Charybdis

[133] Charybdis (Gr. M.), Tochter des Neptun und der Erde. Der Mythus weist ihr in der sicilianischen Meerenge den Sitz an; dort muss ein verderblicher Strudel gewesen sein, oder der noch jetzt daselbst befindliche war den leicht gebauten Schiffen der Alten gefährlicher, als er uns erscheint, denn die Beschreibungen, welche, man davon findet, sind fürchterlich. Ch. war ein gefrässiges Weib, das dem Hercules Rinder raubte, und desshalb von dem Blitzstrahle Jupiters in's Meer geschleudert wurde, wo sie ihre gefrässige Natur beibehielt. Unweit der bellenden Scylla wohnte sie auf einem Felsen unter einem überhangenden Feigenbaum, und drohte allen Vorüberfahrenden Tod und Verderben; um ihren Hunger zu stillen, frass sie ganze Schiffe mit Allem was darin war, auf; drei Mal des Tages schlürfte sie abwechselnd das Meerwasser ein und spie es wieder aus, was ein brüllendes Getöse verursachte, wobei während des Einschlürfens in den trichterförmig klaffenden Schlund Alles hinabfuhr, was in dessen Nähe kam, bei dem eben so oft wiederholten Ausspeien aber die Schiffe der Scylla zugeschleudert wurden, daher das lateinische Sprüchwort: »Incidit in Scyllam cupiens vitare Charybdin« (es geräth zur Scylla, wer die Ch. vermeiden will).

Quelle:
Vollmer, Wilhelm: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 133.
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