Fahrstraßenanzeiger

[22] Fahrstraßenanzeiger (route indicator signals) sind Signalzeichen, die bei Abzweigungen aus dem Hauptgleis auf der freien Strecke oder auf Bahnhöfen anzeigen, für welche Fahrstraße das am Hauptsignal erscheinende Signal »Fahrt frei« gilt.

Auf den deutschen Bahnen wird die Ablenkung vom durchgehenden Hauptgleise durch zweiflüglige, in besonderen Fällen auch durch dreiflüglige Signale gekennzeichnet. Dabei gilt auf den preußischen Bahnen bei dreiflügligen Signalen, sofern die beiden abzweigenden Fahrwege auf derselben Seite des durchgehenden Gleises liegen, das zweiflüglige Signal für das dem Hauptgleis zunächst liegende Gleis. Reichen drei Signalarme zur Kennzeichnung der aus einem Einfahrgleise sich verzweigenden Fahrwege nicht aus, so werden auf den preußischen Eisenbahnen Wegesignale (s.d.) angeordnet. Es ist aber unter gewissen Voraussetzungen zulässig, durch ein Signalbild am Einfahrmaste mehrere gleichartige Einfahrwege für Güterzüge zu kennzeichnen und durch ein einflügliges Wegesignal die Einfahrt in eine Gruppe von Gleisen ohne Kennzeichnung eines bestimmten Einfahrgleises anzukündigen. Auch auf den österreichischen Bahnen werden Wegesignale dazu verwendet, in besonderen[22] Fällen Fahrstraßen zu bezeichnen, die nicht schon durch das Einfahr- oder Ausfahrsignal gekennzeichnet sind.

Auf der Londoner und Nordwestbahn werden die Gleise, für die die Einfahrt erlaubt ist, durch Nummern bezeichnet, die auf 0∙6 m breiten und 0∙9 m hohen, an dem Signalmast angebrachten Tafeln erscheinen, wenn das Signal »Fahrt frei« zeigt (Abb. 8). Bei Dunkelheit werden diese Zahlentafeln durch seitlich aufgestellte Scheinwerferlampen erleuchtet. Bei einer anderen Art der Fahrstraßenanzeiger, die viel Anwendung gefunden hat, sind die Nummerscheiben in einem Kasten untergebracht (Abb. 9). In der Ruhelage werden sie durch eine Sperrklinke festgehalten. Soll eine Fahrstraße eingestellt werden, so wird die Sperrklinke der entsprechenden Nummer ausgelöst und diese Nummer beim Ziehen des Einfahrsignals so weit gesenkt, daß sie vor einem Fenster in dem unteren Teile des Kastens erscheint. Diese Einrichtung erfordert weniger Platz als die zuerst erwähnten Nummerntafeln.

Auch auf den belgischen Bahnen findet die Beigabe von Nummern zum Signalflügel des Hauptsignals Verwendung. Steht der Signalflügel auf »Halt«, so sind die Nummern für den Lokomotivführer unsichtbar, steht der Flügel auf »Fahrt frei«, so erscheint die Nummer oder auch ein Buchstabe, mit dem die Fahrstraße bezeichnet wird, und zeigt dadurch an, welche Fahrstraße freigegeben ist. Diese Art der Kennzeichnung der Fahrstraße findet indes nur Anwendung bei Zügen mit geringer Geschwindigkeit. In anderen Fällen wird die eingestellte Fahrstraße durch mehrflüglige Signale angezeigt, u.zw. ging man dabei früher bis zu fünf oder sechs Flügeln an einem Mast. Die neuesten belgischen Signalvorschriften sehen indes nur noch höchstens drei Signalflügel an einem Mast vor. Wo diese nicht ausreichen, verbindet man damit Nummerscheiben. Ein Einfahrsignal vor einem Bahnhof, in dem aus dem Hauptgleise nach jeder Seite drei Einfahrgleise abzweigen, zeigt Abb. 10. Der mittlere ausgeschnittene Flügel gilt für das Hauptgleis, das mit der fahrplanmäßigen Geschwindigkeit befahren werden darf. Die Nummernscheiben sind aus Eisenblech gestanzt und auf beiden Seiten mit Anstrich versehen oder emailliert.[23] Bei Dunkelheit werden sie von außen beleuchtet. Schließlich werden auch noch sog. armleuchterförmige Mastsignale (sémaphore à chandelier) zur Kennzeichnung der Fahrstraßen verwendet. Hierbei stehen die Signale nebeneinander auf einem auf einem Sockel ruhenden gemeinsamen Träger in der Reihenfolge, in der die Gleise zueinander liegen. Der der wichtigsten Fahrstraße entsprechende Signalflügel ist höher als die übrigen. Mehr als drei Signale werden in dieser Weise nicht nebeneinander aufgestellt. Wo diese nicht ausreichen, werden auch hier Nummernscheiben zugefügt.

Literatur: Lamp, Neuere Signaleinrichtungen auf englischen Bahnhöfen. Wschr. d. Arch.-Ver. V. Jg. 1910, Nr. 42 u. 46. – L. Weißenbruch, Die einheitlichen Mastsignale der belgischen Staatseisenbahnen. Bulletin d. Int. Eis.-Kongr.-Verb. Bd. XXI. Nr. 7. Juli 1907.

Hoogen.

Abb. 8.
Abb. 8.
Abb. 9.
Abb. 9.
Abb. 10.
Abb. 10.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 5. Berlin, Wien 1914, S. 22-24.
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