Das alte Männlein.

[183] Ein junger Bursche gieng im Advent einmal früh morgens an die Rorate; da begegnete ihm auf dem Wege ein altes Männlein, das bat ihn, er möge es doch nach Hause geleiten, es sei alt und schwach und könne kaum gehen. Der Bursche hatte Mitleid mit dem Alten und gieng mit ihm. Als sie eine Strecke gegangen waren, führte ihn der Alte in einen unterirdischen Gang und befahl ihm, sich nicht umzusehen. Sie kamen in ein weites Gewölbe; dort sperrte der Alte mehrere Kisten auf, aus denen strahlte dem Burschen pures Gold und Silber entgegen. Der Alte bedeutete dem Burschen, sich so viel davon zu nehmen, als es ihm beliebe. Der Bursche that so, wandte sich aber dabei um. Da entstand plötzlich ein furchtbares Gekrache, der Alte verschwand und das ganze Gewölbe brach hinter ihm zusammen und ringsum ward es stockfinster. Durch eine kleine Ritze in dem zerbrochenen Gemäuer aber drang das[183] Tageslicht. Zu gleicher Zeit bemerkte der Jüngling eine Kiste mit Geld vor seinen Füßen. Die ergriff er und arbeitete sich mühsam aus dem unheimlichen Orte hervor. Verwundert fand er sich am Hausberge. Er öffnete die Kiste und fand sie voller Goldstücke und war so ein reicher Mann. (O. Mühlstein aus Graslitz.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 183-184.
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