1084. Wasser usem Wy trepflä.

[44] Ein Weinreisender, der viel in einem Wirtshaus zu Gurtnellen verkehrte, kam eines Tages von der Göschener Alp her. Zwischen Abfrutt und Göschenen begegnete ihm die Wirtin jenes Wirtshauses. Er wünschte ihr freundlich »Guten[44] Tag!«, aber sie nahm ihm den Wunsch nicht ab. (Geister nähmet dz Zyt nid ab, nur den Lobspruch.) Da fragte er, wohin sie wolle, und jetzt sagte sie: »Ga Wasser usem Wy trepflä!« Er dachte: »Aha, das ist auf dich gemünzt!« und ging weiter. Noch einmal schaute er nach ihr zurück. Sie war's ganz sicher, ihre Kleider, ihr Wandel, alles verriet sie. Am folgenden Tage kam er nach Gurtnellen und kehrte auch in jenem Wirtshause ein. Er traf das Töchterlein, das weinte und auf seine Fragen zur Auskunft gab, die Mutter sei gestern zu der und der Stunde gestorben. Auch in der Nachbarschaft sagte man das nämliche. Die Stunde ihres Todes war genau die Zeit, da ihm die Wirtin zwischen Abfrutt und Göschenen begegnet war (19. Jahrhundert).


Peter Walker.

Quelle:
Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, S. 44-45.
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