[653] 562. Das nächtliche Fest.

Mündlich.


Ein ziemlich begüterter Bauer in der Gegend von Leyden war nach einem heißen Sommertage um Mitternacht aufgestanden und mit seinen Pferden auf den Acker gegangen, um Frucht aufzuladen und zur Scheune zu bringen. Im Felde angekommen, sah er plötzlich viele[653] hundert Lämpchen in der Ferne, und er ging neugierig darauf zu, um zu sehen, was das sein möge. Je näher er kam, desto mehr unterschied er menschliche Gestalten, und als er endlich ganz bei ihnen war, da fand er eine zahlreiche Menge um glänzende Tafeln gereiht und einige Schritte weiter mehre Tausende von Männern und Frauen, die begleitet von fackeltragenden Dienern tanzten. Bald erkannte er seinen Nachbar aus dem Kreise heraus, und trat zu dem hin und bot ihm die Hand und sprach über manches mit ihm. Auch des Nachbars Tochter und Frau waren zugegen, und die grüßten den Bauern gar freundlich und er grüßte sie wieder. Während sie aber noch am Sprechen waren, geschah plötzlich ein Zeichen – was es war, das hatte der Bauer nicht sehen können – und im selben Augenblicke war alles verschwunden.

Zu hundert Malen hat der Mann diese Geschichte erzählt; aber er war so klug gewesen, nicht eher etwas davon zu sagen, als bis der Nachbar mit seiner Frau gestorben und dessen Tochter in die Stadt verheirathet war.

Quelle:
Wolf, Johann Wilhelm: Niederländische Sagen. Leipzig: Brockhaus, 1843, S. 653-654.
Lizenz:
Kategorien: