Glück, das

[728] Das Glück, des -es, plur. car. 1. Derjenige Umstand, da uns unser Vorhaben gelinget, d.i. da solches durch eine Verknüpfung von Umständen, die nicht unmittelbar in unserer Gewalt sind, unserm Verlangen gemäß erfolget. Einem zu seinem Vorhaben, zu einer Reise Glück wünschen, wünschen, daß ihm sein Vorhaben, seine Reise gelingen möge. Glück auf den Weg! Glück auf! ein gewöhnlicher Wunsch der Jäger und Bergleute an einander. Jemanden zu oder bey einer angenehmen Begebenheit Glück wünschen, ihm wünschen, daß sie nach seinem Verlangen ausschlagen möge. S. Glückwunsch. Glück zu oder in etwas haben. Weder Glück noch Stern zu[728] etwas haben. Gott gebe Glück dazu! Sein Glück versuchen, versuchen, ob es ihm gelingen wolle. S. Glücken.

2. In weiterer Bedeutung, eine jede Verknüpfung solcher vortheilhaften Umstände, die wir nicht vorher sehen können, wenigstens nicht in unserer Gewalt zu haben glauben, ein günstiger Zufall. Zu allem Glücke war niemand zugegen. Ich kam zu allem Glücke dazu. Er hat von Glück zu sagen, daß er noch so davon gekommen ist. Das war noch ein Glück, daß sich der Wind legte. Es ist dein Glück, oder es ist ein Glück für dich, daß ich es nicht gesehen habe. Es stehet dir ein großes Glück bevor. Ein Mensch hat viel Glück, so wohl, wenn ihm alles gelinget, was er unternimmt, als auch, wenn sich ohne sein Zuthun viele vortheilhafte Umstände für ihn ereignen. Stax hat mehr Glück als Verstand, mehr Glück als Recht. Es weiß sich nicht ein jeder in sein Glück zu finden, wenn er solche Umstände nicht gehörig zu nutzen weiß. Einem Glück bringen, im Scherze, durch seine Gegenwart machen, daß der andere im Spielen gewinnet. Im Glücke sitzen, ansehnlich gewinnen. In weiterer Bedeutung zuweilen für einen jeden ungefähren Zufall. Es war ein bloßes Glück, daß ich ihn noch antraf.

3. Besonders, ein Umstand, eine Sache, wodurch unsere Wohlfahrt auf das möglichste, wenigstens in einem sehr hohen Grade, verbessert wird. 1) In dem weitesten Verstande. Dieses Glück ist für dich zu groß. Es ist ihm ein unverhofftes Glück widerfahren. Ein kluger König ist des Volkes Glück, Weish. 6. 26. Meine Thränen beweinen den Tod einer Freundschaft, die sonst das Glück meiner Tage war, Cron. Was Gott über mich verhängt, wird in der Folge Glück für mich werden. Gegen das Glück eines guten Nahmens empfindlich seyn. Das Glück eines guten Gewissens genießen. Gesundheit ist ein großes Glück. Wo dieses Wort in der gesellschaftlichen Sprache des höflichen Umganges oft gar sehr gemißbrauchet wird. Seitdem ich das Glück hatte, sie das letzte Mahl zu sehen. Gönnen sie mir das Glück ihrer Gegenwart. 2) Im engern Verstande, der ganze Zusammenhang aller derjenigen Umstände, wodurch unsere Wohlfahrt auf das möglichste befördert wird. Uns alle treibt ein natürlicher Trieb zu dem Glücke, diesem Ziele unserer Wünsche.


Was aber ist das Glück? Was alle Thoren meiden;

Der Zustand wahrer Lust, und dauerhafter Freuden,

Haged.


Welcher Zustand doch eigentlich die Glückseligkeit ausmacht. 3) Im engsten Verstande, der Zustand der möglichsten Vollkommenheit unseres äußeren Zustandes. Sein Glück verscherzen. Jemanden an seinem Glücke hindern. Er hat sein Glück gemacht, er ist glücklich geworden. Ich habe das Glück meines Freundes gemacht, habe ihn glücklich gemacht. Das sind nicht Tugenden eines Weichlinges, den das Glück verzärtelt hat, Dusch.

4. Oft verbindet man mit diesem Worte den Begriff eines gewissen Wesens, von welchem der gute Erfolg unserer Unternehmungen und Wünsche abhänget, und welches diejenigen Dinge, welche man zur äußern Wohlfahrt für nothwendig hält, nach bloßem Willkühr austheilet; welches Wesen, so fern es nach der Mythologie der Griechen und Römer als eine Untergottheit vorgestellet wurde, auch die Glücksgöttinn genannt wird; Lat. Fortuna. Dem Glücke im Schooße sitzen. Das Glück will ihm wohl, hasset dich. Das Glück ist unbeständig. Das Glück hat es mir bescheret. Dem Glücke seinen Gang lassen.

Anm. Die Bemühungen der Wortforscher sind bey diesem Worte bisher nicht glücklich gewesen. Älterer zu geschweigen,[729] so leitet es Frisch sehr unwahrscheinlich von Loos ab, und Ihre getrauet sich nicht einmahl, eine Ableitung zu versuchen. Die Ursache dieser fruchtlosen Bemühungen ist wohl, weil es mit allen seinen Ableitungen und Zusammensetzungen in unsern ältesten Schriften so selten vorkommt. Ich habe es im Stryker und den Schwäbischen Dichtern zuerst gefunden, wo es Gelucke heißt. Daß das G nicht zum Stamme gehöre, erhellet aus den verwandten Sprachen. Im Nieders. heißt das Glück nur Luck, im Fries. Lock, im Engl. good Luck, gutes Glück, ill Luck, Unglück, widriges Glück, im Schwed. Lycka, im Dän. Lykke. Mir scheinet es wahrscheinlich, das es zu dem Worte gelingen gehöret, weil Notker das Glück Ein Mahl Lingiso nennet; denn daß das n vor den Hauch- und Kehllauten sehr zufällig ist, wird bey diesem Buchstaben gezeiget werden. Merkwürdig ist aber doch, daß in andern gleichbedeutenden Wörtern der Begriff der Geschwindigkeit der herrschende ist, um den ungefähren Zufall, der das Glück ausmacht, zu bezeichnen. So heißt das Glück bey dem Notker Framspuote und im Nieders. Spood, von dem noch in Niedersachsen üblichen spoden, eilen. Das veraltete Selde, das Lat. Salus, unser Heil, u.s.f. würden eine ähnliche Ableitung ertragen, und sich theils aus dem Lat. salire, theils aus dem Deutschen eilen, und Nieders. hilde, geschwinde, hurtig, erklären lassen. Indessen wäre es doch noch immer zu viel gewagt, wenn man um deßwillen Glück und gelingen zu dem Geschlechte der Wörter fliegen, fliehen, und gleich, starim, rechnen wollte, so gewöhnlich auch die Verwechselung der Blase- und Kehllaute ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 728-730.
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