Das Königreich Portugal

[479] Das Königreich Portugal, das westlichste Land in Europa, ist von dem Atlantischen Meere und Spanien umgeben. Sein Flächeninhalt beträgt 1900 Deutsche Quadratmeilen. Es liegt unter einem milden Himmelsstriche, und hat einen zwar etwas gebirgigen, aber sehr fruchbaren Boden, der hauptsächlich Wein, Südfrüchte und Oliven erzeugt. Zu bedauern ist es, daß die Einwohner, deren Anzahl zu drei Millionen berechnet wird, denn herrlichen Boden des Landes so wenig benutzen Weinbau Bienenzucht und Schaafzucht sind ihre wichtigsten Beschäftigungen; die Fabriken und Manufacturen befinden sich aber in einem schlechten Zustande, da es den Portugiesen an Arbeitsamkeit und Kunstfleiß fehlt. Ihre meisten Waaren erhalten sie von fremden Nationen, denen sie dafür die rohen Producte ihres Landes und ihrer Colonien überlassen; und daher ist ungeachtet der vortrefflichen Lage und mehrerer schiffbaren Flüsse, die sich hier ins Meer ergießen, der Portugiesische Handel sehr unbedeutend und jetzt großen Theils in den Händen der Engländer. Die Regierung dieses Reichs ist ganz unumschränkt und drückend, und der Katholicismus zeigt sich hier noch in seiner furchtbaren Größe. Als Nebenländer gehören zu Portugal: in Europa, die Azorischen Inseln, in Afrika, einige Canarische Inseln nebst den Inseln des grünen Vorgebirges, verschiedne Niederlassungen in Guinea und auf der östlichen Küste dieses Erdtheils, in Asien die Stadt Goa und einige andre Besitzungen in Ostindien, und in Amerika die reiche Provinz Brasilien. – Dieses Königreich, welches aus den Trümmern der Maurischen Reiche entstanden ist, hat mit dem benachbarten Spanien fast dasselbe Schicksal gehabt. Eine Zeit lang (von 1580–1640) war es sogar mit der Spanischen Monarchie vereinigt. In den neuern Zeiten hat es das Schicksal aller kleinen Staaten erfahren. Von England und Spanien abhängig, wurde es in den Krieg gegen Frankreich verwickelt. Nachdem aber Spanien mit Frankreich (1795) Friede gemacht und darauf selbst [479] ein Of- und Defensivbündniß abgeschlossen hatte, suchte sich auch Portugal mit diesem Reiche auszusöhnen. Allein die zu hoch gespannten Forderungen der neuen Republik, vorzüglich aber der mächtige Einfluß Englands verhinderten diese Aussöhnung; es schien hierauf, als wenn es zwischen Spanien und Portugal zu einem Bruche kommen würde, da schon die Heere beider Nationen gegen einander standen: und so schwankten die Dinge bis jetzt, wo man denn doch mehr Hoffnung zum Frieden als zum Kriege hat. – Die neueste Schrift über dieses Land: Dümouriez über den historisch-politischen Zustand Portugals, ist schon vor etlichen Jahren gedruckt, und gegenwärtig nur hin und wieder verändert und vermehrt worden; auch ist sie nicht ohne wichtige Unrichtigkeiten, verdient also das Aufsehen nicht, das sie erregt zu haben scheint.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 479-480.
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