kinnkette u. bringt das Pferd doch vollständig in die Gewalt des Lenkers. Eine eigene Art Z, bes. bei jungen, rohen Pferden, welche man dressirt, um die Laden derselben zu schonen, ist e) der Kappzaum, welcher in Gestalt einer Kappe über die Nase des Pferdes weggeht, am Gestell befestigt u. mit dem Kinnband verbunden wird. Die ledernen Kappzäume bestehen aus einem breiten, dem Pferde über die Nase gehenden, gefütterten Stück Leder, an dessen beiden Enden Öhre angenäht sind, in welchen die Longen befestigt werden, mit denen das Pferd zwischen den Pfeilern festgehalten wird; der eiserne Kappzaum dagegen ist ein nach der Gestalt der Nase krumm gebogenes Eisen, das platt, gewunden, hohl, od. auch nach Umständen gezahnt ist Der Kappzaum liegt einen Querfinger höher als das Gebiß, doch am Arme der Stange, damit er die Wirkung dieses nicht hindere. Unter dem Kappzaume liegt noch der Z. mit Gebiß, jedoch muß jener stets einen Querfinger höher als das Loch am Arme der Stange liegen, damit er die Wirkung des Gebisses u. der Kinnkette nicht hindere. B) Der Z. für Wagenpferde gleicht ganz dem Z. für Reitpferde, nur daß keine Trense an demselben befindlich u. die Zügel länger sind, auch zuweilen Blendleder (s. d) vor den Augen des Pferdes angebracht sind. Bei Kühen, Ochsen u. Eseln ist der Z. ohne Gebiß, fast ganz wie eine Halfter (s.d.) eingerichtet. Als Erfinder des Z-s (griech. Chalinos, lat. Frenum) wird im Alterthum bald Poseidon, der Schöpfer des Pferdes, bald die pferdebändigenden Lapithen in Thessalien, bald Pelethronios genannt. Der Theil, welcher um die Ohren ging, hieß Aurea, das Gebiß aber Orea; dieses war gewöhnlich von Eisen u. für Pferde, welche hartmäulig waren, einem Wolfszahn ähnlich (Frena lupata), doch auch zum Staat u. bei hohen Personen von Gold. Die Numidier u. andere Reitervölker des Alterthums ritten ganz ohne Z. 2) (Tuchsch.), so v.w. Zügel, s.u. Schere II. G).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 534-535.
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