Grüne Sammetschnecke (Elysia viridis)

[319] Mit Elysia treten wir nun in den Kreis derjenigen Gattungen, bei welchen die Kiemen als besondere Anhangsorgane mehr und mehr zu schwinden anfangen. Man begreift unter Elysia diejenigen Arten, deren Kopf nicht deutlich vom Rumpfe geschieden ist, und an deren Körperseiten zwei Hautlappen entspringen, welche sich hinten vereinigen und als Athmungswerkzeuge dienen. Man schließt dies daraus, daß ein oder einige stärkere Blutgefäße sich vom Rücken her hinein begeben und darin sich in feinere, für das Respirationsgeschäft geeignete Aederchen auflösen. Die zwei auf dem Kopfe stehenden Fühler sind der Länge nach zusammengerollt und daher oben und an der Seite geöffnet. Vom Mittelmeere bis zum Nordseegebiete findet sich die wundervoll geschmückte grüne Sammetschnecke, Elysia viridis. Wir sehen aus der, auch unserem Prachtwerke entnommenen Abbildung, daß die charakteristischen Hautlappen mitten über dem Fuße verschmolzen sind. Werden sie in gewöhnlicher Haltung aufrecht getragen, so steigt ihr freier Rand eine kurze Strecke schräg an und fällt dann weniger geneigt bis zum Hinterende ab. Der Saum der Hautlappen ist abgerundet und ungefähr halb so dick, wie die Fühler. Die Hauptfarbe des Kopfes, der Fühler, des Vorderrückens und der äußeren Flächen der Hautlappen ist ein sammetweiches Schwarz, das bald in Grün, bald in Braun überspielt; die Hauptfarbe des Fußes ist olivengrün. Dazu kommen aber schneeweiße Flecke und überall in der Haut vertheilte metallisch glänzende, grünblaue und rothweiße Pünktchen. Die letzteren Farbeneffekte werden, wie erst eine hundertfältige Vergrößerung zeigt, durch zartwandige Zellen hervorgebracht, aus deren Innerem das feurigste Smaragdgrün und das schönste Sapphirblau hervorstrahlt. Noch zwei andere Arten von kleinen Zellen geben einen silberigen oder lebhaft kupferigen Glanz.

[319] Bei seinen Bewegungen nimmt dieses schöne Thierchen sehr verschiedene Formen an. Am Boden hinkriechend streckt es sich gewöhnlich gerade aus und gleitet verhältnismäßig schnell vorwärts. Kriecht die Schnecke an der senkrechten Wand des Aquariums, so braucht sie oft auch die Hautlappen mit einem Theile der Sohle gleichzeitig, um sich festzuhalten; ja sie windet manchmal den Körper schraubenförmig, während sie kriecht, so daß entgegengesetzte Körperseiten zugleich die Bahn berühren. Sie sondert sehr viel Schleim ab, der sich, wenn man die Haut mit einem Stäbchen oder Pinsel berührt, in langen Fäden über das Wasser herausziehen läßt. An solchen Schleimfäden hängen zuweilen diese Schnecken mitten im Wasser frei.

Obschon wir sehr wohl wissen, daß Farbenbeschreibungen ohne das entsprechende farbige Bild keinen rechten Sinn haben, können wir uns doch nicht versagen, um die Lust nach diesen köstlichen, leicht zu fangenden und in der Gefangenschaft zu beobachtenden Thierchen noch mehr zu wecken, den Breslauer Zoologen Grube auch noch sprechen zu lassen.


Grüne Sammetschnecke (Elysia viridis). Vergrößert.
Grüne Sammetschnecke (Elysia viridis). Vergrößert.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 319-320.
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