[19] Das Teufelsweib.

[19] Es war einmal ein böses Weib mit Namen Angelika, das besaß einen Ring, welcher an Kraft der Zauberei seinesgleichen auf der ganzen Welt nicht hatte. Diesen Ring hatten sieben Erzteufel geschmiedet, und so besaß er mit gutem Grunde sieben Kräfte. Der erste Teufel war Farfaricchio, ein anderer Mahomed, noch ein anderer Malacarni: das sind drei. Dann Scranfugnino: und es sind vier. Darauf Ciritto, Codatarta und der letzte Beelzebub: so sind es alle sieben. Beelzebub aber war der Teufel Oberster und redete seine Genossen also an: »Hört da, ich habe einen großen Gedanken. In Vergleich mit frühern Zeiten, trotzdem man damals immer das Jubiläum predigte, kommt jetzt gar niemand mehr in die Hölle, mag das nun in dem vielen Predigen, im Misgeschick oder unserer eigenen Unfertigkeit seinen Grund haben. Die Hölle leert sich, wir müssen wirklich etwas thun, denn geschieht nichts, so können wir bald ganz einfach unsere Bude schließen. Aber was? Laßt uns eine neue kräftigere Zauberformel ersinnen, viele Seelen damit zu fischen. Zuerst müssen die Dummen dran, die verstehen sich von selbst, sodann die Weisen wegen gar zu großer Weisheit und dann alle die, welche uns zufällig über den Weg laufen.«[20]

Die Teufel fielen ihrem Obersten bei und schmiedeten gemeinsam den Ring mit sieben Kräften. Den haben sie dann der ältesten durchtriebensten Hexe gegeben, die am besten gar nicht auf die Welt gekommen wäre, und haben ihn ihr selbst an den Finger gesteckt. Die sieben Kräfte des Ringes aber waren: zuerst läßt er den schön und lieblich erscheinen, der ihn trägt, sodann auch jung, drittens gibt er seinen Augen die Macht, die Leute wie mit einem Magnet anzuziehen, sobald er sie anschaut, zum vierten, daß er so schön spricht wie Flötenton, fünftens vermag, wer ihn trägt, durch einen heimlichen Kuß den Leuten ein rothes Mal auf der Stirn zurückzulassen, zum sechsten saugt er ihm das Blut aus den Adern und zum siebenten können sich die, welche sich mit ihm verbinden, nicht wieder losmachen, bis sie von ihm aufgehängt werden.

Diesen Ring gaben also die sieben Teufel der Hexe Angelika und dazu die Macht, so schnell zu fliegen wie der Blitz, überall, wo sie wolle, hinzukommen und in einem Augenblicke das Erdenrund zu umschweifen. So ausgerüstet fing Angelika an Seelen zu fangen, und sie fing deren und schickte sie in die Hölle, daß diese alsbald gefüllt ward. Wer kann ihre Zahl nennen, nur die Alten können sie an den Fingern herzählen. Doch hütet euch, die Geschichte vom Ringe der Angelika ist kein Märchen, Angelika lebt noch heute und ihr Ring hat seine Kraft nicht verloren. Ueberall ist sie und schickt die armen Seelen zur Hölle, darum sind auch die Teufel ihre Freunde.


Und wer die Mär erzählt, der möge schauen,

Daß er nicht ende in des Teufels Klauen.

Quelle:
Kaden, Waldemar: Unter den Olivenbäumen. Süditalienische Volksmärchen. Leipzig: Brockhaus 1880, S. 19-21.
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