Katscher, Frau Berta

[411] *Katscher, Frau Berta, Ps. Ludwig Ungar, Albert Kellner, Ludwig Koelle und Ludmilla Koelle, Budapest I, Retekgasse 48, ist am 12. Juni 1860 in Trencsin, Oberungarn, geboren. Schon als Kind vermochte nichts ihren Geist so anzuregen wie Märchen.[411] Am liebsten erfand sie sich selbst welche und gab sie ihren Mitschülern zum Besten. Das, was man ein Kinderparadies nennt, hat sie nie genossen, denn noch nicht zwei Jahre alt, starb ihre Mutter und sie wurde von ihrer ältesten Schwester sehr streng erzogen, so streng, dass sie die Tante bis zu ihrem Tode mehr fürchtete als liebte. B. K. lernte auch sonst sehr früh den Ernst des Lebens kennen. Mit 13 Jahren musste sie ihren Pflegeeltern nach der Herzegowina folgen, wo ihre lebhafte Phantasie reichliche Nahrung fand. Bis zu ihrer 1881 erfolgten Verheiratung mit ihrem Vetter, dem Schriftsteller Leopold Katscher, spielte sie die Rolle der »fleissigen Martha« und hat viel mehr den Kochlöffel als die Feder gehandhabt. Erst als ihr Gatte den Wunsch ausdrückte, eine schriftstellernde Frau zu haben, wagte sie einen Versuch, den sie auch in einer ihrer später erschienenen Novellen »Der Blaustrumpf« schilderte. Ihre zwei ersten Arbeiten erschienen in der »Frankfurter Zeitung« und der Wiener Zeitschrift »Die Heimat«. Durch jahrelangen Aufenthalt in London und durch Reisen angeregt, hat sie sich auch vielfach mit ethnographischen Skizzen befasst und für »Fels zu Meer«, »Wiener Mode«, »Münchener Allgemeine«, »Kölnische Zeitung«, »Leipziger Illustrierte«, »Leipziger Zeitung«, »Bazar«, »Didaskalia«, »Prochaskas Monatsbände« und andere Blätter zahlreiche Beiträge geliefert. In den letzten Jahren haben ihre belletristischen »Nippes« einen ernsteren Charakter angenommen, da sie mit Vorliebe Tendenzgeschichten schreibt für Tierschutz, gegen Justizirrtümer, Spiel- und Trunksucht, für Gewinnbeteiligung und für die Friedensidee. An der Berta von Suttnerschen Zeitschrift »Die Waffen nieder« ist sie eine fleissige Mitarbeiterin; auch sonst tritt sie in Wort und Schrift für die Idee ein. In Form von Märchen und Erzählungen sucht sie unsere Jugend für die Friedensidee zu interessieren. Für den Weihnachtstisch 1897 erschien von ihr in Stuttgart in 4000 Exemplaren »Soldatenkinder«, ein Friedensroman für die reifere Jugend. Unter den Pseudonymen Ludwig Ungar, Albert Kellner, Ludwig Koelle und Ludmilla Koelle sind in den verschiedensten Blättern eine Anzahl Novelletten, Humoresken, Kritiken und Feuilletons aus ihrer Feder erschienen. Seit Jahren schreibt B. K. für hervorragende Zeitschriften Übersetzungen aus dem Englischen und Ungarischen und Kritiken für verschiedene litterarische Fachzeitschriften.

‒ Aus Bädern u. Sommerfrischen. 16 (ca. 64) Leipzig 1890, Verlag der Zehnpfennig-Bibliothek. –.10

‒ Aus jungen Tagen. Humorist. Erzählgn. 16. (ca. 64) Ebda. 1890. à –.10

und Edward John Hardy. Die Kunst, Mensch zu sein. Herzensworte u. Lebensweisheit. 8. (146) Leipzig 1887, Wartigs Verlag. n 2.50; geb. n 3.50

‒ Hermann Vámbérys Leben und Reiseabenteuer. Der Jugend erzählt 12. (138 m. Illustr.) Teschen 1892, K. Prochaska. kart. n 1.60

‒ Soldatenkinder. Erzählg. f. d. reifere Jugend. 8. (112 m. 3 Bildern) Stuttgart 1897, Süddeutsches Verlags-Institut. geb. n 2.–

‒ Weihnachtsgeschichten. 16. (ca. 64) Leipzig 1890, Verlag der Zehnpfennig-Bibliothek. –.10

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 1. Berlin, 1898., S. 411-412.
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