2.

[193] In Libēnic in der Schäferei hielt sich Rarasch gleichfalls auf, dort aber hießen sie ihn Schotek. Er sah wie ein kleiner Knabe aus, nur hatte er an Händen und Füßen Klauen, und die Leute erzählten sich viele lustige Streiche von ihm. Gern hetzte er die Hunde, Katzen, Truthühner. Den Knechten und Mägden that er nichts Gutes, und wenn sie etwas Geheimes zusammen hatten, verrieth er's gleich; d'rum war auch das Gesinde übel auf ihn zu sprechen. Aber der Schafmeister ließ nichts auf ihn kommen; denn die ganze Zeit[193] hindurch, wo Schotek da war, erkrankte kein einziges Schaf. Im Winter des Abends saß Schotek gewöhnlich hinter dem Ofen und wärmte sich, und wenn die Magd Spreu brühen kam, sprang er immer vom Ofen in den Bottich und rief: »Hops in die Spreu!«

Einst jedoch richtete er sich übel zu. Die Magd brachte wie gewöhnlich den Spreubottich, hatte aber früher kochendes Wasser hineingegossen und nur oben Spreu darauf gethan. »Hops in die Spreu!« rief Schotek, war aber in demselben Augenblicke schon wieder aus dem Bottich, und schrie und heulte vor Schmerz. Das Gesinde lachte, daß Alles zitterte. Allein Schotek rächte sich dafür an der Magd. Als sie einst die Leiter hinan auf den Boden stieg, verwickelte er sie so in die Sprossen, daß man ihr zu Hilfe kommen mußte und Mühe hatte, sie wieder loszumachen.

Im Sommer schliefen die Leute des Schafmeisters auf dem Boden. Einst des Nachts kam Schotek auch dahin, kroch zur Hälfte auf die Leiter, und hetzte die Hunde, die unten im Hofe lagen. Er streckte ihnen einen Fuß nach dem andern entgegen und rief beständig: »Hier ein Fuß, da ein Fuß, bei welchem fangt Ihr mich früher?« Die Hunde bellten wie besessen. Die Knechte verdroß es bereits, daß er ihnen keine Ruhe lasse, und Einer stand auf, nahm ein Bündel Heu, und schleuderte den lieben Schotek mit dem Bündel von der Leiter hinab. Die Hunde fuhren alsbald auf ihn los, und begrüßten ihn schlecht; kaum entkam er ihren Zähnen. Der Knecht wußte, daß Rache seiner harre, und darum nahm er sich vor Schotek in Acht, und wich ihm schon von Weitem aus; allein es half ihm nichts. Einst weidete er auf den Gemeindegründen bei der Wiese, und setzte sich auf der Wiese neben einem Heuschober hin. Plötzlich entsteht ein Geräusch über seinem Kopfe, und eh' er sich's versieht, ist er mit Heu überschüttet, das ihm zwischen den Haaren kleben bleibt. Der Knecht erhebt ein Geschrei, die Mäher laufen herzu; doch welche Mühe sie auch anwenden, sie können das Heu nicht aus seinen Haaren schaffen, so fest ist es mit den Haaren verschlungen. Der arme Knecht mußte sich den Kopf kahl scheeren lassen. Und als er dann wieder die Heerde auf die Weide trieb, und auf den Gemeindegründen unter einen wilden Birnbaum kam, saß Schotek oben, und [194] schabte ihm Rübchen, indem er ihm zurief: »Kahlkopf! Kahlkopf! Kahlkopf! He, he, he!«

Quelle:
Wenzig, Joseph: Westslawischer Märchenschatz. Leipzig: Lorck 1857, S. 193-195.
Lizenz:
Kategorien: