251. Mahr vertrieben.

[344] Mündlich von C. van Swygenhoven.


Zwei junge Männer in der Gegend von Vilvorde liebten ein Mädchen. Der eine von ihnen, der schönste von beiden, hatte aber ein Leid, wogegen er schon Hülfsmittel aller Art angewandt, welches jedoch all diesen Mitteln getrotzt hatte – er litt jede Nacht von der Mahr. Eines Tages klagte er auch seinem Nebenbuhler, wie sehr es ihn quäle, wenn er kaum im Bette liege, und wie kein Mittel in der Welt ihn davon befreien konnte. Darob lachte der andere und sprach: »Ei, es ist nichts leichter, als das; ich will dir einen Rath geben, und wenn du den befolgst, dann kommt die Mahr nicht mehr zu dir. Halte ein scharfes und wohlgespitztes Messer mit der Spitze gegen deine Brust, wenn du dich zu Bette legst, und schlafe nicht ein, dann wird die Mahr zum letzten Male dich besucht haben.«

Der arme Bursche, froh, so leichten Spieles das Gespenst los zu werden, vergaß in seiner Seligkeit die Hälfte des Rathes und hielt das Messer mit dem Hefte gegen die Brust, also daß die Spitze aufrecht stand; und das war ein großes Glück für ihn, denn als die Mahr in der Nacht kam, verwundete sie sich an der Messerspitze[344] und kehrte nicht wieder. Andernfalls hätte sie ihm das Messer in die Brust gedrückt.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 344-345.
Lizenz:
Kategorien: