Sechster Einwand

[172] »Andere (nämlich Bewußtseinsinhalte) sind anders geartet. Wenn ich z.B. will, wenn ich fürchte, bejahe oder verneine, so ist mein Denken zwar stets auf irgendeinen Gegenstand gerichtet; aber mein Bewußtsein umfaßt doch noch mehr als das Bild dieses Gegenstandes. Von diesen weiteren Bewußtseinsinhalten heißen einige Strebungen, andere Gemütsbewegungen, noch andere Urteile.«

Wenn jemand will oder fürchtet, so hat er allerdings ein Bild des Gegenstandes, den er fürchtet, oder von der Handlung, die er ausüben will; was er aber weiter, wenn er will oder fürchtet, in seinem Bewußtsein habe, wird von Descartes nicht näher ausgeführt. Die Furcht ist gewiß ein Bewußtsein, aber ich sehe nicht ein, wie sie etwas anderes sein könnte, als das Bewußtsein des Gegenstandes, den einer fürchtet. Was ist denn die Furcht vor einem Löwen, der sich auf uns stürzt, anders als die Vorstellung eines solchen Löwen und die Wirkung, die eine derartige Vorstellung im Herzen erzeugt, nämlich, daß der Fürchtende zu jener animalischen Bewegung veranlaßt wird, die wir Flucht nennen? Diese Flucht ist sicherlich kein Bewußtseinsinhalt. Es bleibt aber dabei, daß bei der Furcht nichts anderes im Bewußtsein als das Bild des Gegenstandes ist. Das Gleiche ließe sich über den Willen sagen.

Außerdem gibt es kein Bejahen und Verneinen ohne Worte und Bezeichnungen. Tiere können weder bejahen noch verneinen, nicht einmal in Gedanken; sie urteilen nicht; gleichwohl kann das Bewußtsein bei Menschen und Tieren ähnlich sein. Urteilen wir, daß ein Mensch läuft, so haben wir nichts anderes im Bewußtsein als einen Hund, der seinen Herrn laufen sieht. Die Bejahung oder Verneinung fügt den einfachen Vorstellungen nichts weiter hinzu als etwa das Bewußtsein, daß die Namen, aus denen die Bejahung besteht, für den Urteilenden Namen des bejahten[172] Gegenstandes sind. Das besagt aber nicht, daß im Bewußtsein mehr als das Bild des Gegenstandes sei, sondern nur, daß dieses Bild zweimal da sei.


Erwiderung

Es ist selbstverständlich, daß es etwas anderes ist, einen Löwen zu sehen und zugleich ihn zu fürchten, als ihn bloß zu sehen; ebenso ist es etwas anderes, einen Menschen laufen zu sehen, als für sich zu bejahen, daß man ihn laufen sehe, was ohne Worte geschieht. Ich sehe hier nichts, das einer Erwiderung bedürfte.

Quelle:
Thomas Hobbes: Grundzüge der Philosophie. Erster Teil: Lehre vom Körper. Leipzig 1949, S. 172-173.
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